Boris Palmer sorgte für Staunen, Lachen und Kopfschütteln. Er stellte in der Hüfinger Stadthalle sein neues Buch vor und bot eine kurzweilige Mischung seiner Betrachtungen auf die große Politik und die Tücken der kommunalpolitischen Arbeit. Und das sind seine Kernaussagen.
Flüchtlinge und Migration
Boris Palmer, 51 Jahre alt, seit 2006 OB von Tübingen und seit ein paar Monaten nicht mehr Mitglied der Grünen, sieht die Aktivitäten der Bundesregierung um Olaf Scholz und Kollegen bezüglich Abschiebungen nur resultierend aus den Ergebnissen der verlorenen Landtagswahlen und nicht wie es sein sollte, resultierend aus der Wirklichkeit in den Kommunen. Diese seien völlig überlastet und würden vom Bund nicht ausreichend unterstützt.
Briefe bleiben unbeantwortet
Palmer vermisst die Zusammenarbeit vom Bund mit den Kommunen. Würden sich beispielsweise Bürgermeister in einem Brief an das Bundeskanzleramt wenden, erhielten sie darauf keine Antwort.
Handys gehen nicht verloren
Für Palmer, der für seine provokante Äußerungen auch im Bezug auf Flüchtlinge bekannt ist, ist es merkwürdig, dass viele Flüchtlinge auf der Flucht ihren Pass verlören und man nicht mehr ihr Herkunftsland feststellen kann, jedoch alle ein Handy dabeihaben, was nie verloren geht. Gleichzeitig sei es den Behörden bisher verboten gewesen über die Handy-Dateien zu prüfen, welche Herkunft der Besitzer hat.

Das bedeute, man muss oft der Jahre lang versuchen, herauszufinden, woher jemand tatsächlich kommt. Datenschutz vor sachgerechter Prüfung. Nun erst solle auch in Deutschland so geändert werden, dass Handy-Daten ausgewertet werden können.
Palmer ist aber der Meinung, dass es wirkliche Gründe für Migration gibt und dass ein Staat Migration steuern kann. Andere Staaten machten das vor. In Deutschland stelle sich die Frage, ob der Staat auch wirklich steuern will.
Kurz ging Palmer auf die Kriminalität mit einem entsprechenden Migrantenanteil ein. Hier müsse man nur den statistischen Anteil von Migranten an Verbrechen mit dem Bevölkerungsanteil vergleichen, dann sei alles gesagt.
Die wuchernde Bürokratie
Folgend wandte sich Palmer eher heiteren Themen zu, die für ihn vor allem in extremer Bürokratie im Alltag eines Oberbürgermeisters auftreten. Als er als Stichworte „ Brandschutz und Fluchtwege“ nannte, lachten schon viele Mitwisser im Publikum. Als Beispiel nahm Palmer den Schlosshof im Tübinger Schloss. Dieser Hof war im 18. Jahrhundert Veranstaltungsfläche für an die 4000 Festbesucher.

Noch in den 1970er Jahren konnte man dort Veranstaltungen mit 2000 bis 3000 Besuchern machen. Mittlerweile seien durch ein Unmaß an Sicherheitsvorschriften die Möglichkeiten so eingeschränkt, dass man gerade noch mit 300 Besuchern eine Veranstaltung durchführen kann. „Wohlgemerkt, es ist es noch immer derselbe Schlosshof“, so Palmer.
Lärmschutzwände mitunter unsinnig
Der unsinnige Einbau von Lärmschutzwänden an falschen Stellen mit vielen kostspieligen Gutachten belastet Kommunen zusätzlich und hemmt die Arbeit an notwendigeren Aufgaben. Ein anderes Beispiel in Tübingen die Erstellung eines Solarparks, den sogenannten „Lustnauer Ohren“ an der Auffahrt zu B 27.
Genüsslich berichtet Palmer über die ständigen Gutachten und Expertenmeinungen die, die Planungszeit auf acht Jahre brachten. Die Bauzeit an sich betrug nur wenige Monate. Das Publikum genoss sichtlich aber auch kopfschüttelnd die kleinen Geschichten der Bürokratie.

Beispiel dazu ist Tübingen während der Pandemiezeit. Man habe vieles anders gemacht als andere, weil man sich nicht nach Vorschriften orientierte, die eigentlich mangels Wissens und Erfahrung nicht relevant waren. Der Tübinger Weg sei „wenn man nicht weiß, was kommt, dann muss man ausprobieren“, so der OB.
Die „Expertokratie“ mit immer weiteren Vorschriften sei so weit fortgeschritten, dass man häufig nicht mehr denjenigen finden. Entscheider und Entscheidungen fehlen oft oder bleiben letztlich an den Kommunen hängen. In den Kommunen sind die Leute vor Ort, die Probleme an der Wurzel packen, keine Schuldigen, sondern Lösungen suchen.
Fristen einfach aussitzen
Ein Vorschlag um Bürokratie abzubauen sei nach seiner Meinung, die Genehmigungsverfahren zu verbessern in dem man einfach nicht genehmigt, also nichts tut. Denn es gebe zeitliche Fristen, in denen genehmigt werden muss. Ist dies Zeit abgelaufen, sei der Antrag automatisch genehmigt. Das würde helfen die immer knapper werdenden Personalressourcen dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden.