Sie haben zu Beginn ihrer Amtszeit oft vom liebenswerten Hüfingen gesprochen. Ist es denn noch so liebenswert?
Hüfingen ist toll. Wenn wir jetzt gerade die Fasnet gemeinsam organisieren in so einem schwierigen Jahr, ist es einfach nur genial, dass und vor allem wie das funktioniert. Viele in der Stadt machen bei solchen Sachen immer sehr positiv mit. Das macht riesigen Spaß. Hüfingen ist eine liebenswerte und kleine Stadt. Gerade das Überschaubare ist der Reiz. Hüfingen hat größte Qualitäten.
Also haben Sie ihre Kandidatur nie bereut?
Nein. Ich fühle mich hier sehr wohl und bin gut angekommen. Es gibt einiges zu gestalten und das macht großen Spaß. Es ist eine super Aufgabe und eine Erfüllung.
Trotz allem entsteht in den letzten Monaten immer wieder der Eindruck, dass es an vielen Stellen harzt – beispielsweise bei den Baugebieten in Mundelfingen und Sumpfohren. Wie ist ihre Sicht der Dinge?
Wir packen vieles an und haben auch gute Ergebnisse. Wir haben ein Baugebiet in Mundelfingen, in dem Platz für junge Familien entstanden ist. Und in Sumpfohren erwartet die Bevölkerung, dass auch im kleinsten Stadtteil die Entwicklung fortgeht. Dem stellt sich der Stadtrat, dem stellt sich der Bürgermeister. Wir haben vielfältige Diskussionen. Das ist so. Wir haben einen vielfältigen Stadtrat. Die Hüfinger haben ganz bewusst mehrere Listen gewählt. Dadurch sind die Debatten bunter geworden. Die Aufgabe ist es dann, diese Debatten in die richtige Richtung zu steuern. Dabei gelingt es, dass Hüfingen eine wachsende und die jüngste Stadt im Kreis ist. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die Hüfingen schreibt.
Sie haben das Baugebiet in Mundelfingen erwähnt, um das es mittlerweile ruhiger geworden ist. Hätte man durch ein anderes Vorgehen verhindern können, dass sich die Diskussion so hochschaukelt?
In Mundelfingen mussten wir intensiv diskutieren. Doch mittlerweile können wir alle sagen, der Markpreis und der Preis, der verlangt wird, die treffen sich gut. Wir haben ein Gleichgewicht geschaffen zwischen dem Interesse der Stadt, sich zu refinanzieren, und den Möglichkeiten, die Familien haben, die ein Haus bauen wollen. Manchmal ist es ungut, wenn zum Beispiel über die Weihnachtsfeiertage – wie in diesem Fall im vergangenen Jahr – sehr intensive Debatten angestoßen werden. Das ist vielleicht der falsche Zeitpunkt, um Debatten zu führen. Ich glaube, diejenigen, die die Höhe der Bauplatzpreise kritisch gesehen habe, waren dann im Nachhinein sehr meinungsstark. Wenn die Kritiker aber jetzt sehen, dass die Hälfte der Bauplatze verkauft ist und dass in einem guten Verhältnis Mundelfinger und Auswärtige bauen, können sie auch sagen, dass das Baugebiet ein Erfolg ist. Die Diskussionen gehören der Vergangenheit an und Mundelfingen ist ein Zukunftsprojekt.

Wenn die Diskussionen über Grundstückpreise der Vergangenheit angehören, befürchten Sie nicht, dass sich das Ganze bei den nächsten vier Ortsteil-Baugebieten wiederholt?
Ich setze darauf, dass ein Lernprozess vorhanden ist und dass Preise von 149 Euro pro Quadratmeter absolut okay sind. Und dass die zukünftigen Baugebiete sich da besser einordnen können, wie das vielleicht bei der Mundelfinger Diskussion war.
In Sumpfohren gibt es eine andere Diskussion über das Baugebiet. Sind da mittlerweile Einigungen in Sicht?
In Sumpfohren gibt es eine große Einigkeit im Ortschaftsrat und im Großteil der Bevölkerung, die sagen: Wir wollen ein Baugebiet haben, das an das bisherige angrenzt. Dass es auch welche gibt, die andere Positionen vertreten und sich eine Entwicklung an einer anderen Stelle wünschen, ist völlig normal. Wenn es über das persönliche Eigeninteresse hinausgeht, wird man immer darüber diskutieren können. In diesem Fall entwickeln wir das Baugebiet aus dem Flächennutzungsplan heraus. Es ist also eine Fläche, die schon lange für die Wohnbebauung vorgesehen war. Das Maß, in dem dort zusätzliche Häuser gebaut werden können, täte Sumpfohren gut. Bei 260 Einwohnern ist es wichtig, dass auch der eine oder andere in den nächsten Jahren dazu kommt.

Damit sehen Sie auch kein Konfliktpotenzial mit dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb?
Man muss hier die Balance finden zwischen den berechtigten Interessen der Landwirtschaft und den berechtigten Interessen eine weitere Wohnbevölkerung zu ermöglichen. Wir sind auch schon im Gespräch. Das ist nicht immer einfach. Die Gesprächsbereitschaft in der Verwaltung ist aber uneingeschränkt und jederzeit vorhanden.
Das Thema Verhältnisse Kernstadt – Ortsteile war in den vergangenen Monaten sehr präsent. Gibt es ihrer Meinung nach, ein Missverhältnis?
Unabhängig von den Diskussionen sehen die Leute in Fürstenberg sehr wohl, dass wir dort gerade ein Vereinshaus bauen – trotz Corona und trotz zurückgehender wirtschaftlicher Zahlen. Es war und ist Konsens in der Kommunalpolitik in Hüfingen – und zwar unabhängig von Debatte „Ortsteile/Kernstadt„ – dass wir für die tolle Musik in Fürstenberg und den größten Klangkörper der Baar ein passendes Vereinshaus bauen. Wenn man es auf solche Projekte zurückführt, da relativiert sich die eine oder andere Diskussion. In Sumpfohren haben wir gerade den Gemeindeverbindungsweg in Richtung Pfohren ausgebaut. Wir machen viel für die Ortsteile und bekommen viel hin. Beispielsweise wie wir die Ortsteile im Bereich Breitbandversorgung aufgestellt haben, was ja im Corona-Jahr 2020 für die Menschen im Home-Office sehr wichtig war. Ich spüre in den Ortsteilen der Stadt Hüfingen auch im besten Sinne eine Art Ungeduld, dass es immer noch den nächsten Schritt gibt. Aber viele wissen sehr wohl, dass in Hüfingen auch die Ortsteile im Vergleich zu anderen Kommunen eine sehr gute Ausstattung haben. Beispielsweise sind dezentrale Systeme im Bereich Kindergärten oder Grundschulen keine Selbstverständlichkeit. In Hüfingen gehen wir diesen Weg und gehen ihn auch weiter.
Trotz allem haben sich alle Ortsvorsteher und – bis auf einen – auch alle Ortschaftsräte für die Wiedereinführung der Unechten Teilortswahl ausgesprochen. Woher kommt das dann?
Und diese Diskussion führen wir ja mit viel und gegenseitiger Empathie. Die Frage wird im Herbst zusammen mit der Bundestagswahl in einem Bürgerentscheid beantwortet. Ich erlebe es so, dass die Ortsvorsteher und die Ortsvorsteherin aktiv an den Sitzungen des Stadtrates mitwirken und dass jeder Ortsteil in jeder Sitzung vertreten ist. Darüber hinaus wurden ins Gremium auch weitere Vertreter aus den Ortsteilen gewählt. Und wir würden keine andere Politik machen. Wir haben die vergangenen 48 Monate intensivst in die Stadtteile investiert und hatten auch die Interessen mit am Ratstisch. Wir haben einen sehr guten Draht miteinander.
Wie kann man in der aktuellen Situation das gute Miteinander aufrecht erhalten?
Meine persönliche Aufgabe ist es auch immer, mit den Menschen im Gespräch zu sein. Das ist in Corona-Zeiten viel schwieriger geworden, weil die Selbstverständlichkeit fehlt, dass man sich auf Festen, während der Fasnet und bei anderer Gelegenheit wie sportlichen und kulturellen Ereignissen sieht und einfach die Möglichkeit hat, kurz ein paar Worte auszutauschen und ein paar Fragen zu klären. Ich freue mich darauf, wenn das wieder möglich ist, weil es mir auch zu jedem einzelnen in der Stadt einen sehr persönlichen Zugang geben wird. Ich war in der vergangenen Zeit viel in Ortschaftsräten unterwegs, weil wir nämlich viel machen, wie die Bebauungspläne. Da merke ich auch, dass man über das ein oder andere diskutiert, dass man aber auch anerkennt, dass es für den entsprechenden Ortsteil vorangeht.

Wenn die Ortschaftsräte mit der Gesamtsituation zu glücklich wären, warum wollen sie dann mit großer Mehrheit die Unechte Teilortswahl zurück?
Es geht darum, was der bessere Weg für die nächsten Jahrzehnte ist. Man ändert ein Wahlsystem ja nicht beliebig oft hin und her. In Hüfingen hat man eine Entscheidung getroffen. Der damalige Stadtrat hat bei der Abschaffung der Unechten Teilortswahl gesagt: Wir sind so aneinandergewachsen und miteinander verwachsen, dass wir uns trauen, eine zukunftsgerichtet Politik zu machen – auch ohne eine unechte Teilortswahl. Das macht in Baden-Württemberg die große Mehrzahl der Kommunen so, dass nicht mehr unterschieden wird zwischen einer Stimme von einem Ortsteil und der Kernstadt, sondern dass jede Stimme gleich viel zählt. 1980 war man vielfach der Meinung, dass man erst kurz zusammen war. Für 2030 kann ich mir nicht vorstellen, wieder eine unechte Teilortswahl zu haben und damit zu sagen, dass wir noch nicht zusammengehören. Ich glaube, man hat jetzt fünf Jahrzehnte gehabt, um zueinander zu kommen.
Gefährdet die ganze Diskussion über das Gleichgewicht zwischen Kernstadt und Ortsteilen den Zusammenhalt und befürchten Sie, dass das Gräben aufreißen werden?
Ich glaube nicht, dass wir nach dem September Gräben haben werden, die unüberbrückbar sein werden. Ich hoffe, dass alle in der Diskussion vernünftig bleiben. Zuletzt habe ich im Stadtrat oft den Satz gehört, dass es an der Politik und am Tempo der Entwicklung in den Stadtteilen keine Kritik gebe. Das haben viele, auch solche, die sich für die Unechte Teilortswahl ausgesprochen haben, immer wieder in der Vordergrund gestellt. Mein Ziel ist es, weniger über Wahlsysteme zu diskutieren, sondern im Miteinander die Stadt zu gestalten, die eben viele starke Teile hat.
Fragen: Stephanie Jakober