Das eigene Haus soll solide sein, klar. Es soll dicht sein und natürlich auch den optischen Ansprüchen des Bauherrn entsprechen. Was allerdings auch immer wichtiger wird: Aus welchem Material das Gebäude gebaut wird. Immer beliebter dabei: nachhaltige Baustoffe, wie etwa Stroh.
Kann ein Haus aus Stroh schön sein?
Aber bleibt bei entsprechenden Projekten die Optik nicht etwas zurück, kann ein Haus aus Stroh tatsächlich auch optisch ansprechend errichtet werden? Dass das der Fall ist, hat ein Gebäude des Mundelfinger Architekten Otto Merz eindrücklich bewiesen. Für ein aus Stroh und Lehm errichtetes Einfamilienhaus gab es im Bereich Wohnungsbau beim Holzbauplus-Wettbewerb den ersten Preis, Merz erhielt eine Auszeichnung für die Planung. Dieser Wettbewerb des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft prämiert innovatives Bauen mit Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen.
"Es soll herausragende Beispiele zeigen, die etwa CO²-mindernd, energiesparend aber dennoch mit einer ansprechenden Ästhetik ausgestattet sind", so Merz. Das negative Bild von Ökohäusern solle verschwinden. "Alle prämierten Bauprojekte zeigen: Bauen mit Holz ist angewandter Klimaschutz, Bauen mit Holz ist die Zukunft. Und genau das müssen wir stärker kommunizieren", sagte Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei der Preisverleihung.

Bauherren fühlen sich wohl
Aus 137 Einreichungen ging dabei auch das Projekt in Wurmlingen als Sieger hervor: "Das Projekt war ein Einfamilienhaus in Wurmlingen, das zu 90 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen besteht", erklärt der Mundelfinger Architekt. Unvermeidbar sei es, Beton in der Gründung zu benutzen, ansonsten bestehe das Gebäude aus Holz, Lehm, Stroh und Glas. Die beiden Bauherren, Daniel und Stefanie Müller, fühlen sich in ihrem Eigenheim "sehr wohl". Der Zufall habe sie zu dieser Bauweise geführt: "Wir haben lange gesucht und wollten keinen Vollwärmeschutz aus Styropor. Zudem gab es in der alten Wohnung, wo wir zur Miete lebten, Probleme mit Schimmel." Im Internet sei das Paar schließlich auf Otto Merz gestoßen, der sie überzeugen konnten. "Ohne ihn hätten wir es vermutlich anders gemacht", sagt Müller.

Wand aus Strohballen
"Strohballen als Wandbaustoff zu benutzen ist schon etwas besonderes", sagt Merz. Innen werde es mit Lehm verputzt, außen gebe es eine Holzwand. "Ausschlaggebender Punkt ist das Raumklima, das ist unübertrefflich. Wenn ich ein solches Haus betrete, fühle ich mich sofort wohl. Das muss man spüren", sagt der Architekt. Es sei mittlerweile das zehnte Strohballenhaus in zehn Jahren, das er geplant habe.
Doch was sind die Vorteile eines solchen Gebäudes?
"Der ökologische Fußabdruck ist beim Bauen sehr gering. Es entsteht kaum graue Energie", so Merz. Graue Energie, das ist jene Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung und Verlauf eines Produktes notwendig ist. Zudem sei das Stroh unbehandelt und in der Anschaffung billiger als viele vergleichbare Baustoffe. Und das solche Häuser auch dem Zahn der Zeit widerstehen, es gibt historische Beispiele dafür: "Das geht dann wie mit den Lehmbauten im Jemen und überdauert die Jahre. Lehm hat eine konservierende Wirkung", erklärt Merz. Er könne viel Feuchtigkeit aufnehmen und nach draußen freigeben. Das Stroh werde geschützt, das Holz werde dadurch so trocken, dass holzzerstörenden Organismen keine Grundlage gegeben werde. "Umgekehrt ist die Katastrophe natürlich perfekt, wenn Wasser eindringt."
Preislich befindet sich ein Holzhaus etwa im gleichen Segment wie ein reines Holzgebäude: "Strohballen-Bauherren haben kein klassisches Gewerk. Die machen das meistens selbst. In zwei Wochenenden sind die Ballen zwischen den Wänden", sagt Merz.
Stroh als Baumaterial wurde erst mit Erfindung der Ballenpresse besonders interessant. Dann konnte es effizienter verdichtet werden: Erste Bauten entstanden im 19 Jahrhundert, nach Erfindung der dampfgetriebenen Strohballenpresse im US-Bundesstaat Nebraska, einem holzarmen Gebiet mit zahlreichen, großen Getreidefeldern.
Holzbau beliebter
Der Baustoff Holz erlebt derzeit eine Renaissance: Während zu Beginn der Neunzigerjahre lediglich sechs Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser in Holzbauweise errichtet wurden, hat sich ihr Anteil in den vergangenen 25 Jahren auf rund 18 Prozent verdreifacht. Die Resonanz auf den Wettbewerb spiegelt diese Entwicklung wider. Insgesamt 137 Projekte wurden eingereicht. Aus den Einreichungen wählte eine unabhängige Wettbewerbsjury unter dem Vorsitz des Architekten Frank Lattke die Preisträger aus. Sie erhalten ein Preisgeld von insgesamt 50 000 Euro.