In Europa landen jedes Jahr Millionen Tonnen Kleidung im Müll – viele Stücke kaum getragen. Für Simone Skopek ist das unverständlich. „Da steckt so viel Qualität und Geschichte drin. Wegwerfen ist keine Lösung“, sagt sie.
In ihrem Secondhand-Laden Second Tschäns im Herzen Donaueschingens setzt sie auf ein anderes Prinzip: weitertragen statt wegwerfen.
Belebung für die Innenstadt
Ihr Laden bringt nicht nur Kleidung zurück in den Kreislauf, sondern auch Leben in die Innenstadt. „Solche kleinen Läden sind wichtig für die Stadt. Sie machen sie bunter und lebendiger“, meint Skopek. Was viele für einen Trend halten, ist für sie längst eine Haltung: Secondhand ist ihre Antwort auf Ressourcenverschwendung, Umweltprobleme und uniforme Massenmode.
„Es läuft gut, die Leute kommen“, sagt sie. „Und das Konzept wird verstanden.“ Sie spricht Menschen an, die bewusster konsumieren – und solche, die Freude am Stöbern, an Unikaten und eigenem Stil haben. Denn Secondhand sei auch ein modisches Statement: gegen Fast Fashion, für Individualität. „Man bleibt einfach bunter, weniger Nullachtfünfzehn“, so Skopek.
Abgabe gegen Verkaufsbeteiligung
Ihr Erfolgsmodell: Kommissionsware. Die Kleidung stammt überwiegend von Kunden, die gut erhaltene Stücke abgeben – gegen eine Verkaufsbeteiligung. Für Skopek ein faires, logisches System.
„Ich bekomme fast alles über Kommission – das funktioniert super.“ Dass sie damit schon im Einklang mit den neuen EU-Vorgaben steht, beruhigt sie zusätzlich, Sorge über die neue Verordnung habe sie nicht.

Denn für Secondhand bedeutet das: Kleidung, die weitergetragen wird, muss gar nicht erst recycelt werden – das spart Energie, Müll und Geld. „Wir verlängern die Lebensdauer – das ist das Nachhaltigste überhaupt.“
„Secondhand ist eine Einstellung“
Trotz der Herausforderungen bleibt Simone Skopek optimistisch. „Secondhand ist mehr als Mode – es ist eine Einstellung.“ In Zeiten knapper Ressourcen und wachsender Konsumkritik wird ihr Laden zum Ort des Umdenkens – und des bewussten Einkaufs.
Die neue EU-Verordnung sieht sie gelassen. „Vielleicht überlegen die Leute künftig mehr, bevor sie etwas kaufen. Weniger Wegwerfmentalität, mehr Nachhaltigkeit.“ Secondhand sei dafür genau der richtige Weg.
Nur eines wünscht sie sich noch mehr: junge Kundschaft. „Da ist noch Luft nach oben“, sagt sie. Gerade die junge Generation sei offen für nachhaltige Konzepte, individuelle Looks und kreative Freiheit. „Secondhand gibt dir so viele Möglichkeiten – ohne dass es die Welt kostet.“
Ihr Wunsch: Dass Secondhand zur Normalität wird. Dass man lieber lokal kauft als anonym im Netz. Und erkennt: Kleidung muss nicht neu sein, um Freude zu machen.
Mehr Kleiderspenden beim DRK
Iris Gähme vom Deutschen Roten Kreuz in Donaueschingen beobachtet seit einiger Zeit einen deutlichen Anstieg an Kleiderspenden bei dem Laden Deutsches Rotes T-Shirt in der Karlstraße.
„Es wird spürbar mehr gebracht – und wir sind froh, dass die Leute gute Sachen geben“, sagt sie. Ihre Spender kommen persönlich vorbei, oft mit dem klaren Wunsch, ihre Kleidung sinnvoll weiterzugeben. „Die Menschen sind offen, und die Qualität ist in der Regel wirklich gut.“

Gerade bei Kinderkleidung sei Secondhand besonders gefragt. „Kinder wachsen schnell – da macht es einfach Sinn, gut erhaltene Kleidung weiterzugeben.“ Aber auch Erwachsene wüssten die Vorteile zunehmend zu schätzen: gute Qualität, niedriger Preis und der Nachhaltigkeitsaspekt.
„Nicht immer nur Neues kaufen – viele sind begeistert, dass Kleidung weitergetragen werden kann.“ Kaputte oder stark verschlissene Stücke würden beim DRK allerdings direkt aussortiert. „Wir nehmen nur, was tragbar ist. Müll bekommen wir zum Glück kaum.“
Zentral für Gähme ist aktuell die neue EU-Verordnung zum Textilrecycling, die 2025 in Kraft getreten ist. Sie verpflichtet alle Mitgliedstaaten dazu, Alttextilien getrennt zu erfassen, damit sie recycelt oder weiterverwendet werden können. „Die Idee dahinter ist gut“, sagt Gähme. „Es geht um mehr Verantwortung, weniger Wegwerfen, mehr Nachhaltigkeit.“
Neue Probleme: Kleider überschwemmen den Markt
Doch mit der Umsetzung kommen neue Probleme: „Die Verordnung sorgt bereits jetzt dafür, dass der Markt überschwemmt wird.“ Immer mehr Kleidung wird aussortiert – doch nicht alles davon ist wiederverwertbar.
Besonders über die Altkleidercontainer gelangen zunehmend beschädigte oder unbrauchbare Textilien in den Kreislauf. „Das ist politisch so gewollt, denn diese Stücke sollen nicht mehr im Restmüll landen“, sagt Gähme.
Trotzdem bleibt sie kritisch: „Die Verordnung fordert ein Umdenken – das ist richtig. Aber sie bringt auch eine riesige Menge zusätzlicher Kleidung in Umlauf, für die es nicht immer eine sinnvolle Weiterverwendung gibt.“ Secondhand sei ein wichtiger Teil der Lösung – aber kein unbegrenztes Auffangbecken.

Auch City-Managerin Christine Haus sieht im Secondhand-Bereich eine echte Bereicherung für Donaueschingen – städtebaulich wie gesellschaftlich. „Ich bin selbst Fan von Secondhand“, sagt sie.
Das Konzept werde gut angenommen und setze ein wichtiges Zeichen gegen den Leerstand in der Innenstadt. Sorge, dass die neue EU-Verordnung dem lokalen Secondhand-Angebot schaden könnte, hat sie nicht: „Das Problem trifft eher große Ketten. Kleine, kreative Läden sind da gut aufgestellt.“