Rund drei Stunden hat sich der Gemeinderat in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung mit dem Thema Biotopverbundplanung auseinandergesetzt. Dabei zeigte sich, dass die Mehrheit des Gremiums dem vorgelegten Entwurf der Planung kritisch gegenübersteht, und sich eine frühere Einbindung in die drei bereits konkret geplanten Umsetzungsmaßnahmen des Artenschutzes auf gemeindeeigenen Grundstücken gewünscht hätte.
Rückblende: Bereits im Februar des Jahres 2022 war der grundsätzliche Beschluss des damaligen Gemeinderates zur Erstellung eines Biotopverbundplanes umstritten, kam seinerzeit nur mit der Stimme des Bürgermeisters zustande. Insbesondere die Landwirtschaft hatte massive Bedenken angemeldet, befürchtete „über kurz oder lang“ zur Umsetzung von bestimmten Maßnahmen verpflichtet zu werden, obwohl das aktuelle Gesetz von Freiwilligkeit ausgeht. Und mit ebenso knapper Mehrheit hat der Gemeinderat dann im April 2022 den Auftrag zur Erstellung der Planung an das Büro INA Südwest aus Herrenberg vergeben. Der Auftrag wurde im März 2023 schließlich um die „Faunistische Erfassung“ erweitert, weil die Datenlage zu den Vorkommen der sogenannten wertgebenden Arten auch in Stetten „unbefriedigend“ sei, hieß es damals.
Nachdem die Planung inzwischen weit fortgeschritten ist, stellten die Expertin Lara Braun (Landratsamt Sigmaringen), Michael Koltzenburg (Biologe des Büros INA Südwest) sowie Thomas Barmann (Regierungspräsidium Tübingen) den aktuell 225 Seiten umfassenden Entwurf im Stettener Gemeinderat vor. Wie bereits in den vorangegangenen Sitzungen sahen sich die Experten teils mit massiven Einwendungen aus den Reihen der Bürgervertreter gegenüber, die häufig anzweifelten, ob der Eingriff des Menschen in die Natur tatsächlich die erwünschten Ergebnisse bringen. Die Debatte wog hin und her, wobei der Biologe Michael Koltzenburg seine „helle Freude an der Diskussion“ hatte, die er in dieser Tiefe bisher sonst noch nirgends erlebt habe. Die Landschaft verändere sich, habe heute mit hohen Nährstoffeinträgen aus der Luft zu kämpfen, machte sich der Biologe immer wieder für die Sache stark: „Wir haben das gemeinsame Interesse, diesen Planeten zu erhalten“, sagte Koltzenburg.
Aber nicht nur die Agraringenieurin Verena Merz, sondern auch Klaus-Dieter Halder und Ortsvorsteher Andreas Gulde aus Glashütte (beide Landwirte) taten „sich verdammt schwer mit der Sache“ (Verena Merz), zumal man im Vorfeld nicht – wie ursprünglich gewünscht und zugesagt – in die Planung eingebunden wurde. „Alle paar Jahre kommen neue Experten und erklären uns was anderes, teilweise das genaue Gegenteil“, ärgerte sich Klaus-Dieter Halder über „ein Wechselbad der Gefühle“. Man wisse bald nicht mehr, wem man glauben soll, befand er und schlug vor, dass sich „die Biologen erst mal untereinander unterhalten sollen, bevor sie uns in die Pflicht nehmen“.

So war es am Ende nicht verwunderlich, dass das Gremium seine Zustimmung lediglich zu den geplanten – und weitgehend bereits durchgeführten Maßnahmen – für den „Schwarzen Apollo“ erteilte. Über die Maßnahmen für die Kreuzotter, bei der im Schmeiental entlang des Flüsschens zahlreiche Tümpel beziehungsweise Tümpelketten mit einzelnen größeren und mehreren kleineren Stehgewässern angelegt werden sollen, soll nach dem Willen des Gemeinderats erst nach einer Ortsbesichtigung entschieden werden.
Gleiches trifft auch auf geplante Aktion für die Gewöhnliche Gebirgsschrecke am Schaufelsen zu, die „außer im Donautal sonst nirgends mehr im Land zu finden“ sei, wie Dr. Thomas Bamann vom Regierungspräsidium Tübingen im Gemeinderat darlegte. Zum Schutz der genannten Schneckenart müssten nach den Vorschlägen der Experten auf einer Fläche von rund drei Hektar alle entlang der Felsen vorhandenen Gehölze entfernt, und die Fläche dauerhaft gehölzfrei gehalten werden. Dass das zu fällende Gehölz dann dauerhaft im angrenzenden Waldrefugium abgelegt werden müsse, und „nicht mal einer entsprechenden Verwertung zugeführt werden“ dürfe, ließ nicht nur Gemeinderat Klaus-Dieter Halder fast den Kragen platzen. Auch Oliver Beil zeigte dafür „absolut kein Verständnis“.
Letztlich nahm der Stettener Gemeinderat den Plan zur Kenntnis und wird über die Maßnahmen für die Kreuzotter im Schmeiental und die Gewöhnliche Gebirgsschrecke am Schaufelsen frühestens nach einer Ortsbegehung entscheiden.