Elf Tage vor der Bürgermeisterwahl in Stetten a.k.M. haben sich die beiden Bewerber, Amtsinhaber Maik Lehn und sein Konkurrent Lukas Graf, in der Alemannenhalle der Bevölkerung vorgestellt und für sich geworben. Rund 300 Interessierte nahmen am Mittwochabend die Gelegenheit wahr, sich anzuhören, was die Kandidaten zu sagen hatten.

Die Bürgermeisterkandidatenvorstellung zog eine große Anzahl von Zuhörern in die Alemannenhalle.
Die Bürgermeisterkandidatenvorstellung zog eine große Anzahl von Zuhörern in die Alemannenhalle. | Bild: Susanne Grimm

Bewerbern auf den Zahn gefühlt

Etliche der Gäste, darunter Gewerbetreibende, Jäger, Steuerberater, Soldaten und auch ältere Mitbürger, nutzte die anschließende Fragerunde, um den Bewerbern genauer auf den Zahn zu fühlen oder den Amtsinhaber in die Enge zu treiben. Wie zum Beispiel die Frage eines Steuerkundigen, ob Lehn bezüglich der anstehenden Grundsteuerbewertung gedenke, die Hebesätze zu erhöhen, um damit die Gemeindekasse aufzubessern. Lehn ließ sich nicht lumpen und konterte zum einen damit, dass nicht der Bürgermeister, sondern der Gemeinderat über Erhöhungen entscheidet und zum anderen mit den Ausgaben, die eine Gemeinde nun mal habe. Wie jeder andere Haushalt, Betrieb, Institution habe auch die Gemeinde Pflichtaufgaben, die erledigt werden müssten. „Irgendwoher muss das Geld ja kommen, sagte Lehn und konnte sich eine Spitze an den Frager, einen Steuerberater, nicht verkneifen: „Sie profitieren doch sicher von der Grundsteuerreform, da Grundstückseigner jetzt sicher vermehrten Beratungsbedarf haben.“

Einzigartigkeit der Gemeinde sichern

Ein Frager stellte dem jungen Lukas Graf, der noch nicht über kommunalpolitische Erfahrung verfügte, sogar die Frage, ob es denn mit ihm billiger oder teurer werde, was dem gelernten Versicherungs- und Finanzkaufmann verständlicherweise irritierte. Entsprechend sagte der 29-Jährige ehrlich, dass er dazu nichts sagen könne. Bei seiner Vorstellung sprach der Stettener davon, dass er durch seine Kandidatur sehr viel Zuspruch erfahren habe, was ihn in seinem Willen, Bürgermeister zu werden, bestärkt hätte. Ihm sei bewusst, dass Stetten bis jetzt viel erreicht habe, aber es brauche neue Ideen, um die Einzigartigkeit der Gemeinde zu sichern.

Als interessierte Beobachter und Protokollanten fungierten Bürgermeisterstellvertreterin Sandra Rupp (von links), Wahlausschussleiter ...
Als interessierte Beobachter und Protokollanten fungierten Bürgermeisterstellvertreterin Sandra Rupp (von links), Wahlausschussleiter Klaus-Dieter Halder und Stettens Hauptamtsleiter Peter Greveler. Bilder: Susanne Grimm | Bild: Susanne Grimm

Er versprach: „Frischer Wind für Stetten! Da der fünfteilige Ort auf dem Heuberg „mehr ist, als die Summe seiner Teile und ich einer von Euch bin“ wolle er „die Verbindung der Ortsteile auf ein neues Fundament stellen, Lösungen auf allen Ebenen entwickeln, Kompromisse finden und breite Mehrheiten organisieren. Zudem sei er als „junger kreativer Kopf nicht im Verwaltungsapparat festgefahren.

Zuwanderung ein umstrittenes Thema

Mit diesem Verwaltungsapparat wurde Maik Lehn an diesem Abend mehrfach konfrontiert. Von Seiten eines Unternehmers und eines Jägers wurde ihm sogar direkt und indirekt vorgeworfen, ein Abnicker zu sein, der übergeordneten Stellen wenig entgegensetze. Insbesondere die Zuwanderung war ersterem ein Dorn im Auge, gegen die Lehn seiner Meinung zu wenig Kante gezeigt hätte. Gegen Einwanderung, die ja kontrolliert geschehe, hätte er nichts, wohl aber gegen Zuwanderung. Fachkräftemangel hin oder her, die Zuwanderer aus Afrika, Russland oder der Ukraine würden diesem Mangel nicht abhelfen, aber Kosten für das Gemeinwesen verursachen. Lehn hielt dem entgegen, dass Vorgaben von Land und Bund von keiner Verwaltung ignoriert werden könne. 25 Flüchtlinge muss die Gemeinde aufnehmen und unterbringen. Gott sei Dank habe die Bevölkerung genügend Wohnraum zur Verfügung gestellt, so dass die ansonsten notwendig gewordene Unterbringung in der Frohnstetter Hohenzollernhalle nicht umgesetzt werden musste. Außerdem: „Wir haben in dieser Sache agiert, nicht reagiert! Wir haben gezielt Flüchtlingsfamilien aufgenommen, die leichter zu integrieren sind, sagte Lehn. Ansonsten wären der Gemeinde Flüchtende zugeteilt worden, die sie dann eventuell in Form junger Männer hätte aufnehmen müssen. Auch hier konnte Lehn punkten, indem er an die Zeiten der Gastarbeiteranwerbung erinnerte: „Heute gehört Italienisches wie selbstverständlich zur deutschen Gesellschaft. Ihm gefalle zwar auch nicht alles, was von oben komme, aber: „Wir sind nun mal eine Demokratie. Mehr gibt‘s dazu nicht zu sagen!. Dafür erntete der Amtsinhaber großen Beifall des Publikums.

Eine Storzingerin bemängelt fehlende Barrierefreiheit in vielen öffentlichen Bereichen der Heuberggemeinde.
Eine Storzingerin bemängelt fehlende Barrierefreiheit in vielen öffentlichen Bereichen der Heuberggemeinde. | Bild: Susanne Grimm

Murren gegen Ablehnung des neuen Vollsortimenters

Ein Soldat, seit vier Jahren in Stetten mit Erstwohnsitz gemeldet, befand den geplanten Neubau eines Vollsortimenters für überflüssig, für das er entrüstete Blicke und deutlich vernehmbares Murren kassierte. Das Geld solle man lieber in die marode Straße Richtung Glashütte stecken. Dafür bekam er zwar Beifall, musste sich aber belehren lassen, dass besagte Straße dem Land, nicht der Gemeinde unterstehe. Land und Regierungspräsidium seien mehrfach über den Straßenzustand unterrichtet worden, auch bei der Verkehrsschau sei sie thematisiert worden. Zudem liege die Finanzierung des Vollsortimenters bei den Bauherren und Betreibern, nicht bei der Gemeinde. Außerdem wünsche die Bevölkerung ein breiteres Warenangebot.

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Keine Windräder wegen der Bundeswehr

Ein Jäger murrte darüber, dass der Schutz einer Fledermaus über den Bedürfnissen eines Menschen stehe und über Windräder auf Stettener Gemarkung diskutiert werde. Der Natur- und Artenschutz liege ebenfalls nicht in der Hand der Gemeinde, so Maik Lehn, und Windräder seien aufgrund der Bundeswehr raus aus der Debatte. „Es wird also kein Windrad auf Ihren Hochsitz fallen“, entfleuchte dem Schultes Spöttisches über die Lippen.

Kandidaten schlagen sich wacker

Ein interessanter Abend mit vielen angerissenen Themen neigte sich nach fast zwei Stunden dem Ende zu. Beide Kandidaten haben sich wacker geschlagen, wobei Lukas Graf aufgrund seiner Unerfahrenheit in kommunalpolitischen Dingen nicht ganz mithalten konnte. Doch er zeigte sich hochmotiviert und gewillt, in Verwaltungsaufgaben hineinzuwachsen und die Herausforderungen, Chef des Stettener Rathauses zu werden, anzunehmen.