Sandra Häusler

Ja sind wir hier im Allgäu?, haben sich sicherlich einige Menschen gefragt, als wiederholt Alphornklänge über die Walder Fluren ertönten. Die Alphornmusik kam von Karl-Josef Hübschle aus Wald. Seit zehn Jahren spielt der Vollblutmusiker dieses ungewöhnliche Instrument. Im Alter von 50 Jahren hat der leidenschaftliche Musiker und Trompeter dieses stattliche Musikinstrument für sich entdeckt. Kennengelernt hatte er es bei einem Grillfest in der Schweiz, als es der Ehemann einer Krankenschwester geblasen hatte. Obwohl ein Alphorn überwiegend aus Holz gefertigt ist, gehört es aufgrund seiner Anblastechnik gleichwohl zu den Blechblasinstrumenten.

„Musik ist Ausgleich zum Job“

Karl-Josef Hübschle brachte als Trompeter bereits jahrzehntelange Erfahrung mit Blechblasinstrumenten mit, eine hervorragende Voraussetzung zum Erlernen des Alphorns. Der 60-Jährige arbeitet als Krankenpfleger auf der Intensivabteilung des Kantonsspitals Münsterlingen. Aktuell werden auf dieser Station auch Covid-19-Erkrankte intensivmedizinisch behandelt. Das bedeutet für den Krankenpfleger derzeit Zwölfstundenschichten zu leisten. Für jeweils drei Tage wechselt er zwischen Früh- und Nachschicht und übernachtet deshalb während dieser Zeit im Personalwohnheim des Spitals, bevor er wieder in heimatliche Gefilde zurückkehrt.

Der Vollblutmusiker Karl-Josef Hübschle entdeckt das Musizieren in der freien Natur in Corona-Zeiten für sich neu.
Der Vollblutmusiker Karl-Josef Hübschle entdeckt das Musizieren in der freien Natur in Corona-Zeiten für sich neu. | Bild: Sandra Häusler

Alphornklänge erzeugen ein Echo

„Musik ist eines meiner wichtigsten Hobbies und Ausgleich zum Job. Und in der jetzigen Situation gerade erst recht“, unterstreicht der Krankenpfleger. Immer wieder und am liebsten im Freien musiziert der leidenschaftliche Musikant. Beim Osterspaziergang im Donautal hatte er die Trompete im Gepäck und nun lässt er das Alphorn erklingen. Ein Alphorn kann über mehrere Kilometer hinweg gehört werden. „Es ist einfach schön, von einer Anhöhe herunter ins Tal zu spielen“, freut sich Karl-Josef Hübschle, wenn die Alphornklänge ein Echo erzeugen und von Hügeln und Wäldern widerhallen.

Mehr Zeit für Familie und Musik

Als Dirigent der Jugendkapelle Wald und Aktiver im örtlichen Musikverein vermisst Karl-Josef Hübschle das gemeinsame Musizieren. Aufgrund der Einschränkungen durch das Corona-Virus liegt die Probenarbeit beider Kapellen auf Eis. Und er vermisst noch mehr: „Ich sehe meine Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht mehr.“ Doch etwas anderes stellt er in dieser probefreien Zeit fest. Er hat er viel mehr Zeit für sich, mehr Zeit für die Familie, Sport, Gartenarbeit, zur Aufarbeitung von Liegengebliebenem und entdeckte neue Möglichkeiten – wie das Musizieren im Freien, dem er seiner Ansicht nach „bislang viel zu wenig“ nachkam.

Alphornklänge vor dem Seniorenzentrum St. Bernhard

Vor der Corona-Krise besuchte er regelmäßig alle zwei Wochen die Bewohner im Seniorenzentrum St. Bernhard, um ihnen Volkslieder vorzuspielen. Durch die Beschränkungen war dies von heute auf morgen nicht mehr möglich. Doch auch hier fand er eine Lösung. Er stellte sich jüngst mitten auf die Terrasse der Einrichtung und die Bewohner konnten den Musikklängen und alten Volksliedern von den geöffneten Fenstern aus lauschen. „Es war eine super Idee, Karl-Josef Hübschle hat draußen gespielt und die Bewohner haben innen mitgesungen“, sagt Anica Raith, Pflegedienstleitung im Seniorenzentrum St. Bernhard.