Herr Stärk, Wahlkampf in Corona-Zeiten – und das in der Endspurtphase auch noch mit Gipsbein: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Die Corona-Pandemie beeinträchtigt alle Lebensbereiche und damit zwangsläufig auch einen Wahlkampf. Um das Infektionsrisiko zu minimieren, habe ich auf klassische Wahlveranstaltungen in Gasthäusern und anderen geschlossenen Räumlichkeiten vorsorglich verzichtet. Das widerspricht meinem Verständnis von Bürgernähe und Bürgerdialog, war aber nicht anders verantwortbar. Stattdessen führte ich sehr viele Einzelgespräche, traf mich mit kleinen Personengruppen und lud die Bevölkerung allerorten zu Bürgertreffs im Freien ein. Dummerweise brach ich mir zur Unzeit beim Sport den Knöchel, was weitere Hausbesuche unmöglich machte. Dass die Bevölkerung mir dies nachsieht, freut mich sehr.

Haben Sie Immendingen und seine Ortsteile während Ihres Wahlkampfes von einer neuen Seite kennengelernt?

Eigentlich nein. Seit 38 Jahren hier wohnhaft (erst in Mauenheim, jetzt in Immendingen), seit zehn Jahren als Hauptamtsleiter im hiesigen Rathaus beschäftigt, ist mir die Gemeinde vertraut und ich weiß die Menschen, die hier leben, sehr zu schätzen. Vielleicht war es eher anders herum: Dass mich viele Immendinger, die mich bisher lediglich als Tenniskameraden oder Strumpfkugler, aus der Landjugend oder von KJG-Ferienlagern her kannten, plötzlich mit neuen Augen sehen mussten, weil ich mit einem Mal ihr Bürgermeister werden will.

Würden Sie Ihr bisheriges Engagement in zahlreichen Vereinen auch als Bürgermeister fortsetzen?

Seit meiner Jugend bin ich in der Kirchengemeinde und in Vereinen ehrenamtlich engagiert. Das will ich nicht komplett aufgeben und wird mir hoffentlich weiter möglich bleiben, zumindest in eingeschränkter Form. Umso stärker will ich dafür aus dem Bürgermeisteramt heraus das bürgerschaftliche Engagement nach Kräften fördern und unterstützen.

Für den Fall Ihrer Wahl zum neuen Immendinger Bürgermeister wollen Sie die unter Markus Hugger begonnen Projekte nahtlos fortsetzen, aber auch eigene Ideen einbringen und frische Impulse setzen. Welche Ideen haben Sie, welche Impulse wollen Sie setzen, wo bleibt Ihre Handschrift?

Da ich seit zehn Jahren als Hauptamtsleiter maßgeblich mitwirke, trägt manches der angefangenen oder angedachten Projekte bereits ein wenig meine Handschrift. Was der Gemeinderat an Vorhaben beschlossen hat, werde ich selbstverständlich im Sinne des Gremiums zu verwirklichen versuchen. Zugleich möchte ich nach und nach eigene Ideen entwickeln und frische Impulse liefern. So erkenne ich im Immendinger Bahnhofsareal eine der wenigen noch verfügbaren innerörtlichen Entwicklungsflächen, wo es gelingen muss, wichtige Infrastruktur zeitgemäß und zukunftsträchtig zu verorten – zum Beispiel ein Ärztehaus zur nachhaltigen Sicherung der medizinischen Versorgung.

Sie haben sich selbst „als Freund wirklicher Bürgerbeteiligung“ bezeichnet. Wie wollen Sie diese Bürgerbeteiligung in der Praxis umsetzen?

Der direkte Bürgerdialog kann vielfältig geschehen: Über das Mitteilungsblatt, die Homepage www.immendingen.de, über soziale Netzwerke (Facebook, Instagram und Co.), in Bürgerversammlungen zu aktuellen Anlässen, in Sprechstunden des Bürgermeisters, je nach Bedarf auch in den Ortschaften.

Gesetzt den Fall, Markus Hugger wäre nach wie vor Immendingens Bürgermeister. Hätten Sie sich dann in absehbarer Zeit in anderen Kommunen um das Bürgermeisteramt beworben?

Seit zwei, drei Jahren fühle ich mich hinreichend gereift und gerüstet für das Bürgermeisteramt. Anfragen und Offerten aus anderen Kommunen hatte ich bisher abgelehnt. Das war gar nicht schwer gefallen, sondern machte mir bewusst, dass ich Immendingen eigentlich nicht verlassen will. Dass mein Herz an meiner Heimatgemeinde hängt. Als dann im März Herr Hugger in Spaichingen gewählt wurde, musste ich nicht lange überlegen, ob ich meinen Hut hier in den Ring werfe.

Was meint eigentlich Ihre Familie zu Ihren Plänen? Immerhin werden Sie, einen Wahlerfolg vorausgesetzt, künftig (noch) weniger zu Hause sein.

Ehe ich mich bewarb, hat der Familienrat getagt und grünes Licht erteilt. Vor allem meine Frau Julia unterstützt mich seitdem in beeindruckender Weise. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei ihr bedanken. Dass mich das Bürgermeisteramt stärker fordern und öfter von der Familie fernhalten würde als meine bisherige Tätigkeit im Hauptamt, ist uns bewusst.

Stichwort „Gewerbeansiedlungen und Flächenverbrauch“: Speziell im Gewerbegebiet Donau-Hegau fällt auf, dass die Mehrzahl der Neuansiedlungen großen Flächenbedarf und verhältnismäßig wenig sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mit sich bringt. Andere Kommunen in der Nachbarschaft, wie Geisingen, gehen diesbezüglich sehr viel strikter vor. Wäre das und eine größere Branchenvielfalt nicht auch ein Modell für Immendingen?

In der Tat. Genau darauf will ich hinarbeiten: Auf einen breit gefächerten Branchenmix. Mehrere Standbeine entwickeln, um nicht von einem einzigen Sektor abhängig zu werden. Bevorzugt arbeitsintensive Betriebe mit Zukunft ansiedeln – soweit man sich das als kleine Gemeinde tatsächlich aussuchen kann. Die Ansiedlung des Daimler Prüf- und Entwicklungszentrums hat uns als Wirtschaftsstandort geadelt – da dürfen wir dann auch selbstbewusster auftreten sein und wählerischer werden bei der Ansiedlung weiterer Unternehmen.

Wie würden Sie es als Bürgermeister mit der Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat und den Ortschaftsräten halten?

Dass die Gremien bei uns mit der Gemeindeverwaltung harmonischer, vertrauensvoller und konstruktiver zusammenarbeiten als in vielen anderen Kommunen, ist ein Glücksfall und gewaltiges Pfund. Als Bürgermeister würde ich alles daran setzen, dass es dabei bleibt!

Ist für einen Immendinger Bürgermeister ein CDU-Parteibuch nicht doch ziemlich hilfreich? Immerhin stellt die CDU fast schon traditionell die mit Abstand mitgliedstärkste Fraktion im Gemeinderat.

Vielleicht fiele es einem dunkelroten Bürgermeister schwerer, am Immendinger Ratstisch tragfähige Mehrheiten zu organisieren. Insofern wird mir das Parteibuch nicht unbedingt schaden. Allerdings soll es an diesem Ratstisch nicht um Parteitaktik oder Ideologien gehen, sondern einzig um die Sache. Dass ich einer der freiheitlich-demokratischen Parteien angehöre, macht mich politisch berechenbarer. Bürgermeister haben ihrer Gemeinde zu dienen, nicht aber einer Partei. Ihr Gehalt bezahlt ja auch die Kommune, nicht die Partei.