Im „Rössle“ sind die Lichter aus, Hotel- und Gastronomiebetrieb ruhen. In einer Phase, in der sich mancher im Ort wundert, wie sich das Traditionshaus mitten im Dorf nach zwei kurzen Öffnungsphasen halten kann, streuen die neuen Betreiber Zuversicht. „Wir werden sicher wieder öffnen“, sagt Christoph Hansen-Hagge von der Betriebsgesellschaft Dormotel, ohne einen Zeitpunkt zu nennen oder bei den – auch personellen – Veränderungen im Gastronomiebereich konkreter zu werden. Allerdings, das räumt er im Gespräch ein, liefen Planungen für das Ostergeschäft; gleichwohl seien diese theoretischer Art, wie er einschränkt. Dennoch wohl ein Neuanfang auf Sicht.
Für Hotellerie und Gastronomie sei der Lockdown schwer zu durchstehe n. Das „Rössle“, sowohl im touristischen wie auch im Bereich der Geschäftsreisenden und Tagungen verankert, treffe der Stillstand besonders hart. Insofern erkläre sich, warum die anlässlich der Übernahme des Betriebs vom Ehepaar Wolfsteiner angekündigten Modernisierungen (siehe Kasten) „ganz eingeschlafen sind“. Ohne Einnahmen ließen sich hohe Investitionen nicht stemmen, verweist Hansen-Hagge.
Mindestens bis Ende Februar bleibt das „Rössle“ geschlossen, verrät der Aushang. Im Hintergrund hält sich das Haus bereits auf den Buchungsportalen überall „auf Stand“, ohne in nicht sicheren Zeiträumen aufzutreten. Man wolle hier keine Enttäuschung erzeugen, so der Manager.
Dabei wohnt die Enttäuschung nur ein paar Meter weiter weg. Sie hängt mit der Gefühlslage der Fürstenberger zusammen. Denn das „Rössle“ allein muss den Gastronomieschwund aufhalten, der in den vergangenen Jahren im Hüfinger Stadtteil stattgefunden hat. Im Dezember 2017 hat die langjährige Wirtin Ingrid Mäder den „Kranz“ zugesperrt, zuvor hatte der „Alte Brunnen“ geschlossen. Übrig blieb noch der „Bären“ mit unregelmäßigen Öffnungszeiten vor Corona.
„Sonst gibt es doch nix“, fasst Ortvorsteher Werner Bäurer die Alleinstellung des „Rössle“ zusammen. Voller Hochachtung vor der Lebensleistung des Ehepaars Andrea und und Xaver Wolfsteiner, die das „Rössle“ in gut 30 Jahren zu einer gastronomischen Top-Adresse für die Region gemacht hätten. Bäurer sieht auch eine Bringschuld. So sei das „Rössle“ eben auch das „Wohnzimmer“ des Dorfes. Hier treffen sich die Vereine, hier werden Familienfeste gefeiert. Diese Funktionen müssten erfüllt werden: ganz unabhängig davon, ob das kulinarische Niveau der Wolfsteiners dieser Tage nicht mehr erreicht werde.
Der „Bären“ ist zu klein
Aber auch beim Umgang mit den Vereinen gab es Kritik, seit die Wolfsteiners im Herbst 2019 das „Rössle“ abgeben haben. „Wir sind so viele Musiker, dass wir nach der Probe nicht alle in den ‚Bären‘ gehen können“, erläutert die Vorsitzende der Musikkapelle, Melanie Vollmer. Und wo das „Rössle“ die einzige Möglichkeit darstellt, sich zu treffen, stoße der Wechsel von einem mit dem Dorf verwachsenen Betreiberpaar auf neue Wirtsleute sauer auf.
Gar nicht zu verstehen sei es gewesen, als das „Rössle“ an einem katholischen Feiertag nicht zum Frühschoppen öffnete. Immer wieder ärgerlich sei die frühe Schließzeit, wenn die Musiker am späten Abend direkt nach der Probe einkehren und kaum mehr als ihr erstes Getränk konsumieren können.
Ärgerlich findet das auch der frühere Ortsvorsteher Bernhard Schmid. Er vermutet, dass das neue Management strenger auf die abgeleisteten Arbeitsstunden achte. Werde ein Haus nur durch Angestellte geführt, sei das eben so üblich. Offenbar lägen den neuen Betreibern die im Rössle nächtigenden Handelsvertreter mehr am Herzen als die einheimischen Gäste.
Kritik ist bekannt
Die Kritik an Küche und Öffnungszeiten sind dem Manager bekannt: Beide Bereiche würden zu den ins Auge gefassten Änderungen gehören. Die kürzere Öffnung sei der Personalsituation geschuldet gewesen. „Mit den Mitarbeitern, die wir hatten, konnten wir gerade die Betriebsfähigkeit gewährleisten“, fügt Hansen-Hagge an. Er spricht von personellen Auflösungserscheinungen in der Branche. In Hotellerie, Gastronomie und Reisebüros suchten sich Mitarbeiter Jobs, die krisensicherer seien. „Liebend gerne würden wir Einheimische beschäftigen“, fügt er an.