55 Mitarbeiter, ein Fuhrpark von 30 modernen Lastwagen. „Wir sind zu klein, um groß zu sein und zu groß, um klein zu sein“, sagt Michael Effinger. Zum 1. Februar wurde die Spedition aus Brigachtal an die Schweizer Post verkauft und ist seitdem Teil der Spedition Bächle, die seit Mai 2018 zur Schweizer Post gehört.
„Logistik ist so ein toller Beruf.“Theresa Effinger
Lange schien es, als sei die Zukunft der Spedition klar vorgezeichnet: Theresa Effinger, 33 Jahre jung, ist gelernte Speditionskauffrau und Verkehrs-Fachwirtin, hat im Großkonzern DHL gelernt und liebt ihre Arbeit unter Zeit- und Termindruck: „Logistik ist so ein toller Beruf. Sobald es hektisch wird, blühe ich auf.“
Im Wettbewerb mit ganz Europa
Doch: Die gesamte Branche stehe unter starkem Druck. „Wir stehen im Wettbewerb mit ganz Europa und die Lohnkosten sind für den Mittelstand eine immense Herausforderung“, sagt Bächle-Geschäftsführer Marius Neininger. Die Konkurrenz aus Osteuropa fährt billiger, blockiert dann aber im Zweifelsfall auch im Februar mit Sommerreifen auf der Bundesstraße 33 bei Triberg stundenlang den Verkehr.
Ein gläserner Beruf
Logistik sei im Grunde ein gläserner Beruf, sagt Neininger. Herausforderungen wie Sendungsverfolgung, Nachhaltigkeit und Qualitätsmanagement müsse sich ein kleiner Betrieb ebenso stellen wie ein großer. „Ein kleiner Mittelständler kommt da kaum hinterher“, sagt Theresa Effinger. „Eigentlich bräuchten wir zwei Leute, die nichts anderes als Qualitätsmanagement machen.“
Fünf Millionen Euro Jahresumsatz
Leute, die sie bei der Spedition Effinger nicht haben. Die Verwaltung managen sie derzeit zu dritt – und erwirtschaften einen Jahresumsatz von fünf Millionen Euro, wie Michael Effinger nicht ohne Stolz sagt.

Zuletzt habe er sich auch immer öfter gefragt, wie lange er sich diesem Druck noch aussetzen wolle. „Im Urlaub waren wir seit drei Jahren nicht mehr.“ Sein Blutdruck habe in den vergangenen Jahren trotz Medikamenten drastische Höhen erreicht, sagt Michael Effinger. Seit der Verkauf in trockenen Tüchern sei, gehe es ihm auch gesundheitlich besser. Der Druck, 24 Stunden an sieben Tagen die Woche für alles verantwortlich zu sein, falle nun weg.
Zumal es auch schwierig sei, Personal zu finden. Trotz Lohnerhöhungen sei der Kraftfahrerberuf nach wie vor unterbezahlt, sagt Theresa Effinger. „Man muss den Leuten zehn bis 15 Prozent Lohnsteigerung pro Jahr bieten, sonst wechseln sie in die Industrie.“
Kraftfahrer sind begehrte Arbeitskräfte
Als Lagerist oder Staplerfahrer seien Kraftfahrer begehrte Arbeitskräfte. Ärgerlich für den Spediteur, der die Kraftfahrer womöglich selbst ausgebildet hat. Rund 8000 bis 10.000 Euro kosten allein die Führerscheine. „Alleine schafft man es heute nicht mehr“, sagt Marius Neininger. Die Spedition Bächle habe 2018, vor dem Verkauf an die Schweizer Post, vor den gleichen Fragen gestanden.

Es habe nicht an Nachfolge innerhalb der Familie gemangelt – „wir sind ja alle noch da“ – doch das Bestehen auf dem Markt als Mittelständler aus dem Schwarzwald sei auf absehbare Zeit zu unsicher gewesen. „Wir haben Kunden, die als kleine Firma begonnen haben und die jetzt weltweit agieren.“ Kleinere Logistikunternehmen müssten sehen, dass sie da nicht buchstäblich unter die Räder kommen.
Mittelstand in Existenznöten
Die gleiche Gefühlslage hat die Spediteursfamilie aus Brigachtal in den vergangenen Monaten durchlebt. „Ich glaube, in ein paar Jahren wird es 80 Prozent der mittelständischen Speditionen nicht mehr geben“, sagt Michael Effinger.
Leitende Position für Junior-Chefin
Die Effingers – neben Theresa und ihrem Vater Michael ist auch Neffe Mathias werden weiterhin an Bord sein, ebenso wie die Fahrer. Während Michael Effinger etwas kürzer treten will, werde Theresa Effinger bei Bächle in leitender Position tätig sein, sagt Marius Neininger.
Gelände bleibt Familieneigentum
Und das Gelände? „Fuhrpark, Büro und Werkstatt werden nach Herdenen ziehen“, kündigt Michael Effinger an. Fünf bis sechs Lastwagen sollen am Standort bleiben, damit Fahrer, die in Brigachtal leben, ihren Dienst hier aufnehmen können. Grundstück und Gebäude blieben weiterhin Eigentum der Familie Effinger. Das Gelände werde vom Villinger Logistikcenter LCV, ebenfalls eine Bächle-Tochter, angemietet und als Logistikstandort genutzt.