Frau Ketterer, Sie waren die erste Dame, die sich für den Ortschaftsrat in Unterbränd gemeldet hat. Was hat Sie bewogen, für das Gremium zu kandidieren?
Ich wurde im Ort angesprochen, ob ich Interesse habe. Unter anderem aus dem Radsportverein. Ich habe mich dann zunächst meiner Mutter besprochen. Ich habe mir überlegt, wenn mal jemand Jüngerer im Ortschaftsrat ist, vielleicht bekommt man die Jugend dann eher dazu, sich mit Vorschlägen zu melden. Und einfach auch, um neues Blut und eine weibliche Seite mit reinzubringen. Ich stelle mir es auch interessant vor, die anstehenden Themen einmal von der anderen Seite mitzubekommen. Vieles bekommt man nur vom Erzählen mit, so ist man live dabei.
Gibt es Dinge in Unterbränd, die Sie verbessern möchten?
Spontan fällt mir hierzu das Thema öffentliches Internet am Dorfmittelpunkt ein. Das habe ich schon mit anderen diskutiert. Interessant ist das auch für Touristen. Sie stehen oftmals an der Kirche und wissen nicht, wo sie hin sollen. Ein weiteres Thema sind die Anliegen der Vereine, die ich unterstützen möchte. Beispielsweise ein möglicher weiterer Ausbau des Bikeparks. Da kann ich dann als Jugendvorstand direkt mitmischen.

Gibt es da momentan eine Notwendigkeit?
Momentan nicht. Der Bikepark wurde in einem letzten Arbeitseinsatz soweit fertiggestellt. Es wurden aber von außen einige neue Ideen an uns herangetragen.
Gibt es noch weitere wichtige Themen abseits der Vereine?
Die Pflege des Ortes könnte besser sein. Gerade was das Rasenmähen angeht, beispielsweise der Spielplatz oder der Fußballplatz an der Grillhütte. Auch für einen Ort, an dem sich Touristen aufhalten, ist das einfach nicht so schön. Auch der schlechte Zustand der Straßen fällt auf. Für die Kinder ist es nicht so toll, wenn sie Inliner fahren und ständig in den Löchern stecken bleiben. Andererseits denke ich persönlich, wenn das gerichtet wird, muss der Bürger das mit bezahlen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich einige quer stellen.
Mit dem See haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, der Fremdenverkehr bringt. Wie stehen Sie zum Thema Tourismus?
Der Tourismus ist gut, wie er jetzt ist, es ist noch eine angenehme Größe. Allerdings finde ich persönlich, dass er jetzt nicht mehr wesentlich weiter wachsen sollte, weil die Gefahr besteht, dass durch die ganze Zuwanderung der Ort kaputtgehen könnte. Speziell wenn sich Leute entschließen, sich hier wochenendweise niederlassen.

Was sagen Sie zur Infrastruktur?
Ich finde es gut, wie es ist, ich bin hier damit aufgewachsen und gewöhnt, dass wir Bus und Zug brauchen, wenn wir irgendwo hin wollen, und mit dem Auto einkaufen gehen. Trotzdem wäre es interessant, ein kleines Lädele zu haben, speziell für ältere Leute, die nicht mehr so mobil sind. Allerdings nur für Grundbedürfnisse. Denn die meisten werden ihren Großeinkauf weiter mit dem Auto erledigen.
Da gab es noch eine merkwürdige Geschichte, die Sie zweifeln ließ?
Ja, meine Oma kam die Treppe herunter und sagte: Michelle, schau Dir das Ergebnis an im Stadtblättle! Da waren nur sechs Stimmen und ich war plötzlich auf Platz 13. Es fehlten auf einmal 86 Stimmen. Weil ich arbeiten musste, ist meine Mutter am nächsten Tag aufs Rathaus gegangen und hat nachgefragt. Sie bekam zunächst die Antwort, das sei alles richtig und wir seien in der Beweispflicht. Nachdem sie nicht locker ließ, versprach man ihr, sich ans Landratsamt zu wenden, dies dauere allerdings ein paar Tage. Da die Zeit wegen der Einspruchsfrist knapp war, wandte ich mich zusätzlich an die beiden Wahlleiter in Unterbränd. Es stellte sich dann heraus, da es sich um einen Übertragungsfehler vom Landratsamt handelte, nachdem dort noch einmal nachgezählt worden war. Das Ergebnis wurde dann im folgenden Stadtblättle richtiggestellt.
Was ist Ihnen noch wichtig?
Ich bedanke mich bei allen, die mich gewählt haben, für das Vertrauen. Ehrlich gesagt, es war für mich eine große Überraschung. Denn ich habe nicht unbedingt damit gerechnet, weil ich erst 19 bin und wenig Erfahrung mitbringe.
Zur Person der Ortschaftsrätin
- Familie: Michelle Ketterer ist 19 Jahre alt, ledig und wohnt von Geburt an bei den Eltern in Unterbränd und hat einen jüngeren Bruder. Vater Stefan Ketterer ist Chirurgie-Mechaniker und stammt aus Furtwangen, Mutter Kathrin kommt aus Senftenberg an der Lausitz und ist Fachverkäuferin.
- Vereine: Michelle Ketterer ist von klein auf Mitglied des Radsportvereins und betreut seit einem Jahr mit Simon Wider und Marcel Golec die Jugendgruppe. Hierfür hat sie vor einigen Wochen eine Fortbildung als D-Trainer Mountainbike auf dem Olympiastützburg Freiburg gemacht. Demnächst möchte sie der Köhlerzunft beitreten.
- Ausbildung: Nach erfolgreichem Schulabschluss absolviert sie eine dreijährige Ausbildung als Industriekauffrau mit Zusatzqualifikationen Technik und Englisch bei IMS.
- Kommunalpolitik: Am Mittwoch, 10. Juli, findet in Unterbränd die konstituierende Sitzung des Ortschaftsrates statt. Ortsvorsteher Winfried Klötzer und die Ortschaftsräte Stephan Demattio und Lutz Rademacher wurden wiedergewählt, während sich Ralf Scholl, Uwe Mantel und Markus Ketterer aus dem Rat verabschieden. Erstmals sitzen Frauen im Rat und das gleich mit einer Quote von 50 Prozent. Mit Sabine Weißer, Desiree Hepting und Michelle Ketterer wurden drei Frauen in den Rat gewählt. Michelle Ketterer ist die bisher jüngste Ortschaftsrätin im Bräunlinger Stadtteil.