Dekan-Metz-Straße, Mittwochmorgen, Zeit für den Wochenmarkt. Doch während auf der einen Straßenseite Honig, Geflügel und Gemüse angeboten werden, wird die andere Straßenseite von der Windkraft dominiert. Wenn es um den Windpark Bräunlingen geht, liegen Welten zwischen den Ansichten des Konsortiums DGE Wind, das den Windpark mit sieben Anlagen realisieren möchte, und den Gegnern rund um Hans-Peter Lützow, die das Projekt gerne verhindern würden.
An diesem Morgen sind es allerdings nur elf Meter und ein Kleiderständer, die die beiden Fraktionen trennen. Während andernorts die Diskussionen gerne auch einmal die sachliche Ebene verlassen, ist man in Bräunlingen noch auf ganz anders unterwegs. Man spricht miteinander, Gegner schauen auch mal am DGE Wind-Stand vorbei und anders herum. Die meisten, die an diesem Morgen auf den Wochenmarkt kommen, informieren sich gleich an beiden Ständen. An beiden Ständen wird diskutiert, Fragen werden beantwortet und es gibt auch den einen oder anderen Plausch, der überhaupt nichts mit dem Windpark, Energie oder dem Bürgerentscheid zu tun hat.
Auffällig: Auf beiden Seiten dreht sich die Diskussion vor allem um einen Aspekt – die Optik der Windkraftanlagen. "Es läuft hier alles relativ sachlich, aber wir bekommen oft zu hören, dass die Anlagen 'so hässlich' sind", sagt Projektentwickler Marco Greci. "Das ist jedoch eine rein subjektive Meinung." Als Argument führt er dann gern das Rheinische Braunkohlenrevier an. Dort gebe es auch Bewohner, die diese Anlagen "nicht so schön" finden.

Elf Schritte weiter geht es ebenfalls um die Optik der Windkraftanlagen. Es wurde genau ausgemessen, an welchem Punkt die Passanten stehen müssen, damit die Visualisierungen des Überlinger Landschaftsarchitekten Ulrich Bielefeld auch der wirklichen Ansicht entsprechen würden. Im Vergleich zu den Visualisierungen am Konsortiums-Stand zeichnen sich die Windkraftanlagen hier deutlichst am blauen Himmel ab. "Es sieht so schrecklich aus", sagt Hildegard Noll, die gemeinsam mit Jochen Sauter und Hans-Peter Lützow die Fragen der Passanten beantwortet.
Zwar stehen immer ein, zwei Bürger an den Ständen und informieren sich. Auch dauern die Gespräche oft länger. Aber das große Interesse bleibt jedoch aus. So manche einer legt an diesem Wochenmarktsmorgen seinen Fokus lieber auf Tomaten, Gurken und Brot und Käse.
Vorbereitung im Rathaus
Zwei Ecken weiter sitzt Bürgermeister Micha Bächle in seinem Büro. Die Unterschriften sind ausgewertet. "Aus Sicht der Verwaltung sind die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren gegeben", sagt Bächle. Formal in die Wege leiten wird der Gemeinderat das ganze Prozedere dann am 30. August. Dort steht in der Sondersitzung die formale Entscheidung an. Außerdem wird auch der Termin für das Bürgerbegehren festgelegt. Dieses wird voraussichtlich am Sonntag, 7. Oktober, stattfinden. Die endgültige Entscheidung über den Termin liegt dann beim Gemeinderat.
Derweil wird auch eine Begleitgruppe installiert. "Die oberste Devise ist es, ein gutes und transparentes Verfahren zu garantieren", sagt Bächle. So werden nun das Forum Energiedialog und der Verein "Mehr Demokratie" in das Verfahren involviert. Beim Forum Energiedialog handelt es sich um ein Angebot des Landes, mit dem man Kommunen unterstützen will, in denen Konflikte um erneuerbare Energien entstanden sind. Das Angebot reicht von Beratung, Organisation und Moderation von Veranstaltungen, Mediation bis zur Klärung fachlicher Streitfragen sowie weitere kommunikative Leistungen. Und die Windpark-Gegner haben "Mehr Demokratie" ins Boot geholt, der Verein hatte sie schon im Vorfeld der Unterschriftenaktion beraten.
Gemeinsam werden in dieser Begleitgruppe Regeln festgelegt, damit die Diskussion auf einer sachlichen Ebene verläuft. Außerdem soll es noch einen Faktencheck geben, der den Bürgern bei der Entscheidung helfen soll.
In Waldhausen unterschreiben rund 60 Prozent und in Miselbrunn rund acht
- Die Unterschriften: Mittlerweile sind im Rathaus alle Unterschriften, die die Windpark-Gegner für ein Bürgerbegehren gesammelt haben, mit dem Meldregister abgeglichen worden. 1090 Unterschriften der 1154 abgegebenen Unterschriften sind gültig. Zwölf Unterschriften waren ungültig, weil sie von einem Nicht-EU-Bürger stammen. 32 Unterschriften sind ungültig, weil der Erstwohnsitz nicht in Bräunlingen gemeldet ist und neun Unterschriften werden nicht gewertet, weil mehrfach unterschrieben wurde. Damit sind die 321 benötigten Unterschriften mehr als erreicht.
- Die Auswertung: Anhand der Wahlberechtigten der Bürgermeisterwahl im Oktober des vergangenen Jahres lässt sich ungefähr ablesen, in welchem Ortsteil besonders viele Unterschriften gesammelt wurden. Spitzenreiter ist Waldhausen: 108 Unterschriften bedeuten rund 60 Prozent der Wahlberechtigten. Knapp dahinter folgt Unterbränd: 132 Unterschriften entspricht rund 50 Prozent der Wahlberechtigten. Platz drei erreicht Döggingen mit 157 Unterschriften und rund 20 Prozent der Wahlberechtigten. Auch die Kernstadt und Bruggen, die zusammengefasst werden müssen, weil es in Bruggen kein eigenes Wahllokal gibt, kommen auf rund 20 Prozent der Wahlberechtigten. In der Kernstadt haben 676 Bürger und in Bruggen elf Bürger unterschrieben. Schlusslicht ist Mistelbrunn: sechs Unterschriften entsprechen hier rund acht Prozent der Wahlbeteiligten.