Bad Dürrheim – Das Volksliedersingen im Kurhaus hat auch im neuen Jahr seinen Reiz nicht verloren. Bis zu 120 aktive Sänger versammeln sich hier jede Woche, um gemeinsam mit Frieder Wezel zu singen.
Singen macht nicht nur Spaß. Es hat auch gesundheitliche Vorteile, verbessert die Haltung, stärkt die Abwehrkräfte, bringt den Kreislauf in Schwung und macht glücklich. Beim Singen werden körpereigene Glückshormone ausgeschüttet. Endorphine, Serotonin, Dopamin und Adrenalin werden freigesetzt und verbessern den Gemütszustand. Zeitgleich werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin abgebaut. Noch glücklicher macht das Singen in einer Gemeinschaft.
Nachdem Helmut Gebert aus privaten Gründen ausgefallen ist, übernahm Frieder Wezel im April 2022 das Volksliedersingen. Vor drei Jahren kamen gerade mal 50 Sänger, mittlerweile kommen doppelt so viele ins Kurhaus. Einige Mitglieder kennen den pensionierten Pädagogen von anderen Veranstaltungen. Die Kur und Bäder ist durch die Empfehlung ihrer Mitglieder auf ihn aufmerksam geworden und hat Frieder Wezel angefragt.
Neben bekannten Volksliedern wie „Blau blüht der Enzian“, „Marmor, Stein und Eisen bricht“ und „Schwarzwaldmarie“ kommen auch Lieder zum Einsatz, die nur hierzulande bekannt sind, wie das „Baaremer Lied“. Am liebsten gesungen wird „Heuburger Wind.“
Das Volksliedersingen plant der Musiker jede Woche sorgfältig. Für alle Sänger hat er ein Liederbuch mit 200 bekannten Stücken erstellt. Je nach Strophenlänge werden zwischen 15 und 17 Lieder gesungen. Wezel begleitet die Stücke auf dem Klavier und mit der steirischen Harmonika. Durch den diatonischen Aufbau ist sie besonders geeignet, alpenländische Volksmusik zu spielen; diese Musik wurde in Wien „steirisch“ genannt als Synonym für ländliche Musik, und daher wurde das neue Instrument Steirische genannt.
Gleich für welches Instrument der Musiker sich entscheidet, die Sängerinnen und Sänger sind begeistert von seinem Enthusiasmus. Frieder Wezel ist in Tübingen geboren und wohnt seit 15 Jahren in Bad Dürrheim. Im Mai feiert der Musiker seinen 80. Geburtstag, doch so alt fühlt sich Frieder Wezel nicht: „Die Musik hält einfach jung.“
Mit 14 Jahren nahm Wezel Klavierunterricht statt. Danach fokussierte er sich auf seinen Hauptberuf als Lehrer. Erst mit dem Renteneintritt widmete er sich wieder intensiver der Musik. Vor 20 Jahren brachte er sich selber das Alphornspielen bei, was seitdem auch sein Lieblingsinstrument ist. Hin und wieder schreibt er auch eigene Lieder wie „Bei uns auf der Baar hab‘ ich mein Glück gefunden“, das sein neues Leben in Bad Dürrheim beschreibt. Im Gegensatz zu anderen Musikern spielt er komplett notenfrei und das aus einem bestimmten Grund: Ohne Noten kann Wezel sich mehr auf die Instrumente und seine Sänger konzentrieren. Gleichzeitig empfindet er das Spielen ohne Noten viel harmonischer. In der Vergangenheit habe er öfter in Hotels oder bei anderen Feierlichkeiten gespielt. Mittlerweile ist er altersbedingt kürzergetreten, aber das Volksliedersingen hat für Frieder Wezel höchste Priorität. Auch seine Ehefrau stößt gelegentlich dazu und begleitet die Stücke mit der Geige.
Weiterhin lobt Frieder Wezel seine Sänger: „Es ist eine unglaubliche Gemeinschaft, die sehr einmalig ist. Zwischen uns gibt es keine Unstimmigkeiten.“ Nicht nur Bad Dürrheimer kommen jeden Donnerstag. Viele stammen aus dem Landkreis Rottweil und Tuttlingen und nehmen bei jedem Wind und Wetter eine teils lange Fahrt auf sich.
Wenn Frieder Wezel krank oder im Urlaub ist, ist seine Sängerschar ziemlich traurig. Die Mitglieder und Wezel sind sehr dankbar, im Kurhaus singen zu dürfen. Nicht nur die Raumgröße ist optimal, auch die gute Raumakustik im Saal ist von großer Bedeutung.