Es dauert zwar noch bis Jahresende 2023, dann nimmt der Schwenninger Förster Jürgen Kuhl von seinem Wald Abschied und geht in den vorzeitigen Ruhestand, aber vor Kurzem unternahm er gemeinsam mit Gemeinderäten, Jagdpächtern, Wald-Unternehmern und interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen letzten gemeinsamen Waldbegang. Bürgermeisterin Roswitha Beck begrüßte die Waldfamilie, besonders die beiden Akteure vom Fach, Juliane Spiegelhalter, stellvertretende Leiterin vom Fachbereich Forst beim Landratsamt Sigmaringen und den engagierten Schwenninger Förster. Anhand von drei facettenreichen Waldbildern ging Jürgen Kuhl auf einige aktuelle Themen ein.
Hausertal steht für forstliche Vielfalt
Im Distrikt 8 Hausertal, Abteilung Pflanzschule, zeigte er den Trauf mit alten Weißtannen, die für den Gemeindewald Modellcharakter haben. Er nannte diesen Teil des Schwenninger Forstes den „Fels in der Brandung“, der seit 160 Jahren für forstliche Vielfalt steht. Bei Samenflug mit Wind aus Richtung Südwest würden die Samen der Weißtanne bis 200 Meter weit in den Bestand hinein für beste Naturverjüngung stehen.
Generationenwechsel ohne Wildverbiss
Naturverjüngung gilt als die günstigste Art für den Generationswechsel im Baumbestand. 2015 hatte Kuhl dort ein Stück des Waldes eingezäunt, sodass sich dieses Areal ganz ohne Wildverbiss entwickeln konnte. Die kleinen Weißtannen des eingezäunten Areals hatten sich viel größer, etwa doppelt so groß, entwickelt, wie nicht eingezäunten.
Unterschied zwischen Weißtanne und Fichte
Kuhl stellte auch die Unterschiede zwischen Weißtanne und Fichte vor. Weißtannen seien als Pfahlwurzler widerstandsfähiger bei Trockenheit gegenüber der flachwurzligen Fichte. Zur Frage, wie man künftig junge Pflanzen vor Wildverbiss schützen möchte, also ob Zaun oder Einzelschutz, plädierte Juliane Spiegelhalter eher zum Einzelschutz. Der ebenfalls anwesende Förster Daniel Sauter vom benachbarten Forst in Stetten a.k.M. hat mit Einzelschutz gute Ergebnisse zu verzeichnen.

Investitionen in die Wegeunterhaltung
Zweites Thema beim ersten Waldbild war die Wegeunterhaltung. Der Waldweg wurde im November 2022 für rund 10.000 Euro auf etwa 2000 laufenden Metern mit einem ovalen Dachprofil saniert. Förster Kuhl sprach von großen Vorteilen bei Waldwegen mit ovalem Dachprofil, wie beispielsweise kaum noch Schlaglöchern und dem besseren seitlichen Abfluss von Starkregen. Seit der vorherigen Wegunterhaltung 2015 konnten auf diesem Weg etwa 3000 Festmeter Holz eingeschlagen und abtransportiert werden.
Käferholz und schlechte Holzmarktpreise
Im Distrikt 3 Seental, Abteilung 1 Igelwäldle, der nahe der Zubringer-Straße und Richtung zum Truppenübungsplatz Heuberg liegt, zeigte Förster Jürgen Kuhl einen Fichten-Altholz-Bestand mit zu hoher Naturverjüngung. Seit zehn Jahren sei hier die Räumung des Altholzes geplant worden, doch diese sei bisher immer wieder aufgrund von zufälliger Nutzung durch Käferholz in anderen Beständen oder wegen schlechter Holzmarktpreise oder weil der jährliche Hiebssatz bereits voll war, gescheitert. Im Plan fürs Forstwirtschaftsjahr sei die Entnahme von 150 Festmetern vorgesehen. Außerdem würden weitere 150 Festmeter aus der benachbarten Ankaufsfläche entnommen. Insgesamt stehe dort auf 17 Hektar Waldfläche der Einschlag von 3000 bis 3600 Festmetern an.
Holz steht zum Abholen bereit
Einige hundert Meter weiter hörten die Teilnehmer Geräusche des Harvester-Hiebes, den man auch als mechanischen Hieb mit dem sogenannten Vollernter kennt. Verschiedene Sortimente lagen unten an der Straße schon zur Abfuhr bereit. Sie wurden bereits veräußert, teilweise als Drei-Meter-Palettenholz, als Fünf-Meter-Fixlängen oder als Papierholz. Anhand der Baumkronen noch stehender Bäume und anhand des eingeschlagenen Holzes zeigt der Förster den kranken Zustand von Bäumen beispielsweise durch Rotfäule.
So geht es dem Pfarrwald in Schwenningen
Dritter Waldort war der Pfarrwald Schwenningen, Hinteres Seental. Durch einen sich abzeichnenden Waldtausch zwischen der Pfarrpfründestiftung der Erzdiözese Freiburg (Katholische Pfarrpfründe genannt) mit ihrem sogenannten Pfarrwald und der Gemeinde Schwenningen mit ihrem Gemeindewald, beide werden von Förster Jürgen Kuhl waldwirtschaftlich betreut, können verschiedene Waldstücke der Gemeinde Schwenningen mit angrenzenden Waldstücken arrondiert, vergrößert und besser bewirtschaftet werden. Hier kommt es durch den Tausch zu einer Flurbereinigung des Forstes.

So viel Tonnen Kohlenstoffdioxid speichert der Wald
Interessant war anschließend der Vortrag von Forstbeamtin Juliane Spiegelhalter zur allgemeinen Thematik der CO²-Speicherung in Zeiten des Klimawandels. „In Schwenningens Gemeindewald werden derzeit etwa 88 Tonnen gespeichert“, informierte die stellvertretende Fachbereichsleiterin. Sie überreichte allen Anwesenden ein spezielles Maßband, mit dem jeder durchs Umrunden an Bäumen schauen konnte, wie viel CO² hier gespeichert ist. Die Nutzung von Holz bei Holzhäusern sei sehr gut für die langfristige Speicherung, erklärte Spiegelhalter. Im Anschluss an den Waldbegang ließen die Teilnehmer auf Einladung der Gemeindeverwaltung in der Horenhütte den Tag bei Gesprächen rund um Thema Forst ausklingen. Im Herbst wird Jürgen Kuhl gemeinsam mit seiner Nachfolgerin Patricia Pöhler einen Privatwaldtag abhalten.