Lutz Rademacher

Noch drei Übungsabende, dann ist Schluss. Im kommenden Jahr gehört der Hüfinger Behindertensportverein dann der Geschichte an. Zur offiziellen Auflösungsversammlung in der „Ratsstube“ erschienen alle verbliebenen 31 Mitglieder, viele im betagten Alter, vollzählig. Dabei hatte der Vorsitzende Karl-Josef Hirt noch bis zum 20. September gehofft, diesen Schritt abwenden zu können.

Die 91-jährige Agathe Dury war von Anfang an dabei und ist das letzte Gründungsmitglied des 1972 als Versehrtensportgruppe gegründeten ...
Die 91-jährige Agathe Dury war von Anfang an dabei und ist das letzte Gründungsmitglied des 1972 als Versehrtensportgruppe gegründeten Hüfinger Behindertensportvereins. Links Übungsleiter Rolf Stehle, rechts der Vorsitzende Karl-Josef Hirt. | Bild: Lutz Rademacher

Erst vor fünf Jahren hatte der Fachangestellte für Bäderbetriebe den Verein mit weiteren neuen Vorstandsmitgliedern übernommen. Doch 2017 kündigte die Stadt Hüfingen mit der Streichung von Warmbadetagen im Rahmen von Sparmaßnahmen den Vertrag, der dem Verein am Donnerstagabend eine Wassertemperatur von 30 Grad garantierte. Die meist älteren Mitglieder des Behindertensportvereins, die bei der gesundheitsfördernden Wassergymnastik zum großen Teil im Wasser stehen, mussten nach einer Testphase feststellen, dass die nun generell eingestellten 28 Grad zu kalt waren. Die Alternative war eine Preiserhöhung von 67 auf 117 Euro pro Abend, die der Verein schließlich akzeptierte.

Die Auflösungsversammlung des Behindertensportvereins Hüfingen in der „Ratsstube“.
Die Auflösungsversammlung des Behindertensportvereins Hüfingen in der „Ratsstube“. | Bild: Lutz Rademacher

Ein neuer Vertrag wurde geschlossen, die Mitgliedsbeiträge sowie der Eigenanteil am Übungsabend wurden moderat erhöht. Ein Ausweichen in die Mediclin-Klinik in Donaueschingen war kurz diskutiert und dann verworfen worden, kostete den Verein aber einige Mitglieder. Und der Vorsitzende Karl-Josef Hirt, gleichzeitig von der Stadt Hüfingen im Bad beschäftigt, geriet im Laufe der Diskussionen zunehmend in Interessenskonflikte.

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So kündigte er im Februar 2019 seinen Rückzug an, gab dem Verein aber noch ein Jahr Zeit, einen Nachfolger zu finden. In einer außerordentlichen Versammlung am 20. September hatte er noch einmal jeden Einzelnen nach der Bereitschaft gefragt, den Posten des Vorsitzenden zu übernehmen. Leider wollte niemand den Posten übernehmen. Es ist natürlich auch ein schwieriges Unterfangen, weil der Altersdurchschnitt der Mitglieder deutlich über 70 Jahren liegt. Der begleitende Arzt war Ende 2018 abgesprungen.

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Eine weitere Herausforderung ist der Übungsleiter. Ohne diesen gibt es keine Zuschüsse vom Verband. Und ohne diese Zuschüsse wären die Übungsabende nicht mehr bezahlbar. Rolf Stehle hatte die entsprechende zweijährige Ausbildung 1995 zum staatlich geprüften Fachübungsleiter für Rehasport absolviert und ist bis heute Übungsleiter. Das habe er mit Begeisterung gemacht. Doch sei er auch älter geworden und irgendwann sei man ausgelaugt. Leider, so Stehle, sei keiner da, der jünger ist und bereit sei, diese Ausbildung zu absolvieren. Seit er 16 Jahre ist, sei er im Ehrenamt tätig und er denke nun auch ans Aufhören. „Es geht einfach nicht mehr“, so Stehle.

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Am 20.September hatte die Mehrheit der anwesenden Mitglieder realisieren müssen, dass ein Weiterbestehen des Vereins unter diesen Umständen perspektivlos ist – und somit für eine Auflösung gestimmt. So wurde der Nutzungsvertrag mit der Stadt fristgerecht auf Jahresende gekündigt. Für das letzte Quartal 2019 wird kein Eintritt mehr verlangt. Die Kasse wird aufgelöst, das Restvermögen fließt an den Badischen Behinderten- und Rehabilitionssportverband.

In einer abschließenden erregten Diskussion machte vor allem deutliche Kritik an der Stadt Hüfingen die Runde. Kommentare wie „Die Stadt hat uns alte Leute rausgegrault“ oder „Die Stadt wollte uns loshaben“ machten die Runde. Annemarie Dannecker erinnerte an den Tischtennisverein, der im Winter friert, da tue sich auch nichts. „Viele kleine Dinge haben dazu geführt, dass der Verein nicht mehr existieren kann“, kommentierte die zweite Vorsitzende Christiane Müller.