Der Mittelstand prägt den Wirtschaftsstandort Schwarzwald. Um auch in der Zukunft gut aufgestellt zu sein, braucht es engagierte Nachfolger für Traditionsunternehmen und die Neugründungen von innovativen Start-ups. Doch wie attraktiv ist die Region für junge Gründer?
Die Hochschule ist ein Gründungsmotor
„Wir werden hier unheimlich unterstützt“, freut sich Anna-Julia Bay. Gemeinsam mit Mitgründerin Amelie Horn war die Studentin am Donnerstag, 24. Oktober, auf der Innovation Night in Schwenningen.

Das Unternehmen der beiden Studentinnen und ihrer Mitstreiter befindet sich noch in der Gründungsphase. Es heißt: Aktiv mobil bleiben. Bis Februar 2025 soll das Start-up offiziell gegründet werden.
Ihr Produkt: Eine App, die Patienten nach einer Hüftoperation telemedizinisch betreut. So sollen die Betroffenen zu Hause statt in einer stationären Reha wieder fit werden.
„Eine Vier-Tage-Woche? Das brauche ich nicht“
„Man muss 250 Prozent geben“, macht Amelie Horn deutlich. So sieht das auch Lisa Würth, die künftige Nachfolgerin des Schwarzwälder Familienunternehmens Straub Verpackungen. „Eine Vier-Tage-Woche? Das brauche ich nicht. Ich wüsste auch gar nicht, was ich mit dem langen Wochenende anfangen sollte“, so Würth.

Wenn Gründungswillige großes Engagement zeigen, gibt es viel Unterstützung, findet Gründerin Amelie Horn. Vor allem an der Hochschule Furtwangen (HFU), an der sie und Mitgründerin Anna-Julia Bay studieren.
Maik Meisenburg hat ebenfalls an der HFU studiert und arbeitet für das 2021 gegründete Unternehmen 3D-Werk. Das junge Unternehmen aus St. Georgen bietet beispielsweise Schulungen im Bereich 3D-Druck. „Gerade technisch profitiert die Region von der Hochschule“, ist sich Meisenburg sicher.
Die Region kann nicht alle überzeugen
Die beiden Gründer Oriane Joublin und Kai-Jonas Bock von Virtuapixel haben ebenfalls an der HFU studiert und ihr Unternehmen vor einem Jahr gegründet. Sie bieten verschiedene Dienstleistungen im Bereich Virtual Reality an.
„Bisher läuft es ganz gut“, freut sich Joublin. Derzeit arbeiten sie an einem neuen Produkt: Ein virtuelles Trainingsprogramm für Operationstechnische Assistenten.

Die Hochschule habe ihnen besonders dabei geholfen, wertvolle Kontakte zu knüpfen. Trotzdem sind die jungen Gründer nicht in der Region geblieben.
Inzwischen leben sie in Köln. „Wir wollten einfach was neues sehen“, erklärt Joublin. Nach dem Studium zog es sie in eine größere Stadt, fand aber keine in der Region für sich passend. Nordrhein-Westfahlen habe außerdem den Vorteil, dass es mittiger in Deutschland liegt und die beiden so leichter zu ihren Kunden kommen.
Auch Myron Leskiv sieht in der eher ländlichen Struktur der Region einen Nachteil für Gründer. Der Ukrainer hat einen Steuerberater entwickelt, der auf künstlicher Intelligenz basiert. Auf die Idee kam Leskiv, als er vor zwei Jahren nach Deutschland kam und keinen Steuerberater fand.

Damit seine Fragen trotzdem beantwortet werden, hat der Ukrainer den Prototyp eines digitalen Steuerberaters entwickelt. Sein KI-Steuerberater sei sehr zuverlässig, da er immer alle aktuellen Gesetzestexte zum Thema durchsuche, ist der Entwickler überzeugt.

„Die Region ist nicht super für Start-ups“, findet Myrin Leskiv. Größere Städte wie Stuttgart seien attraktiver, weil es dort mehr Menschen und eine größere Dynamik gebe.
Das sagt die Wirtschaftsförderung
Die kleinteilige Struktur des Schwarzwalds sieht Henriette Stanley, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg, hingegen als großen Vorteil der Region. „Die Wege hier sind kurz“, sagt Stanley. Der richtige Ansprechpartner sei so für alle Gründungsphasen schnell gefunden.
Die Wirtschaftsförderin sieht allerdings auch Schwachstellen in der Region. „Bei den Förderprogrammen könnte noch mehr gehen,“ sagt Stanley. „Wie haben hier aber ein wahnsinnig hohes Potenzial durch die starke Unternehmerlandschaft.“