Immendingen/Geisingen – Nach nahezu 220 Jahren ist der Wolf wieder auf die Baar zurückgekehrt. Der letzte Wolf der Baar wurde im Jahr 1805 in Immendingen erlegt. Ein Blick ins Archiv erzählt die Geschichte.
Nach den Aufzeichnungen im Fürstenbergischen Archiv tauchte nach langer Pause im März des Jahres 1805 nochmals ein Wolf auf, der in der Nähe des bei Donaueschingen gelegenen Fischerhofes einen Hund und ein Schaf riss. Er konnte zunächst nicht dingfest gemacht werden. In der Nacht vom 21. auf 22. Dezember brach er in einen Schafpferch ein und tötete 16 Schafe und Lämmer. Trotz der im Schnee hinterlassenen Spuren wurde er zunächst vergeblich bejagt, bis es am 27. Dezember gelang, ihn in den Immendinger Bergen einzukreisen.
Unter Aufgebot einer Treiberwehr brachte man ihn vor die Schützen. Überliefert ist, dass das Tier von dem fürstlichen Hofkandidaten Karl Megerle erlegt wurde. Der erlegte Wolf war männlichen Geschlechts. Sein Alter wurde auf acht bis zehn Jahre geschätzt. Er wog unaufgebrochen 51 Kilogramm. Die Freude über den Jagderfolg war so groß, dass die Wolfsjäger bei ihrer Rückkunft nach Donaueschingen in feierlichem Zug von der fürstlichen Musik unter Begleitung des Bürgermeisters und des Militärs eingeholt wurden.
In den Akten des Fürstlichen Archivs wird über das Vorkommen des Wolfes erstmals zu Beginn des 16. Jahrhunderts berichtet. Er war wegen der gerissenen Tiere der Schrecken der Landbevölkerung und fügte auch dem Wildbestand großen Schaden zu, wie sich aus einem Notizbuch eines damaligen fürstlichen Jägers aus den Jahren 1582 bis 1590 ergibt. Dagegen setzte man sich zur Wehr. In der 1540 erlassenen „Wartenbergischen Wolfsordnung“ sollte, sobald sich ein Wolf zeigte, von Dorf zu Dorf mit der kleinen Kirchenglocke durch drei Schläge das Alarmzeichen gegeben werden. In jedem Dorf gab es Leute, die große Hunde halten mussten. Diese brachen bei Alarm mit ihren Hunden sofort zu einem Sammelpunkt auf und hatten die jagdlichen Anweisungen des fürstlichen Forstmeisters zu befolgen.
Ferner wurden Fanggruben für Wölfe oder sogenannte Wolfsgärten angelegt, an die noch Flurnamen erinnern, wie „Wolfhag“ in Gutmadingen. In die Umzäunung wurde ein Schaf oder eine Ziege gebracht. Neben der Öffnung stand ein heizbares Wärterhäuschen, in dem rund um die Uhr bis zu drei Mann warten mussten, bis ein Wolf eindrang, um dann die Öffnung zu verschließen und das Tier zur Strecke zu bringen. Während des 30-jährigen Krieges hatten die Wölfe stark zugenommen. Im 18. Jahrhundert ging die Population allmählich zurück. Wegen eines 1787 aufgespürten Wolfes veranstaltete die fürstliche Verwaltung eine große Treibjagd mit 22 Schützen und 100 Treibern.
Der Wolf in der Region
- Wildtierkameras haben inzwischen auf Gemarkung Donaueschingen und im Gebiet von Geisingen, da gleich dreimal, einen Wolf aufgenommen. Die Fachleute der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg sehen die Fotos als Bestätigung eines sicheren Wolfsnachweises und gehen davon aus, dass es sich um ein und dasselbe Tier, einen Rüden, handelt. Ob dieser sich noch in dem Raum aufhält oder weitergewandert ist, weiß man nicht. Die Möglichkeit, dass der Rüde hier sesshaft wird, besteht allerdings durchaus.
- Tierhalter sehen Wolfssichtungen mit großer Sorge, da von ihm Nutztiere gerissen werden. In weiser Voraussicht hat die Familie Frank-Elsässer vom Hof Immensitz den ersten Wolfschutzzaun im Landkreis Tuttlingen installiert, zum Schutz ihrer Kühe und Kälber auf der Weide.
- Hauptbeute von Wölfen sind zumeist mittelgroße Huftiere. Wölfe leben in der Regel in Familienverbänden, umgangssprachlich Rudel genannt. Ursprünglich weit verbreitet, wurde die Art im 19. Jahrhundert in nahezu allen Regionen vor allem durch menschliche Bejagung stark dezimiert, in West- und Mitteleuropa fast vollständig ausgerottet. Seit Ende des 20. Jahrhunderts steht der Wolf unter internationalem Schutz.
- Ein Wurf von Wölfen umfasst vier bis sechs Welpen. Wölfe werden nach zwei Jahren geschlechtsreif. In der freien Wildbahn lebende Tiere werden zehn bis 13 Jahre alt. Der Wolf spielt in den Mythologien, Sagen und Märchen vieler Völker eine große Rolle. Wölfe sind scheu. Sie meiden den Menschen in aller Regel. Es ist sehr selten, dass ein Mensch von den Tieren angefallen wird. (wf)