Kämmerer Sebastian Grytner hatte es ja in einer vergangenen Sitzung des Gemeinderates schon angekündigt: „Im November ist die Party vorbei.“ Was er damit meint: Das Hochgefühl, durch die enorm hohen Gewerbesteuereinnahmen des vergangenen Haushaltes, das verdrängt wird durch jenen, der jetzt ansteht. Der ist nicht nur geprägt von der Coronakrise, sondern auch von einer höheren Kreisumlage. Ist die Gewerbesteuer hoch, muss im kommenden Haushalt auch mehr dafür abgeführt werden. Die Gesamtsituation sorgt indes in Bräunlingen dafür, dass zwei Millionen Euro an Neu-Krediten aufgenommen werden müssen.

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„Das geht an die Substanz“

Ausbleiben werden 2021 wohl auch kräftige Einnahmen durch die Gewerbesteuer. Die Kämmerei rechnet mit rund 3,8 Millionen Euro, 2019 wurden noch 7,8 Millionen in die Kasse gespült. Die Planung der Gewerbesteuer sei „noch komplizierter als bisher“, sagt Grytner. Manch ein Unternehmer hat bereits im Juli überhaupt keinen Gewinn mehr erwartet. Bei Erträgen von 15,6 Millionen Euro rechnet die Stadt mit Aufwendungen von 18,4 Millionen. „So wie das aussieht, dürfen wir uns so etwas nicht oft erlauben. Das geht an die Substanz“, so der Kämmerer.

Aber wie kann das Loch gestopft werden?

Durch den Verkauf von Grundstücken und Investitions-Zuschüssen soll der Minus-Betrag kleiner werden. „Wir haben nicht unendlich viele Grundstücke“, sagt Grytner. Daher kommen noch die zwei Millionen Kredit hinzu, „um flüssig bleiben und investieren zu können“. Und Projekte, die Geld benötigen gibt es weiter. Allen voran immer noch das neue Wohngebiet am Bregenberg, das derzeit erschlossen wird.

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Grytner wolle nichts vormachen, es sei kein schöner Haushaltsplan: „Das wird von der Rechtsaufsicht geprüft und wir müssen mit der mittelfristigen Finanzplanung aufzeigen, dass wir die Aufgabenerfüllung einer Stadt auch leisten können.“ Darin müsse man Annahmen für die Einkünfte in den Jahren 2022 bis 2024 treffen. Grytner sei dabei davon ausgegangen, dass ab 2022 wieder über sechs Millionen Euro an Gewerbesteuern sprudeln. Das Ergebnis der mittelfristigen Planung werde der Rechtsprüfung zeigen „dass wir leistungsfähig sind“.

„So wie das aussieht, dürfen wir uns so etwas nicht oft erlauben.“Sebastian Grytner, Kämmerer
„So wie das aussieht, dürfen wir uns so etwas nicht oft erlauben.“Sebastian Grytner, Kämmerer | Bild: Stadtverwaltung Bräunlingen

Besondere Bedingungen

CDU-Fraktionssprecher Michael Gut verlas als Stellvertreter von Bürgermeister Micha Bächle dessen Haushaltsrede. Der Entwurf für den Haushalt 2021 stehe unter ganz besonderen Rahmenbedingungen. „Wir kommen von einem Jahr der Extreme in das andere“, so Bächle. Während man sich im Oktober noch über einen Rekordüberschuss im Ergebnishaushalt für 2019 freuen und auch Rücklagen aufbauen konnte, sei das Jahr 2021 das genaue Gegenteil.

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Die Stadt lebe vom Erfolg ihrer Unternehmen, Handwerksbetriebe und ihren Bürgern. Dabei sei die Gewerbesteuer das finanzielle Rückgrat. Eben jenes wurde durch die schwächelnde Automobilindustrie 2019 und die Corona-Krise hart getroffen. „Wir haben uns daher trotz – der finanziell schlechten Lage der Stadt –im Konsens im Gemeinderat entschieden die Gewerbesteuer für 2021 nicht zu erhöhen“, so Bächle.

Das Gewerbesteueraufkommen habe sich innerhalb von zwei Jahren mehr als halbiert. Dies könne durch nichts ausgeglichen werden. „Für 2020 haben wir im Mai mit unserem Haushaltsstopp eine Bremse reingehauen. Dies war richtig und wichtig. Gleichwohl hat Corona für große Einnahmeausfälle, aber auch für Mehraufwendungen gesorgt“, so Bächle weiter. Hinzu kommen noch rund 500.000 Euro mehr an Umlagen an das Land und den Landkreis. „Dies verschärft unsere Haushaltslage noch mehr. Wir müssen daher heute einen Haushalt einbringen, der nicht wie sonst einen positiven, sondern einen negativen Zahlungsmittelüberschuss von rund 1,7 Millionen Euro ausweist.“

Absolute Ausnahme

Nun müsse man Vermögen veräußern und Kredite aufnehmen, um Maßnahmen aber auch laufende Ausgaben bestreiten zu können. „Dies ist bitter und muss ein absoluter Ausnahmezustand sein“, so Bächle. Einsparmöglichkeiten habe man schon ausgelotet: „Wir werden auch nicht um­hin­kom­men, das eine oder andere, was wir uns immer gerne geleistet haben, zu hinterfragen und bei neuen Projekten auch die Folgekosten mehr in den Blick nehmen. Manch Wünschenswertes werden wir uns in den nächsten Jahren leider nicht leisten können.“

Projekte fertigstellen

Trotz der angespannten Lage im Ergebnishaushalt gilt es in Bräunlingen, auch 2021 einiges umzusetzen oder fertigzustellen. Angesichts der finanziellen Lage der Stadt werde die Abarbeitung aller Projekte allerdings länger dauern. „Unser größtes Bauprojekt ist in 2021 auch das Baugebiet Bregenberg. Die Arbeiten laufen gut voran und die Erschließung soll 2021 fertiggestellt werden, sodass im Sommer mit dem Bau der ersten Häuser begonnen werden kann“, sagt der Bürgermeister. Der Grundstücksverkauf dort und auch in Waldhausen laufe sehr gut. Eine wichtige Einnahmequelle für die Stadt im kommenden Jahr.

Für das Dögginger Neubaugebiet Hofwiesen III habe man Planungsgelder in den Haushalt 2021 eingestellt, um das Projekt voranbringen zu können. In dem Ort steht 2021 außerdem die weitere Abwasserbeseitigung im Tunnelweg an. „Auch der zweite Abschnitt ist ein Projekt mit fast einer Million Euro.“ Durch den Haushaltsstopp in diesem Jahr gebe es auch Projekte, die in 2021 neu angemeldet werden müssen, wie etwa das Feuerwehrgerätehaus in Unterbränd. Die Vorarbeiten für den Abriss sind bereits in Gange, nur Corona bremse hier gerade etwas. Das Projekt soll im kommenden Jahr gemeinsam mit der Feuerwehr umgesetzt werden und bilde damit einen wichtigen Eckpunkt des Feuerwehrbedarfsplanes.

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Was alles ansteht

Zahlreiche Straßen warten auf den Feinbelag. Im Bereich Röslebuck, Niederwiesen und Bruggen sollen die Maßnahmen abgeschlossen werden. Projekte, die schon seit mehreren Jahren in der Vorbereitung sind, stehen auch 2021 zur Umsetzung an: so die Flurbereinigung in Bruggen. Außerdem soll dort der versprochene Kinderspielplatz entstehen. Die Renaturierung des Lachengrabens in Döggingen, ein Projekt von mehr als 200.000 Euro, steht ebenfalls zur Umsetzung an. Bei der Brandschutzsanierung der Grundschule Bräunlingen sind erhebliche Summen notwendig, auch um die Schule fit für die Digitalisierung zu machen. „In den Stadtwerken ist die Eigenkapitaldecke die letzten Jahre aufgrund der vielen Investitionen merklich gesunken. Hier kommen wir leider nicht umhin zu handeln“, sagt Bächle. Die Wasserversorgung aber auch der Breitbandausbau beschäftigen die Stadt. „Während man hier in den vergangenen Jahren Millionenbeträge investiert habe, müssen wir den Ausbau dringend fortgeführt werden.“ Mit Blick auf die Finanzen müsse jedoch „etwas Tempo raus.“ Dennoch wolle man mit Bundes- und Landesförderung das schnelle Internet weiter ausbauen. Auch in Bräunlingen. Dort soll ein neues Technikgebäude entstehen, wodurch die vielen Hausanschlüsse am Röslebuck spätestens 2022 ans Netz genommen werden können.

„Für 2021 hoffen wir auf eine möglichst schnelle Rückkehr zur Normalität und einen wirtschaftlichen Aufschwung für unsere Unternehmen und damit auch wieder für finanziell besseren Zeiten für die Stadt“, sagt Bächle.