Die dreimonatige Veranstaltungsreihe DonauQuellSommer will die Innenstadt in Szene setzen: weniger Autos, mehr Aufenthalt, mehr Leben. Doch hinter den bunten Sitzinseln und Kulturaktionen brodelt es – vor allem in der Gastronomie. Denn während Betriebe am Rathausplatz von hoher Frequenz profitieren, berichten andere, nur eine Querstraße entfernt, von ausbleibenden Gästen und verlorener Sichtbarkeit.
Thomas Rahde, Betreiber der Pastabar Al Dente, zählt zu den klaren Befürwortern des Projekts. „Ich habe deutlich mehr Kundschaft“, sagt er. Seine Pastabar liegt direkt am Platz vor der Stadtkirche, welcher für den Verkehr gesperrt ist. Sein neu geschaffener Außenbereich werde intensiv genutzt, die Gäste fühlen sich wohl, bleiben länger, konsumieren mehr. Der Verkehrsverzicht schafft aus seiner Sicht eine neue Aufenthaltsqualität, die sich auch in der Stimmung in der Stadt widerspiegele. „Die Menschen bewegen sich frei, sie schlendern, sie setzen sich – man spürt, dass die Innenstadt wieder als Ort wahrgenommen wird, an dem man gern ist.“
Doch dass manche Autofahrer sich weiter über bestehende Sperrungen hinwegsetzen und über den Platz brettern, ist ihm ein Dorn im Auge. „Wenn Leute die Schilder ignorieren und durchfahren, ist das schlicht respektlos.“
Frühstücksgeschäft komplett eingebrochen
Roman Schmidt-Müller vom Café Hengstler am Hanselbrunnenplatz ist weniger begeistert. Für ihn ist das gesamte Konzept ein Irrweg – gut gemeint, aber schlecht gemacht. „Der Quellsommer ist für uns nicht tragbar. Er ist weder nachvollziehbar noch wirtschaftlich vernünftig“, sagt er. Die Besucherzahlen seien deutlich eingebrochen, Umsätze seien spürbar zurückgegangen.

Schmidt-Müller sieht die Ursachen klar in der veränderten Erreichbarkeit. Donaueschingen sei keine Großstadt mit hoher Laufkundschaft, sondern eine Stadt, in der gezielt mit dem Auto eingekauft werde. „Die Karlstraße ist faktisch abgeschnitten. Die Gäste kommen nicht mehr wie früher – und spontane Besuche entfallen fast vollständig.“ Hinzu komme, dass sich die wirtschaftliche Verantwortung allein auf die Betriebe verlagere. „Die Stadt geht mit dem Projekt kein Risiko ein – wir aber schon.“ Auch das Frühstücksgeschäft, das für sein Café über Jahre eine stabile Größe war, sei unter den neuen Bedingungen regelrecht eingebrochen. Für ihn steht fest: „Das Konzept ist nicht zukunftsfähig.“

„Man muss sich daran gewöhnen“
Massimiliano Longo, Inhaber der Eisdiele Rialto, sieht die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Er äußert sich zurückhaltend, bemüht um Differenzierung. „Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, aber ich sehe auch keine wirklichen Vorteile.“ In den ersten Tagen des Quellsommers sei ein deutlicher Rückgang der Kundschaft spürbar gewesen – später habe sich die Lage wieder stabilisiert. Ob das dem Konzept oder schlicht dem besseren Wetter zu verdanken sei, lasse sich schwer beurteilen.
Longo glaubt, dass der Erfolg des Quellsommers weniger an Maßnahmen als an der Gewöhnung der Menschen hängt. „Donaueschingen ist keine Metropole. Veränderungen brauchen Zeit. Vielleicht müssen sich die Leute erst an das neue Stadtbild gewöhnen.“

Ganz andere Töne kommen aus dem Eiscafé Vitoria. Für Inhaber Roberto Da Ros ist der Donauquellsommer ein voller Erfolg. „Ich hoffe, das bleibt so – am liebsten für die nächsten 30 Jahre“, sagt er lachend. Die Gäste kommen, zu Fuß wie mit dem Auto, die Atmosphäre sei entspannt, der Außenbereich gut frequentiert. Für ihn funktioniert das Konzept – unkompliziert, reibungslos, stimmig.
Komplizierte Verkehrsführung
Für Matthias Binder, Betreiber des Irish Pub, hat sich hingegen wenig verändert. „Die Besucherzahlen sind wie in den letzten Sommern: eher bescheiden“, sagt er. Einen klaren Effekt durch das neue Konzept spüre er nicht. Vielmehr bringe die geänderte Verkehrsführung Nachteile mit sich. Da er regelmäßig mit dem Auto durch die Stadt fahren müsse, verliere er täglich 15 bis 20 Minuten. „Man muss seine Route mittlerweile im Voraus durchdenken – das macht vieles unnötig kompliziert.“
Auch viele seiner Gäste seien unzufrieden. „Das Feedback ist durchweg negativ“, betont Binder. Viele würden das Verkehrskonzept als zu unübersichtlich und umständlich empfinden. Binder geht davon aus, dass mit dem Donauquellsommer ursprünglich die Hoffnung verbunden war, durch Veranstaltungen mehr Menschen in die Innenstadt zu ziehen – und damit auch die Gastronomie zu stärken. „Das mag für Betriebe direkt an den Veranstaltungsplätzen gelten – bei uns ist davon leider nichts zu spüren.“
„Unwirksam und klar schädlich“
Der Gewerbeverein Donaueschingen findet klare Worte – und die fallen vernichtend aus. Nach Einschätzung von Vorstandsmitglied Nadin Lorenz habe sich das Konzept für die Gastronomie „nicht nur als unwirksam, sondern als klar schädlich“ erwiesen. „Der Umsatz ist bei den meisten Gastronomen noch stärker eingebrochen, als wir befürchtet haben“, sagt sie. Nur wenige Gastronomen könnten Vorteile verbuchen. Der Rest verzeichne teils drastische Rückgänge, sagt sie nach Rücksprache mit einigen Gastronomien.
„Das Experiment ist gescheitert – mit Ansage“, so Lorenz. Besonders scharf fällt ihr Fazit in Richtung Stadtpolitik aus: „Der Gemeinderat hat mit dieser Entscheidung unserer Stadt schweren Schaden zugefügt.“
Das sagt die City-Managerin
Christine Haus schlendert mit einem Eis in der Hand durch die Innenstadt. „Die Belebung der Innenstadt ist mir sehr wichtig“, sagt sie. „Mein Herz ist bei den Gastronomen. Ich kann ihren Frust gut nachvollziehen.“ Doch gerade in einer Phase der Transformation müsse man gemeinsam agieren, betont sie. „So etwas funktioniert nur im Team – alle Beteiligten müssen an Bord sein.“ Dass einige Gastronomen mit erheblichen Umsatzeinbußen kämpfen, berührt sie spürbar. „Diese Entwicklung macht mir große Sorgen“, sagt sie.

Als erfahrene Innenstadt-Expertin weiß sie: Konzepte wie der Donauquellsommer können funktionieren. Doch für sie ist auch klar: Der Erfolg steht und fällt mit der Umsetzung. „Meine Befürchtung war von Anfang an, dass das Projekt zu kurzfristig kam – und leider hat sich das bestätigt.“ Es brauche nicht nur verkehrslenkende Maßnahmen, sondern auch eine kontinuierliche Bespielung der Innenstadt. Aktionen, Angebote und Ereignisse, die Menschen anziehen und zum Verweilen einladen. „Davon gab es bisher zu wenig. Es ist nicht genügend passiert.“