
Vor den Donauhallen rücken an diesem Mittwochvormittag ungewöhnlich viele Autos mit Anhänger an. Es fällt richtig auf. Die Fahrzeuge streben in Richtung der Halle C. Aus den Anhängern hört man es muhen. Ein Schild gibt einen ersten Hinweis: Lebende Tiere.
In der Halle findet eine der regelmäßigen Auktionen der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) statt. Sie hat ihren Sitz in Herbertingen im Landkreis Sigmaringen und entstand im Jahr 2000 aus sämtlichen Zucht- und Besamungsorganisationen Baden-Württembergs. „Früher gab es pro Rasse einen Verband, jetzt gibt es das alles unter einem Dach“, erklärt Matthias Schupp. Er ist für die RBW zuständig für die Auktionen in Donaueschingen. An diesem Tag geht es um Kälber.
Etwa alle vier Wochen werden Kälber auf diese Art und Weise vermarktet. „Es handelt sich dabei hauptsächlich um Tiere aus dem Südwesten, vom Bodensee, der Ortenau“, erklärt Schupp. Die Landwirte aus der Region melden dafür ihre Tiere an, die RBW organisiert dazu auch Sammeltransporte. Kurze Wege und Effizienz stehen dahinter, erklärt Schupp. Dieses Mal werden in den Donauhallen 370 Tiere untergebracht. „Die Zahl schwankt pro Veranstaltung. Meistens sind es zwischen 300 und 450.“ Der Zugang zur Halle erfolgt über den Eingang in der Wilhelmstraße. Von dort kommen die Kälber aus dem Anhänger und hin zur Aufnahme.
Hier werden die Tiere anhand ihrer Ohrmarken registriert. Erfasst werden Alter, Geschlecht, Rasse. „Das Alter der Tiere reicht von etwa 14 Tagen bis zu zehn bis elf Wochen. Im Schnitt sind sie fünf bis sechs Wochen alt“, erklärt Schupp. Um das Datenblatt kümmert sich Anna Vogelbacher. Sie prüft die Tiermarke, und ob alles, das registriert ist, auch so passt.
Um an der Auktion teilzunehmen, muss man bei der RBW registriert sein: „Die Kunden, die Vieh halten dürfen, dürfen auch Tiere ersteigern“, sagt Schupp. Ein Fall wie in Norddeutschland, als ein 17-Jähriger über das Internet Rinder bestellt hatte, könne hier nicht vorkommen. Von der Datenerfassung führt der Weg durch die Gatter für das Kalb direkt auf eine Wage. Hier arbeitet Markus Moßbrugger aus Bräunlingen. „Von der Rinderunion sind zwei Leute mit dabei. Bei den anderen handelt es sich um Landwirte aus der Region oder Studenten“, so Schupp.
Das Gewicht wird erfasst und die Tiere je nach Katalog einsortiert. Der Katalog ist bereits vor der Veranstaltung online einzusehen. Bei den Auktionen wird der RBW oft auch gezielt der Auftrag gegeben, in Abwesenheit des Bieters, auf ein bestimmtes Tier bis zu einem maximalen Betrag zu bieten. Wichtig ist dafür eben auch das Gewicht.
Jedes Kalb wird schließlich einer Box zugewiesen, die eine bestimmte Kennziffer bekommt. Daran orientiert sich später auch die Auktion.
„Aus der Nummer kann ich schon erkennen, um welche Rasse es sich handelt, und ob es ein älteres oder ein jüngeres Tier ist“, sagt Schupp. Die Box ist voll mit Streu, das sei besonders bei den Kälbern wichtig, und zu trinken gibt es dort auch etwas. Aber bevor die Auktion starten kann, müssen die Tiere auch noch auf ihren gesundheitlichen Zustand überprüft werden. Das geschieht einerseits anhand der Anmeldungen im Vorfeld, andererseits ist das Veterinäramt bei der Veranstaltung mit mehreren Tierärzten vor Ort. Amtsleiter Michael Langer steht gerade selbst in einer Box und untersucht Kälber.
„Wir achten auf die Haut, ob vielleicht irgendein Parasitenbefall feststellbar ist“, erklärt der Tierarzt. Die Atmung werde überprüft, ob das Tier vielleicht Durchfall hat. Gibt es einen Nabelbruch oder vielleicht eine Nabelentzündung? Ist das Tier kontrolliert, wird es entsprechend markiert: „Sollten Mängel bestehen, dann tragen wir das in eine Liste ein“, erklärt Langer. Zu den Mängeln zählt auch der Hygienezustand des Tieres: „Ist es etwa durch Kot zu arg verschmutzt, dann finden wir in fünf Minuten raus, woher das Tier kommt.“ Dort komme man dann auch persönlich vorbei, um die Zustände zu prüfen. Dass auch irgendetwas gefunden werde, das komme auf jeder Auktion mal vor: „Bei der Menge an Tieren ist das völlig normal“, so Langer. Seine Arbeit dauert bis etwa 14 Uhr. Dann werden die Tiere den Bietern vorgeführt.
Die Nummer wird angesagt, dann kommen Gewicht und Preis: „73 Kilogramm für 120 Euro!“, sagt Matthias Schupp ins Mikrofon. Rund um das Kalb sitzen die interessierten Bieter. Der Preis geht runter, das Tier wechselt für 100 Euro den Besitzer. Der Preis ist je nach Kalb unterschiedlich und orientiert sich nach Rasse, Zustand und Gewicht: „Ein Fleckvieh-Bullenkalb ist eher teuer“, erklärt Schupp. Dafür zahle man etwa 380 Euro. Entscheidend sei aber, wie die Betriebe der jeweiligen Käufer aufgestellt seien. Bis ins Jahr 2019 habe man bei der Vermarktung einen Aufwind erlebt, dann kam die Blauzungenkrankheit und die Zahlen gingen zurück: „Das hindert momentan den Verkehr. Baden-Württemberg ist Restriktionsbezirk. Nicht geimpft bedeutet auch: Das Tier kann nicht raus.“ Bei der Auktion wird derweil ein Kalb für 280 Euro versteigert. Schupp steht auf einem Podest und gibt die weiteren Nummern bekannt.
Dass es bei der Auktion auch mal zu regelrechten Kampfgeboten komme, sei nicht üblich, aber das gebe es auch: „Es gibt Phasen, da geht es sehr heiß zur Sache. Meist, wenn der Markt entsprechend aufgestellt ist. Der hat sich derzeit aber deutlich beruhigt“, erklärt Schupp. Solche Vorfälle wie die Blauzungenkrankheit seien schlicht nicht planbar. „78 Kilogramm für 160?“, weiter geht die Auktion.