Hüfingen bangt um drei Millionen Euro, die die Stadt bei der Greensill-Bank angelegt hat. Die Stadträte wussten scheinbar nichts davon und haben erst vergangenen Donnerstag in der nichtöffentlichen Sitzung davon erfahren.
Das sagt die CDU:
„Das war schon ein schwerer Schlag ins Kontor. Wir waren alle sehr geschockt, als wir das erfahren haben“, sagt CDU-Fraktionssprecher Christof Faller. Um die Sache weiter zu beurteilen, bräuchte er allerdings noch mehr Informationen. Der Gemeinderat habe Richtlinien aufgestellt, wo und wie die Stadt ihr Geld anlegen darf. Wären diese befolgt worden, könne man nichts machen.
„Ich will jetzt niemanden vorverurteilen“, so Faller. Es sei auch klar, je mehr Zinsen man wolle, um so mehr Risiko sei verbunden. „Aber als Privatmann kann ich da anders handeln. Bei einer Stadt ist es ja nicht das eigene Geld“, so der CDU-Chef. Geschockt ist er, sauer aber nicht. „Wenn ich nicht weiß, ob daran jemand Schuld trägt, dann kann ich auf niemanden sauer sein. Und wenn ich auf jemanden sauer bin, dann ändert das auch nichts.“
Allerdings hat Faller wenig Hoffnung, dass Hüfingen wieder an die drei Millionen herankommt. „Das Geld wird zum größten Teil alles weg sein und damit müssen wir uns abfinden.“ Allerdings sei es schon ein herber Schlag, den die Stadträte erst einmal verdauen müssen.
Das sagt die SPD
„Klar ist: Eine Anlage über drei Millionen Euro darf nur in gemeinsamer Verantwortung vom Bürgermeister und vom Kämmerer getroffen werden“, sagt die SPD-Fraktionssprecherin Kerstin Skodell und fügt hinzu: „Klar ist: Geldanlagen in dieser Höhe dürfen nicht ohne vorherige Überprüfung der Bank entschieden werden.“ Und die Greensill-Bank habe zu dem Zeitpunkt, wo Hüfingen die Geldanlage getätigt habe, nicht mehr über ein A-Rating verfügt, wie es die Regeln fordern, sondern habe ein B-Rating gehabt. „Das ist ein grob fahrlässiges Verhalten, wie da mit Bürgergeldern umgegangen wurde“, sagt Skodell.
Wenigsten die Fraktionsvorsitzenden hätten in einer kurzfristig einberufenen Sitzung mit einbezogen werden müssen. Doch sie versichert: Der Gemeinderat habe über dieses Vorgehen keine Information gehabt und habe erst am Donnerstag erfahren, dass Hüfingen bei der Greensill-Bank Geld angelegt habe. Die SPD-Fraktion habe im Zuge der Haushalts-Konsolidierungen bei Bürgermeister Michael Kollmeier im März einen aktuellen Stand der Liquidität und Geldanlagen angefordert. Diese Liste sei den Gemeinderäten auch zur Verfügung gestellt worden. Allerdings wären darauf die Anlagengeschäfte der Greensill Bank nicht aufgeführt. „Wir wurden da als Gemeinderat hinters Licht geführt. Unser Vertrauen in die Verwaltung, explizit des Bürgermeisters, ist gebrochen.“
Der Gemeinderat habe im Januar noch den Auftrag bekommen, Einsparungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Auf der anderen Seite würden drei Millionen Euro Geldanlagen dem Rat vorenthalten. „Das ist unglaublich“, sagt Skodell.
Ihrer Meinung nach wäre es angebrachter gewesen, sich in dieser Situation mit dem Gemeinderat grundsätzlich über rentable Investitionen zu unterhalten und nicht über Streichungen von acht Betreuungsstunden in der Schule, oder die Kürzung der Arbeitsstunden im Jugendreferat. „Da schiebt der Bürgermeister lieber ohne Absprache mit dem Gemeinderat drei Millionen Euro in eine unsichere Bank, um einen Kleckerbetrag von Strafzinsen zu ‚sparen‘.“
Das sagen FDP/FW
„Das ist eine schwierige Situation“, sagt Adolf Baumann, FDP/FW-Fraktionssprecher, der „kräftig zu schlucken“, hatte, als er vergangenen Donnerstag über die Anlage der Stadt Hüfingen informiert worden ist. Das Geld sei falsch angelegt worden. „Die Verwaltung hat sich einfach täuschen lassen. Aber sie sind in guter Gesellschaft, denn es haben sich viele anderen auch täuschen lassen und im Nachhinein ist man immer schlauer.“
Einfacher mache das die Situation aber nicht und es gebe noch viele offene Fragen. Klar sei allerdings: Die Stadt habe ein Regelwerk, wie das Geld angelegt werden darf. „Ich will jetzt aber nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen“, so der FDP/FW-Fraktionssprecher. Erst müssten die Fakten zusammengetragen werden. Dann stünde eine Analyse des Ganzen an. Und abschließend müsste man dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommen kann.
Vieles hätte man mit den drei Millionen Euro machen können – beispielsweise die Kindergartengebühren für zwei oder drei Jahre erlassen oder das Aquari für eine gewisse Zeit ohne Eintritt zu betreiben. „Das tut richtig weh und das wird der Verwaltung und dem Gemeinderat noch eine ganze Zeit nachhängen.“
Das sagen BFSO/Grüne:
„Unsere Fraktion ist fassungslos, sprachlos und ziemlich sauer“, sagt BFSO/Grünen-Fraktionssprecher Michael Steinemann. Er und seine beiden Mitstreiter fordern nun die Gemeindeprüfungsanstalt und die Aufsichtsbehörde im Landratsamt auf, zu überprüfen, ob diese Geldanlagen ein Verstoß gegen die städtischen Anlagerichtlinien darstellen. „Es ist das Geld unserer Bürgerinnen und Bürger sowie unserer Unternehmen“, sagt Steinemann.
Und drei Millionen Euro seien keine kleine Summe. Mit dem Geld hätte man 50 Jahre die Hundesteuer erlassen können oder ein Jahr den Hüfinger Unternehmen die Gewerbesteuer. „Es geht um das Vertrauen in die Stadt, welches mit so einem spekulativen Handeln verloren geht“, so der BFSO/Grünen-Fraktionssprecher und fügt hinzu: „Das Bürgers Geld ist nämlich kein Spielgeld. Zum aktuellen Zeitpunkt haben wir große Zweifel, dass das Verhältnis zwischen Sicherheit und Ertrag ausgewogen war.“
Aus der Sicht seiner Fraktion sei das Risiko bei den Hüfinger Finanzen nicht hinreichend gestreut worden. Greensill habe schon 2020 im Fokus der BaFin mit entsprechendem Rating gestanden und der Gemeinderat sei nicht in die Entscheidung, ob ausgerechnet bei dieser Bank das Geld angelegt werden soll, einbezogen worden.
„Die langfristigen Konsequenzen dieses finanziellen Verlusts für unsere Stadt sind nicht in Worte zu fassen“, sagt Steinemann und nimmt auch gleich das Stadtoberhaupt in die Pflicht: „Der Bürgermeister wird uns nun aufzeigen müssen, wie es dazu gekommen ist und ob noch etwas zu retten ist.“