Niedereschach – Ziemlich holprig gestaltete sich die erste Sitzung des neu gewählten Niedereschacher Gemeinderates bereits vor dem richtigen Start. Denn bevor die neu gewählten Räte in der konstituierenden Sitzung im Rathaus von Bürgermeister Martin Ragg verpflichtet werden konnten, gab es ein Problem zu lösen, das Gemeinderat Louis Weißer (parteilos) angesprochen hatte. „Welche Verfassung ist gemeint?“, wollte Weißer mit Blick darauf wissen, dass bei der Verpflichtungsformel für die Gemeinderäte eine andere Formel verwendet wird als bei der Eidesformel der Ortsvorsteher und deren Stellvertreter.
Und Weißer holte noch weiter aus und zitierte den Artikel 146 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, in dem es heiße: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“
Zudem untermauerte er mit Blick auf seinen späteren Antrag, die Verpflichtungsformel für den Gemeinderat zu ändern, durch Ausführungen des SPD-Politikers Carlo Schmid, welche dieser in einer Grundsatzrede über das Grundgesetz am 8. September 1948 im Parlamentarischen Rat gehalten habe. Weißer zitierte Schmid dabei wie folgt: „Wir haben unter Bestätigung der alliierten Vorbehalte das Grundgesetz zur Organisation der heute freigegebenen Hoheitsbefugnisse des deutschen Volkes in einem Teile Deutschlands zu beraten und zu beschließen. Wir haben nicht die Verfassung Deutschlands oder Westdeutschlands zu machen. Wir haben keinen Staat zu errichten.“
Bürgermeister Martin Ragg verwies darauf, dass aus seiner Sicht das Grundgesetz die Verfassung sei. „Ich bin gottfroh, dass wir so eine freiheitliche und liberale Verfassung haben“, betonte der Schultes und verdeutlichte im Einklang mit Hauptamtsleiter Jürgen Lauer, dass man die Verpflichtungsformel, die in ganz Baden-Württemberg so verwendet werde, nicht ändern sollte. Deshalb wolle er den Antrag von Weißer nun zur Abstimmung bringen. Er bot Weißer an, das von ihm aufgeworfene Problem bei späterer Gelegenheit einmal zu beraten, aber nicht am heutigen Abend, an dem es darum gehe, dass sich der Gemeinderat konstituieren kann und verpflichtet werden soll.
Gemeinderat Markus Dietrich (Freie Wähler) erklärte, dass er die Meinung von Weißer teile und er dessen Ausführungen inhaltlich zustimme, aber trotzdem gegen dessen Antrag stimmen werde, damit sich der Gemeinderat am „heutigen Abend“ konstituieren könne. Dazu warf Gerhard Rabus die Frage auf, ob es rechtlich überhaupt möglich sei, über Weißers Antrag abzustimmen, da der Gemeinderat sich ja noch nicht konstituiert habe und noch gar nicht verpflichtet worden sei. Letztlich einigte sich das Gremium darauf, trotzdem abzustimmen und votierte mit 14:1 Stimmen gegen den Antrag von Weißer.
Behörde erkennt Wahl an
Nach dieser Abstimmung konnte Bürgermeister Martin Ragg zur Verpflichtung des Gemeinderates schreiten. Er führte aus, dass die Gemeinderatswahl vom 9. Juni vom Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis als Rechtsaufsichtsbehörde geprüft und die Gültigkeit der Wahl am 1. Juli 2024 bestätigt habe. Hinderungsründe konnten ausgeschlossen werden, sodass der Verpflichtung für die Dauer der bevorstehenden fünfjährigen Amtszeit nichts mehr im Wege stehe. Nachdem alle Räte, auch Weißer, die Verpflichtungsformel gesprochen und die Verpflichtung durch den Bürgermeister per Handschlag besiegelt wurde, stellte Ragg erleichtert fest, dass der Gemeinderat sich damit konstituiert hat und damit vollumfänglich handlungsfähig ist.