Wenn am 26. September in Deutschland ein neuer Bundeskanzler gewählt wird, dann findet zeitgleich in Hüfingen eine weitere Entscheidung statt, die zumindest dort auch Auswirkungen auf die Politik haben könnte – zumindest im Lokalen.

Aber was findet dann statt?

In Hüfingen wird es einen Bürgerentscheid rund um das Thema der unechten Teilortswahl stattfinden. Eigentlich bereits abgeschafft, gibt es Befürworter, die sie gerne wieder als festen Bestandteil in der Stadt integriert haben möchten. Es dreht sich dann also um die Frage, ob in Zukunft wieder alle Ortsteile Hüfingens einen garantierten Sitz im Gemeinderat haben sollen.

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Initiative gegründet

Wie sehr die Angelegenheit die Menschen bewegt, zeigt sich am Engagement dazu: So hat sich jetzt ein Initiative gegründet, die sich für eine Wiedereinführung der unechten Teilortswahl einsetzt. „Um in Zukunft wieder gemeinsam entscheiden zu können“, heißt es von den Sprechern der Initiative, Christina Meckes und Michael Jerg, seit 18 Jahren Ortsvorsteher in Mundelfingen. Im vergangen Jahr haben sich 31 von 32 Ortschaftsräte für die Wiedereinführung ausgesprochen. In einem ersten Antrag wurde dieses Anliegen seitens des Hüfinger Gemeinderates abgelehnt. „Diese Ablehnung war ein weiteres deutliches Zeichen, wie wenig Einfluss die Ortsteile noch haben“, so die Sprecher.

Stimme für Minderheiten

„In einer ehrlich gelebten Demokratie müssen auch Minderheiten eine Stimme haben“, sagt Jerg. Aktuell wohnen 31 Prozent der Hüfinger Bürger in den Ortsteilen. „Nehmen wir die vielen geplanten Neubaugebiete in den Ortsteilen hinzu, wird sich diese Zahl in Zukunft weiter erhöhen. Es ist deshalb wichtig, dass wir an Entscheidungen, die uns betreffen, stimmberechtigt beteiligt werden“, so Jerg weiter.

Wer ist Teil der Initiative?

Zur Initiative gehören neben allen Ortsvorstehern und der Ortvorsteherin zahlreiche engagierte Bürger aus den Ortsteilen sowie auch der Kernstadt. Ihr großes Anliegen ist es, dass künftige politische Entscheidungen wieder unter Mitbestimmung der einzelnen Ortschaften getroffen werden und nicht über deren Köpfe hinweg. „Damit soll die gelebte Vielfalt der Gesamtgemeinde mit ihren Ortschaften erhalten bleiben und ein ehrliches Miteinander in Zukunft gewährleistet sein“, beschreibt Christina Meckes das Kernziel der Initiative. Die Pressesprecherin selbst ist gebürtige Hüfingerin, hat mehrere Jahre in Fürstenberg gelebt und lebt heute mit ihrer Familie in Hausen vor Wald. Man wolle einen Austausch und eine Debatte auf den Weg bringen.

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Nichts aufreiben

„Es geht uns nicht darum, hier etwas aufzureiben oder eine Krise hervorzurufen. Die Vielfalt soll betont werden.“ Man sei offen: „Wer sich beteiligen möchte, der kann das.“ Man habe jetzt bereits einige Monate geplant und bereits erste Aktionen unternommen. So wurden etwa Postkarten verteilt, die die Situation in den Ortsteilen beleuchten. „Jeder Ortsteil hat eigene Vorstellungen und einen eigenen Charakter“, erläutert Meckes die Sinnhaftigkeit, entsprechende Vertreter im Rat zu haben.

Auf verschiedenen Wegen informieren

Sie betont weiter: „Was wir aktuell haben, ist das Ergebnis aus der Vergangenheit. Damit auch zukünftige Generationen auf ein ehrliches Miteinander bauen können, braucht es gesicherte Stimmen, auch für die Ortsteile. Die Menschen vor Ort wissen sehr genau, was sie für ein gesundes Wachstum und die Weiterentwicklung ihrer Heimat brauchen.“ In den kommenden Monaten bis zur Wahl wird die Initiative über verschiedene Wege, unter anderem über ihre Facebookseite, informieren.

Präsenzveranstaltung

Um die Bürger entsprechend zu informieren, habe man die Hoffnung, auch Veranstaltungen in Präsenz anbieten zu können. „Vielleicht ist das in den Ortsteilen mal möglich. Wir müssen halt immer hinschauen und darauf achten, wie die Corona-Situation gerade ist“, sagt Meckes.

Freundliches Zugehen

Besonders wichtig sei der Initiative allerdings, dass es sich stets um ein freundliches aufeinander Zugehen handle: „Das wollen wir unterstreichen.“ Dennoch verkläre man auch die Realität nicht: „Es gibt sicher welche, die das als Kampfansage sehen. In dem Fall soll eben die Demokratie entscheiden.“ Nur mit Zustimmung habe man keinesfalls gerechnet: „Wir haben schon im Vorfeld analysiert, von wo wir mit Unterstützung rechnen können – und aus welcher Richtung nicht“, sagt Meckes. „Auch in den Ortsteilen gibt es Personen, die es nehmen, wie es ist. Immerhin gab es das ha schon mal.“ Auch ist sie neugierig, welche Argumente vorgebracht werden: „Eines ist etwa: Ihr habt hier doch alles was ihr braucht. Das ist die gleiche Schiene wie bei der Emanzipation.“

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Andere Gemeinden

Im Vorfeld sei man auch schon auf die anderen Gemeinden zugegangen, bei denen im September ebenfalls eine unechte Teilortswahl zur Debatte steht: „Es sind noch zweit weitere Gemeinden in Baden-Württemberg, die sich mit dem Thema beschäftigen.“ Auch hier wolle man einen Austausch, wie dort damit umgegangen werde.

Das sagt die Stadt dazu

„Wenn es eine Initiative gibt, dann ist das so“, sagt Hüfingens Hauptamtsleiter Horst Vetter. Die unechte Teilortswahl habe man abgeschafft und dafür habe es Gründe gegeben: „Jetzt können die Bürger entscheiden.“ Wie neutral eine Initiative hier informiere, „das weiß ich nicht“, so Vetter. Aufgabe der Stadt sei es, das Thema wertneutral anzugehen. „Die Stadt wird rechtzeitig ein Infoblatt mit den rechtlichen Grundlagen rausgeben.“ Dazu wolle man sich im Vorfeld noch mit den Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen austauschen.

Was bislang Fakt ist: Der Bürgerentscheid zur Wiedereinführung der unechten Teilortswahl findet zusammen mit der Bundestagswahl am Sonntag, 26. September, statt.