Bräunlingen – Konnte sich die Stadtkasse bei den Haushaltsberatungen im Vorjahr über eine Rekordsumme an Gewerbesteuer-Einnahmen freuen, hat der neuerliche Haushalt der Freude einen harten Stopp verpasst. Der kommende Haushalt ist einer der Entbehrungen, gezeichnet vom Corona-Jahr 2020.
Trotz der Einsparungen, die in diesem Jahr notwendig sind, gibt es dennoch einige Projekte, die als Pflichtaufgaben der Stadt nun weiterlaufen müssen. Dazu gehören etwa die weiteren Arbeiten am neuen Baugebiet am Bregenberg. Dort sollen 2021 die ersten Häuser entstehen.
Die Stimmen der vier Fraktionen
Michael Gut, CDU: Die Krise sei überraschend gekommen und habe die Stadt am wunden Punkt getroffen: „Unseren hohen Ausgaben und Aufgabenlasten“, sagt CDU-Fraktionssprecher Michael Gut. Finanzknappheit zwinge zur Prioritätensetzung: „Der Gemeinderat muss sich klar dazu positionieren und die Hausaufgaben machen, was für den Bürger, seitens Pflichtaufgaben und freiwilligen Leistungen gemacht werden muss und soll.“ Eine Effizienzsteigerung sei ein wichtiger Beitrag des Teams auf dem Rathaus. Transparenz in den Kostenansätzen schaffe Vertrauen. Außerdem müsse bei externen Ausgaben priorisiert werden: „Geld, das wir nicht an Berater und Dienstleister auszahlen, hilft uns im Haushalt flexibler zu sein.“ Gemessen an den bisherigen Gewerbesteuer-Einnahmen dürfte man nicht solch einen kritischen Haushalt haben: „Wir dürfen eben nicht das Geld, so wie es reinkommt, gleich wieder verplanen.“
Der Haushalt 2021 ermögliche einerseits, größere Projekte umzusetzen und die Pflichtaufgaben zu erfüllen, „andererseits fehlen uns 1,6 Millionen, wo wir uns über Kredite neu verschulden. Wir haben die Grenzen an Prioritäten und noch belastbarer Verschuldung ausgelotet.“ Dennoch bekomme man das hin und sei auf dem richtigen Weg.
Berthold Geyer, Gruppe 84: Es sei schwierig zu sparen, wenn massive Einnahmeausfälle zu verbuchen seien, gleichzeitig Unterstützung durch die Stadtkasse von Vereinen und Eltern angefordert wird, so Berthold Geyer, Fraktionssprecher der Gruppe 84. „Eine für alle gerechte Unterstützung ist für eine Kommune allein schlicht nicht machbar.“ Im Grunde werden 2021 die Schwergewichte an Projekten durch das Bauamt abgearbeitet und zum Abschluss gebracht. Wohl und Wehe für den Haushalt hängen von Vermarktung und Verkauf der Bauplätze auf dem Bregenberg und dem Gewerbegebiet in Niederwiesen ab. „Ich sehe auch keinen Abverkauf von Vermögen. Die Grundstücke wurden zum Zweck von Bauflächen erworben“, so Geyer.
Bei der Bewirtschaftung des Stadtwaldes soll eine genauere Analyse der Aufwendungen den tatsächlichen finanziellen Erfolg nach den Stürmen im Frühjahr 2020 bewerten. „In Anbetracht der Corona-Situation wäre es vielleicht gerade jetzt sinnvoll, den Erholungsort Bräunlingen mit Ortsteilen zu bewerben.“ Es sei sehr wahrscheinlich, dass 2021 eher Deutschland und der Schwarzwald als Urlaubsziel gewählt werden. Themen wie der Klimaschutz oder Energiesparmaßnahmen seien leider aus dem Fokus verschwunden, so der Gruppe 84-Fraktionssprecher.
Armin Ewald, FDP: „Für 2021 musste ein Haushalt mit beträchtlicher Neuverschuldung erstellt werden“, sagt FDP-Fraktionssprecher Armin Ewald. Man sei zu Einsparungen gezwungen und solle das nutzen, um schlankere Strukturen zu erreichen und so mehr Handlungsspielräume zu erhalten. „Wir müssen uns an die Zeiten vor den Rekordeinnahmen besinnen.“ Diese Zeiten seien vorerst vorbei und kommen so schnell auch nicht wieder. „Vor 2015 wurden regelmäßig ausgeglichene Haushalte mit Gewerbesteuereinnahmen von vier Millionen und weniger aufgestellt. In 2021 erwarten wir auch diese Größenordnung“, so Ewald.
Folgende Ansätze sieht die FDP für schlankere Strukturen: Prüfung, in welchen Bereichen es mehr Ausgaben gibt als früher. Externe Vergaben und Fremdleistungen seien genau zu prüfen. Festlegung konkreter Einsparsummen durch den Bürgermeister für die verschiedenen Ämter. Mitarbeiter sollten etwa kurzfristig in anderen Bereichen eingesetzt werden, um eventuell anfallende Überstunden zu vermeiden. Gegebenenfalls sollte die Möglichkeit der Kurzarbeit genutzt werden. „Wir sollten verstärkt schauen, wo mit wenig Kosten an Gebäuden und Straßen größere Schäden vermieden werden können“, sagt der Fraktionssprecher.
Clemens Fahl, SPD: Für die Bräunlinger SPD ist die Corona-Krise wie ein Brennglas, das „die Missstände und Probleme der Gesellschaft gnadenlos offen legt“, so Fraktionssprecher Clemens Fahl. Diese Aufgaben zu meistern werde die Herausforderung in der nächsten Zeit. Wichtig sei, dass einige Projekte weitergeführt werden müssen: „Baugebiet Bregenberg, Bau/Fertigstellung Feuerwehrhaus Unterbränd, Sanierung der Grundschule Bräunlingen, Kanalarbeiten Tunnelweg.“ Und gleichzeitig Liquidität, Stabilität und finanzielle Handlungsfähigkeit sichergestellt werden.
Aus der Not heraus habe man die Grundsteuer erhöht, um mehr Einnahmen zu bekommen. Die Gewerbesteuer blieb unangetastet, weil man auch eine Verantwortung für die Betriebe habe. Leider müsse die Stadt zu viel Geld für Gutachten, Planungen und Vorprüfungen ausgeben. „Auch die Tendenz, sich für alles abzusichern, lähmt die Handlungsfähigkeit der Stadt und hat sich wie im Vorjahr nicht geändert. Auch Personalkosten müssen auf den Prüfstand, welche Aufgaben soll die Stadt in Zukunft noch leisten und auf welche müssen wir in Zukunft verzichten.“ Man müsse die nächsten Jahre nutzen, um von dem hohen Schuldenstand herunterzukommen, damit auch Wunsch-Projekte finanziert werden können.