Seit knapp eineinhalb Monaten gilt die neue EU-Kennzeichnungspflicht für Frischfleisch in Läden und auf dem Markt. Was bedeutet das für Metzgereien und Kunden in der Region?

„Für uns sind die neuen Regeln nicht neu“, sagt Gabriele Schulz von der Metzgerei Martin in Donaueschingen. „Wir haben vor drei Jahren das Angebot umgestellt und uns einen Produzenten gesucht, der die erforderlichen Kriterien erfüllt. Daher arbeiten wir exklusiv mit der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall zusammen“, so Gabriele Schulz. „Bei Fleisch und Wurst können wir bis zur Herkunft alles nachweisen.“

Immer mehr Kunden legen Wert darauf zu wissen, woher das Fleisch und die Wurstangebote kommen, wie dort mit Tieren umgegangen wurde und ob auch klimarelevante Richtlinien eingehalten werden. Wer kann, bezahlt auch mehr für die Produkte.

Neue Vorgaben schon lange Standard

Auch Martina Holwegler, Chefin der gleichnamigen Metzgerei, ist für die Kennzeichnung und für Transparenz gegenüber den Kunden. Die Kunden werden über einen Aushang über neue Richtlinien informiert oder werden durch geschultes Fachpersonal auf Nachfrage informiert.

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„Wir haben es in der Hand, wie es gemacht wird, das ist die Firmenphilosophie seit fast 130 Jahren“, sagt Martina Holwegler. Das bedeutet ein eigenes Schlachthaus zu betreiben, das dazu auch von anderen Metzgerkollegen genutzt werden kann.

Das bedeutet aber auch zu wissen, woher die Tiere kommen. „Wir wissen, wo die Tiere geboren werden, wie sie aufgewachsen sind und die Schlachtung und Zerlegung übernehmen wir selbst“, erläutert sie. „Alles, was in den neuen Regeln gefordert wird, ist bei uns schon traditionell der Standard und deckt die Ansprüche unserer Kunden.“

Das sagt der Verbraucherschutz

Das positive Bild, das gezeichnet wird, kann jedoch von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht geteilt werden. Vanessa Schifano ist dort Abteilungsleiterin für Lebensmittel und Ernährung: „Wir haben uns die Umsetzung mal in einer kleineren Stichprobe angeschaut. In keiner der drei besuchten Metzgereien in Stuttgart Mitte war die neue Pflichtkennzeichnung zur Herkunft vorhanden.“

So müsse etwa ausgezeichnet sein, dass ein Tier in Deutschland aufgezogen und auch geschlachtet wurde – „nur die Angabe Deutschland reicht nicht“. Es gebe viele Flyer, die über dies und jenes informieren, die Pflichtkennzeichnung sei bei genauem Hinsehen aber nicht vorhanden.

Bei den Frischetheken größerer Märkte ergebe sich ein gemischtes Bild: „Dort werden oft viele Produkte einer Fleischart mit der gleichen Herkunft angeboten. Dann ist es möglich, auf einem Aushang die häufigste Herkunft für eine Fleischart anzugeben.“ Etwa: Tiere für unser Schweinefleisch wurden in Deutschland aufgezogen und geschlachtet.

„Abweichungen davon sind am Produkt zu kennzeichnen“, so Schifano weiter. Sind dann nicht alle Abweichungen am Produkt gekennzeichnet, wie die Verbraucherzentrale von einer Mitarbeiterin erfuhr, ist für Verbraucher nicht nachvollziehbar, für welche Produkte diese allgemeine Information jetzt gilt.

Umsetzung holprig bis gar nicht

Die Stichprobe der Verbraucherzentrale habe ergeben, dass die Umsetzung der Herkunftskennzeichnung holprig bis gar nicht laufe. Für Verbraucher, die regionale Fleischprodukte kaufen wollen, reiche die Herkunftskennzeichnung auf Länderebene zudem nicht aus. Sie bräuchten genauere Angaben wie das Bundesland oder den Landkreis, aus dem das Tier stammt. Ein weiterer Kritikpunkt der Verbraucherzentrale: verarbeitete Produkte wie Schinken und Wurst sind von der Herkunftskennzeichnung nicht betroffen.

Das sagen die Kunden

Sonja und Roland Volk sind schon lange Stammkunden der Metzgerei Holwegler. Ihnen ist es wichtig, „zu wissen, woher die Tiere kommen und zu wissen, wie mit den Tieren umgegangen wird“, sagt Sonja Volk.

„Kunden sollten bestmöglich darüber informiert sein, dort wo sie ihr Fleisch kaufen“, ergänzt Roland Volk. Etwas teurer, aber dafür mehr Qualität.

Sonja und Roland Volk sind kaufen seit Jahren bei der Metzgerei Holwegler ein: „Weil wir dann wissen, wo das Tier herkommt und wie ...
Sonja und Roland Volk sind kaufen seit Jahren bei der Metzgerei Holwegler ein: „Weil wir dann wissen, wo das Tier herkommt und wie damit umgegangen wird.“ | Bild: Johann Müller-Albrecht

Martina Holwegler und Gabriele Schulz weisen beide darauf hin, dass es im Fleisch- und Wurstangebot ein „Nord-Süd-Gefälle“ in Deutschland gebe.

Je weiter südlich man komme, umso mehr stünden Handwerk, Qualität und Tierwohl im Vordergrund, was von den Kunden sowohl erwartet als auch anerkannt werde.

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Man muss nicht jeden Tag Fleisch essen

Die neuen Richtlinien der Kennzeichnung sind ein spät erfolgter politischer Schritt, um den Missständen in Großschlachtereien einen Riegel vorzuschieben. Auch auf dem Donaueschinger Wochenmarkt vertreten die Anbieter und Kunden dieselben Ansichten.

„Wir kaufen schon seit langer Zeit fast wöchentlich am Stand der Hofmetzgerei Laufer, weil uns die Qualität des Angebots überzeugt hat“, sagt Kunde Heinrich Fottner. Seine Frau Marianne Fottner ergänzt: „Auch wenn es etwas teurer sein mag, ist es uns das doch wert. Man muss ja nicht jeden Tag Wurst und Fleisch essen.“

Marianne und Heinrich Fottner sind Stammkunden der Hofmetzgerei Laufer auf dem Donaueschinger Wochenmarkt. Sie sind von der Qualität des ...
Marianne und Heinrich Fottner sind Stammkunden der Hofmetzgerei Laufer auf dem Donaueschinger Wochenmarkt. Sie sind von der Qualität des Angebots überzeugt. | Bild: Johann Müller-Albrecht

Birgit Gänsler, die schon seit Jahren den Verkaufsstand von Laufer auf dem Markt in Donaueschingen betreut, kennt die meisten ihrer Kunden beim Namen. „Sie kommen zu uns, weil wir die gesamte Nahrungskette abdecken. Es sind unsere Tiere, die wir selber füttern und schlachten. Und wir produzieren das Angebot für den Verkauf. Besser kann man es nicht machen“, sagt sie und die Kunden in der Warteschlange stimmen ihr unisono zu.

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Die neuen Regeln der Kennzeichnung werden für gut gehalten, weil sie die Transparenz von Herkunft und Herstellung zum Kunden bringen. Doch in der Region sind diese Regeln keine neuen, weil im lokalen Metzgerhandwerk schon immer so gearbeitet wird. Wäre das nicht der angebotene Standard, würden die Kunden sofort darauf reagieren und woanders einkaufen.