Jeder, der medizinisch verantwortbar eine Spritze halten könne, solle in den nächsten Wochen eine Corona-Impfung geben – das forderte zumindest FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner Ende November. Das Ziel: Die stagnierte Impfkampagne wieder in Fahrt bekommen und mehr Booster-Impfungen während der vierten Welle unters Volk bringen.
Mit „jeder“ meinte Lindner auch Berufsgruppen wie Zahn- oder Tierärzte. Sie verabreichen normalerweise Betäubungen bei Patienten oder Impfungen bei Tieren – nun sollen sie Corona-Vakzine in menschliche Oberarme spritzen. Aber was sagen die Zahn- und Tierärzte aus Donaueschingen zu dem Vorhaben der Politik? Und inwiefern wären Corona-Impfungen ihren Praxen überhaupt machbar?
Zahnarzt: „Gibt im Tagesgeschäft genug zu tun“
Eckhardt Tanner, Zahnarzt in Donaueschingen, hält nichts von dieser Idee der Ampelkoalitionäre. „Ich würde keine Impfungen gegen das Coronavirus in meiner Praxis anbieten“, sagt er. „Es kommt mir ohnehin ein wenig hilflos vor, dass wir nun auch mitimpfen sollen.“ Das Problem: mangelndes Personal und nicht ausreichende Räumlichkeiten. „Außerdem gibt es für mich im Tagesgeschäft genug zu tun“, so der Mediziner.

Der Rahmen ist nicht da
Tanner meint, dass diese Probleme bei vielen seiner Kollegen die Herausforderungen zur Teilnahme an der Impfkampagne seien. Insgesamt könne er nicht einschätzen, wie viele Zahnärzte das überhaupt machen werden. Schließlich seien die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Impfstofflieferung und die digitale Ausstattung dafür noch nicht vorhanden. „Ich kann mir stattdessen vorstellen, dass Zahnärzte dagegen in Impfzentren oder bei mobilen Impfteams mithelfen werden. Aber nicht in den eigenen Arztpraxen.“
Tierarzt: „Humanmediziner sollten diese Aufgabe lieber selber lösen“
Der Donaueschinger Tierarzt Sebastian Dettmer macht sich zu dem Thema Corona-Impfungen „aktuell gar keine Gedanken“, sagt er. Er behandelt hauptsächlich Pferde und Nutztiere und nennt es einen „schrägen Gedanken“, dass die Politik für die Impfkampagne nun eine fachfremde Berufsgruppe hinzuzieht.
Für Dettmer stelle sich in puncto Corona-Impfung vor allem die rechtliche Frage: Was passiert, wenn jemand eine gesundheitliche Reaktion nach einer Impfung zeigt? „Dann könnte er mich verklagen“, sagt Dettmer. Außerdem hätte er im Arbeitsalltag weder Zeit für Impfungen noch die Möglichkeiten, einen Corona-Impfstoff angemessen zu lagern.
Das sagen die Berufsverbände
Er verweist darauf, dass der Bundesverband praktizierender Tierärzte bereits Anfang dieses Jahres seine Hilfe bei Corona-Impfungen angeboten hatte. „Uns Tierärzte hat bisher aber keiner zu diesem Thema angefragt“, sagt er. Dettmer glaubt daher auch nicht, dass künftig Impfwillige in Tierarztpraxen ihre Immunisierung erhalten. „Ich denke, dass die Humanmediziner diese Aufgabe lieber selber lösen sollten.“
„Habe mein ganzes Leben lang keine Menschen behandelt“
Ähnlich äußert sich auch der Donaueschinger Tierarzt Roland Dillmann zu dem Gedanken, dass nun auch Tierärzte impfen sollen. Er sagt: „Ich finde das seltsam, das kann ich nicht verstehen.“ Theoretisch sei es zwar möglich, dass Tierärzte Menschen impfen. „Es gibt aber auch genügend andere, die das machen könnten: Krankenpfleger, Hausärzte oder Medizinstudenten“, zählt er auf.
„Wir sind selbst genügend überlastet und haben für Impfungen auch gar keine räumlichen Möglichkeiten.“ Dillmann habe täglich 40 bis 50 Termine, sagt er. „Da ist es nicht möglich, auch noch Menschen zu behandeln.“ Das Wartezimmer und die anderen Räumlichkeiten würden dafür nicht ausreichen. Auch die Zeit für Registrierung, Vorgespräch, Impfung und anschließende Überwachung habe man nicht, sagt der Tierarzt. „Ich habe mein ganzes Leben lang keine Menschen behandelt, so soll es auch bleiben.“