Wenn Furtwangens Feuerwehr-Stadtkommandant Jürgen Scherzinger mit seinen Mannen zum Einsatz fährt, sollten diese willkommen sein. Sollte man meinen. Die Wirklichkeit sieht manchmal anders aus. Und das immer öfter, wie Scherzinger im Gespräch berichtet.
Neulich in Furtwangen. Wegen eines Defektes an einem Fahrzeug ist eine Straße mit Öl verschmiert. Die Feuerwehr muss ausrücken. Das Öl darf auf keinen Fall in die Kanalisation gelangen, weil es dann umgehend in die Breg fließt und ein Fischsterben auslösen kann. Ein spezielles Bindepulver wird verstreut und dann zusammengefegt. Damit die Straße gereinigt werden kann, muss sie für eine Weile gesperrt werden. Das gefällt nicht jedem Autofahrer. „Einer hat uns sogar als Wichtigtuer beschimpft“, berichtet Scherzinger.
Ein paar Tage später. „Betriebsunfall“ lautet das Alarmstichwort, das die Wehrleute erreicht. Man rückt aus, will helfen. Glücklicherweise nichts Schlimmes, aber der Inhaber der Firma ist alles andere als erfreut, in vorwurfsvollem Ton will er wissen, warum die Wehr vor Ort ist.
Einzelfälle? „Leider nicht mehr. Wir beobachten seit Jahren eine Zunahme von Aggressivität und Feindseligkeit gegenüber unseren Kameraden“, sagt Scherzinger. Auch die anderen Rettungsdienste wie Rotes Kreuz und Bergwacht machen ähnliche Erfahrungen, wie er weiß. Ob er eine Erklärung dazu hat? „Ich denke, vielen Menschen fehlt das Wissen, dass wir das freiwillig tun. Die Kameraden lassen ihre Familien alleine, begeben sich manchmal sogar in Gefahr und müssen sich dann vor Ort anpöbeln lassen.“
Auf dem Land mehr Nachbarschaft
Scherzinger sieht Unterschiede zwischen Stadt und Land. „So etwas würde es in den kleinen Ortsteilen nicht geben“, ist er sich sicher. „Dort gibt es viel mehr Nachbarschaft, die Feuerwehr ist tief verwurzelt, man kennt und hilft sich. In der Stadt ist das oft etwas anderes.“
In diesem Umfeld ist es schwerer geworden, Nachwuchs zu gewinnen. „Wir sind keine Berufsfeuerwehr. Wir sind alle berufstätig und machen viel in der Freizeit“, betont Scherzinger. Denn neben den klassischen Einsätzen gibt es auch Proben, Lehrgänge und Dienstleistungen wie Absperrdienste bei städtischen Veranstaltungen. Und die Einsatzzahlen steigen. „Haben wir früher so um die 70 Einsätze im Jahr gezählt, so sind es jetzt um die 130“, so Scherzinger. Es gibt Wochen, in denen die Wehr bis zu drei mal ausrückt. 55 Aktive zählt die Stadtfeuerwehr, die Gesamtwehr mit den Ortsteilen umfasst rund 150 Personen.
Ein Rezept gegen dieses gesellschaftliche Phänomen hat Scherzinger nicht und verweist darauf, dass es Feindseligkeiten gegen Rettungskräfte und Polizisten bundesweit mit steigender Tendenz gibt, ja sogar körperliche Angriffe. Helfen könnte mehr Aufklärung über die Arbeit der Wehr. So will man zum Beispiel beim nächsten Floriansfest für sich und die gute Sache werben.