Die schlechten Wetterprognosen haben die Schwenninger, aber auch Interessierte aus den Nachbargemeinden nicht abgeschreckt, zur anberaumten öffentlichen Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten zu kommen. Denn mit Florian Lessner, Thomas Blako, Hans Ewald Hoffmann und Rainer Engelbert Wursthorn buhlen gleich vier Männer darum, den Chefsessel im Rathaus der Heuberggemeinde für sich zu gewinnen. Die 400 Stühle in der Heuberghalle reichten am Donnerstagabend nicht aus, weitere Sitzgelegenheiten mussten bereitgestellt werden, sodass sich die Kandidaten einem gespannt auf sie blickenden großen Publikum gegenüber sah. Der mehr als zweistündige Abend bot den Anwesenden eine große Spannweite an Wahlmöglichkeiten, wobei diese sich von Vernunftorientiertheit bis zu Konzeptlosigkeit reichte.
Staunen und Gelächter
Insbesondere der aus Villingen-Schwenningen stammende Rainer Wursthorn sorgte mit seinen Aussagen für Staunen und auch für Gelächter. Er, der auf eine Frage antwortete, noch nie Gemeinderatsarbeit geleistet und allenfalls mal als Zuhörer im Gemeinderat gesessen zu sein, forderte die Leute auf, mal Gesetzestexte zu lesen und sich ihrer Rechte bewusst zu werden. Er deutete im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie an, dass „Euch seither Zentimeter für Zentimeter die Rechte beschnitten werden – deshalb müssen wir uns unsere Werte und Rechte zurückholen!“ Wursthorn befand, dass im Wort „Stimmabgabe“ schon enthalten sei, dass man keine Stimme mehr hat, man habe sie schließlich „abgegeben“. Und wo landet die Stimme letztlich? „In einer Urne“, sagte er und implizierte die Nutzlosigkeit von Wahlen, denn Urnen und ihr Inhalt würden ja begraben.
Nur vage Angaben zur derzeitigen Arbeit
Auf seinen Werdegang und seine derzeitige Arbeit ging Wursthorn, der sich wohl auch für den Bundestag bewirbt, nur vage ein. Offenbar haben ihn die Vorgänge um die Corona-Pandemie veranlasst, aus seinem bisherigen Leben auszusteigen, derzeit lebe er von seinen Ersparnissen und genieße seine Freiheit, war die Antwort auf eine Publikumsfrage. Auf seine Konzeptlosigkeit angesprochen – kein Programm, kein Flyer oder ähnliches – erklärte er, dass sei „Augenwischerei“ und fragte: „Dass ihr so was noch braucht? Nur, um später festzustellen, dass ihr wieder belogen worden seid?“ „Was würden Sie anpacken, was wollen Sie erreichen“, wurde Wursthorn gefragt, sollte er Bürgermeister werden. „Altersarmut und Enteignungen angehen“, wolle er, aber auch die Bürger auffordern, sich einzubringen. „Jeder muss seine Rechte begreifen, nur so kommen wir durch.“ Obwohl er der letzte Redner war, brachte der 55-Jährige, der als Beruf Diplom-Ingenieur Maschinenbau angibt, die meiste Bewegung in den Saal.
Drei Kandidaten mit klarem Profil
Mit Florian Lessner, Thomas Blako und Ewald Hoffmann stellten sich Kandidaten mit strukturieren Vorstellungen, zielstrebigen Plänen und breit gefächerten Lebensläufen vor, mit dem Ziel, Schwenningen ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Alle drei machten nicht den Eindruck, das Unterste nach oben kehren zu wollen, sondern Vorhandenes weiterzuentwickeln, Sinnvolles und Nützliches wie Kindergarten, Schule und Lehrschwimmbad zu erhalten, sowie Neuerungen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten anzugehen. Für Lessner, Truppenversorgungsoffizier der Bundeswehr, FDP-Kreisgeschäftsführer und seit 2019 Kreisrat im Sigmaringer Kreistag, kommt mit Blick auf die Haushaltsmittel „zuerst die Pflicht und dann die Kür“.
Auch Thomas Blako, der bereits vor acht Jahren kandidierte und sich damals Roswitha Beck geschlagen geben musste, waren die angesprochenen Themen wichtig: „Familienfreundlichkeit sollte unser Markenkern sein“. Der Übungsleiter im Turnverein und Vorsitzender des Elternbeirats bescheinigte der Verwaltung „vieles ist in Schwenningen bereits gut“, aber er habe durch seinen beruflichen Werdegang gelernt: „Es ist besser, seine Ziele hoch anzusetzen und sie knapp zu verfehlen, als zu niedrig gesetzte zu erreichen“. Ungenutztes Schwenninger Potenzial will der 42-jährige Informatikkaufmann und Jägerleitoffizier der Bundeswehr, verfügbar machen, der sich selbst als Führungskraft mit Durchhaltevermögen, schneller Auffassungsgabe und Überzeugungskraft beschrieb.

Der „echte Schwabe“, wie Ewald Hoffmann sich selbst bezeichnete, punktete mit seiner langjährigen kommunalpolitischen Erfahrung sowie als Finanzfachmann im Dienstleistungszentrum der Bundeswehr. Der amtierende Benzinger Ortsvorsteher will weiterhin in Benzingen im Zollernalbkreis wohnen bleiben, was eine Fragerin als Problem sah, sollte er in den Sigmaringer Kreistag wollen. Hoffmann verneinte dies, weil damit ein großer zeitlicher Aufwand verbunden sei, die er lieber in Schwenninger Belange stecken wolle, wie beispielsweise in das sanierungsbedürftige Kanal- und Trinkwassernetz. Als langjähriges Mitglied des Abwasserzweckverbands Scher/Lauchert wisse er, was zu tun sei. Handel und Gewerbe stärken sowie eine Jugendsprechstunde einführen stehen unter anderem auf seiner Agenda.