Furtwangen/Raumschaft Triberg Seit Jahren hat die Kirche mit Austritten zu kämpfen – sowohl die katholische als auch die evangelische. Für manche Pfarrhäuser bedeutet dies das Aus, andere bemühen sich, attraktiv zu bleiben. Wie sieht es im Oberen Bregtal und in der Raumschaft aus?
Bleibe ich in der Kirche oder trete ich aus? Das ist eine Frage, die sich viele Christen stellen. Missbrauchsvorwürfe und -fälle sind nicht totzuschweigen, ebenso ist die Kirchensteuer je nach Einkommen auch nicht gerade gering. Dennoch gibt es für viele einen überwiegenden Grund, Teil der Institution zu bleiben – den Glauben, der miteinander verbindet. Wie die katholische und die evangelische Kirche im Oberen Bregtal Austritte wahrnehmen und wie sie ihre langfristigen Positionen einschätzen, erzählen Markus Ockert, evangelischer Pfarrer, und Harald Bethäuser, katholischer Pfarrer.
Seit Jahren ist bekannt, dass die evangelische und die katholische Kirche mit Austritten zu kämpfen haben. Viele Pfarrhäuser können sich den Erhalt ihrer Einrichtungen nicht mehr leisten. Auch in Gütenbach musste vor rund fünf Jahren die evangelische Kirche schließen. Ockert, evangelischer Pfarrer der Raumschaft Furtwangen und Triberg, bewahrt eher eine neutrale Haltung den Austritten gegenüber. „Nach Corona kam ein Schub und viele Menschen sind ausgetreten. Das hat sich im Laufe der letzten Jahre allerdings wieder eingependelt und wir haben wieder normale Besucherzahlen“, nimmt er Stellung. „Die Beteiligung an den Gottesdiensten ist sehr unterschiedlich. Mal sind eher weniger Leute da als erwartet, mal viel mehr. Am Ostermontag hätte ich zum Beispiel nie mit so vielen Besuchern gerechnet, es waren mehr als 50 Leute vor Ort“, berichtet der Pfarrer.
Vor etwa zwei Jahren gab es einen Beschluss darüber, welche evangelischen Kircheneinrichtungen erhalten bleiben. Ob der Erhalt gefährdet ist oder nicht, wurde hierbei in ein Ampelsystem unterteilt. Die evangelische Kirche in Schonach wurde beispielsweise vor zwei Jahren auf Rot gestellt, demnach erhält sie keine Förderungen und Darlehen mehr von der Landeskirche und sie finanziert sich durch Spenden. Schönwald und Vöhrenbach stehen auf Gelb und können somit Darlehen anfordern und auch erhalten. Furtwangen und Triberg haben laut Ockert nichts zu befürchten – sie stehen auf Grün. Um sich unter den Pfarrgemeinden gegenseitig zu stärken, wurden sogenannte Kooperationsräume in Villingen-Schwenningen eingerichtet. Ocker berichtet, dass man sich dort mit umliegenden Kirchenhäusern austauscht und unterstützt, wo Not am Mann ist.
Der katholische Pfarrer Harald Bethäuser hält die Gründe, auszutreten, für valide. „Die Austritte schmerzen sehr. Missbrauch finde ich auch bedenklich. Ich selber finde auch, dass das Glaubenswasser niedriger wurde. Der Glauben der Katholiken ist im Allgemeinen rückläufig“, meint der Pfarrer. Auf die Raumschaft Furtwangen bezogen findet er jedoch, dass hier der Glaube noch von großer Bedeutung ist. Viele lassen ihr Kind taufen, segnen oder kommen zu persönlichen Gesprächen, erzählt er: „Die Kirche lebt von den Menschen, die in ihr arbeiten – und die sind noch da.“ Bethäuser ist auch zufrieden mit den Besucherzahlen – zwischen 120 bis 150 Menschen besuchen jeden Sonntag seine Messen, sagt er. Zu den treuen Kirchengängern gehören vor allem auch ausländische beziehungsweise zugezogene Studenten der Hochschule in Furtwangen.
„Der Ablauf einer Messe ist in den meisten Ländern gleich und vertraut, das gibt vielen Halt. Viele Studenten erzählen mir, dass ihnen die Kirche ein Gefühl von Heimat gibt“, berichtet Bethäuser. Attraktiv bleibt der Glaube bei jungen Menschen auch durch den katholischen Jugendverband. Dieser wurde vor wenigen Jahren neu erweckt.