Bleiche Gesichter, blutige Hälse, Vampire, die aus Särgen steigen, Zombies, die zu den Klängen der Backstreet Boys tanzen: Die Narrenzunft Frohsinn zieht beim diesjährigen Zunftball alle Register und nimmt das Motto „Gruselnacht in Hanselvanien“ wörtlich. Mit einer fulminanten Eröffnungsnummer, angelehnt an das Musical „Cabaret“ begrüßen die Tänzerinnen und Sängerinnen in Vampir- und Zombiekluft die rund 800 närrischen Gäste musikalisch: „Wilkommen, Bienvenue zur Gruselnacht in Hanselvanien.“
Zwei Damen kämpfen um die Gunst von Pauly
Doch es wird nicht nur getanzt, gesungen und gegruselt: In kurzweiligen Comedy-Darbietungen nehmen die Laienschauspieler der Narrenzunft Frohsinn das aktuelle Stadtgeschehen aufs Korn.

So entsteigt Ober-Vampir Erik Pauly (Alexander Bertsch) einem Sarg – natürlich auf Geheiß seiner Assistenz-Vampirin Beatrix Grüninger (Martina Dannecker). Doch huch – wer ist denn da im dritten Gästesarg zugegen? Ist das etwa Vampirin Kerstin Tritschler (Luisa Gut)?
„Der Gemeinderat ging gestern etwas länger, deshalb hat Frau Tritschler hier geschlafen. Ich kann sie doch nicht in der dunklen Stadt alleine heimlaufen lassen“, stammelt Pauly, anspielend auf die heiß diskutierte nächtliche Straßenbeleuchtung, welche vorerst nur über die Fasnet und nach einem Antrag von Gemeinderat Niko Reith angeschaltet wurde.
Gruselkabinett der ausgedienten Gemeinderäte
Doch Vampirin Grüninger lässt sich nicht hinter das Licht führen. „Den Erik kannst du küssen, solange du willst, aus dem wird kein Prinz mehr“, blafft sie Tritschler an. Das Publikum johlt und lacht. Und natürlich muss auch noch Mister Nice (nicht zu verwechseln mit Mister Hyde vom gleichnamigen Roman von Robert Louis Stevenson) alias Niko Reith, gespielt von Julian Willmann, mitmischen.

Er präsentiert ein Strategiepapier, wie man die Innenstadt wiederbeleben könnte. Die Lösung liegt doch auf der Hand: „Niko“ steht auf dem Papier geschrieben.
Mister Nice lässt das Publikum noch einen Blick in sein Gruselkabinett werfen: Drei Skelette hängen dort. Das seien, so Mister Nice, ausgediente Gemeinderäte, darunter Martina Wiemer und Konrad Hall, „die einfach nicht totzukriegen sind.“
Parkplatznot und Baustellenchaos
Bei der folgenden Bürgersprechstunde beschwert sich Karin Stocker-Werb vom Friedhof der Kuscheltiere über die Parkplatzsituation in der Innenstadt, „der Nachbar nimmt meinen Kunden den Parkplatz weg“, wohingegen der Gewerbetreibende Karl Biedermann das Baustellenchaos moniert.
Zwei Krämerinnen verkaufen derweil einer Hexe einen Staubsauger (“Besen sind nicht mehr im Trend“) und das DS-Kennzeichen bekommt die Hexe gratis dazu, begleitet von den Kalauern einer sprechenden Puppe (oder ist es ein Zombie?), welche wohl auf Ernährungsfragen spezialisiert ist: „Wie nennt man eine Gruppe demonstrierender Veganer? Gemüseauflauf!“

Nicht fehlen dürfen natürlich „Ignaz und Severin“, alias Markus Kuttruff und Thomas Höfler. „Wahlkampf ist wie Fasnet – nur nicht lustig“, so die Lageeinschätzung der beiden. Und dass Blumenkübel nun den Verkehr regeln an dem Nadelöhr an der Stadtkirche St. Johann – „da hätte man sich doch was Besseres einfallen lassen können“, so Ignaz‘ Meinung.
Vier Stunden Programm
Über vier Stunden bespaßen die Mitglieder der Narrenzunft das Publikum und bietet einen Zunftball auf höchstem Niveau mit allen Raffinessen aus Technik, Kulissen-Baukunst, Kostümvielfalt, Bühnenunterhaltung und Tanz.
Die Laienschauspieler und -tänzer begeistern mit ihren rund 30 Tänzen und Theater-Darbietungen. Fast könnte man meinen, dass sie das ganze Jahr über nichts anderes tun, als auf der Bühne zu stehen.
Doch das Gegenteil ist der Fall, wie Zunftmeister Alexander Dannecker dem SÜDKURIER verrät. „Die Proben gehen erst zur Fasnetzeit los, mehr als ein paar Wochen sind das nicht“, sagt er. Doch er ist hellauf begeistert von dem närrisch-grusligen Ausflug nach Hanselvanien. „Ich würde behaupten, dass das die beste Show aller Zeiten war“, sagt er.