Trauer um eine mutige Frau und engagierte Ärztin: Nach schwerer Krankheit ist die Villinger Kinderärztin Gudrun Adams gestorben.

Neben ihrer Tätigkeit als niedergelassene Ärztin wurde sie in den vergangenen Jahren einem größeren Publikum in Villingen-Schwenningen auch durch ihre herausfordernden Auslandseinsätze bekannt. Für „Ärzte ohne Grenzen“ zog sie in die gefährlichsten Krisengebiete, um Säuglingen und Kleinkindern zu helfen.

23 Jahre in der Färberstraße

Vor ihrer Pensionierung war Gudrun Adams eine feste Größe in der Kinderarztversorgung der Doppelstadt. Von 1992 bis 2015 behandelte sie als niedergelassene Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin in der Färberstraße unzählige kleine Patienten in Villingen. Sie stellte sich auch dem Problem der wachsenden Zahl übergewichtiger Kinder und entwickelte eigene Kurse gegen Adipositas.

Gudrun Adams kam aus dem Klinikbetrieb, arbeitete in den Kinderkliniken von Villingen und Augsburg, bevor sie Friedrich Bettecken, der ehemalige Leiter des Villinger Kinderkrankenhauses, in die Zähringerstadt zurückholte. Hier war sie als Oberärztin tätig – unter anderem mit dem Schwerpunkt Neonatologie, also der Behandlung von Frühgeborenen und kranken Säuglingen.

Gudrun Adams in der Neugeborenenklinik in Porte au Prince, Haiti.
Gudrun Adams in der Neugeborenenklinik in Porte au Prince, Haiti. | Bild: Gudrun Adams

Nachdem sie ihre Praxis im Jahr 2015 an einen Nachfolger übergeben konnte, ging sie in den Ruhestand. Noch im selben Jahr nahm sie Kontakt mit der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ auf, die sie schon seit langem unterstützt hatte. Sie wollte ihr Können als Kinderärztin auch den Ärmsten der Armen zur Verfügung stellen.

Erster Einsatz in Afghanistan

Der Einstieg bei „Ärzte ohne Grenzen“ war für Adams allerdings ein schwerer Prüfstein. Die Organisation wollte sie für ihren ersten Einsatz gleich ins Bürgerkriegsland Afghanistan schicken. Nach längerer Überlegung stimmte sie zu. Acht Monate arbeitete sie in einer Klinik im Süden Afghanistans in der Geburten- und Kinderintensivstation.

Am 14. Juli 2016 schildert Gudrun Adams ihre Erfahrungen mit einem Bildervortrag in der Neuen Tonhalle vor rund 370 Besuchern. Sie berichtete von unterernährten, unterkühlten und schwerkranken Kindern, von bitterer Armut und mangelnder Hygiene, von dürftiger Ausstattung und ständiger Überbelegung des Krankenhauses. 60 Kinder starben im Monat auf der Station.

Vor fast 400 Zuschauern berichtet Kinderärztin Gudrun Adams im Juli 2016 in der Tonhalle über ihren achtmonatigen medizinischen Einsatz ...
Vor fast 400 Zuschauern berichtet Kinderärztin Gudrun Adams im Juli 2016 in der Tonhalle über ihren achtmonatigen medizinischen Einsatz in Afghanistan für „Ärzte ohne Grenzen“. | Bild: Roland Sigwart

Ähnliche Erfahrungen machte sie bei weiteren, anstrengenden Einsätzen für „Ärzte ohne Grenzen“. Die Bestätigung, gebraucht zu werden, etwas gegen die Kindersterblichkeit tun zu können, die Dankbarkeit der Menschen und die vielen schönen Begegnungen motivierten sie zu weiteren freiwilligen Auslandseinsätzen. Sie half den Kindern in Tansania, auf Haiti, einem der ärmsten Staaten der Welt, sowie 2018 und 2019 zweimal im Bürgerkriegsland Jemen.

Gudrun Adams bei einem Auslandseinsatz für „Ärzte ohne Grenzen“ im Jahr 2018 im Jemen mit einem ihrer kleinen Patienten. In dem ...
Gudrun Adams bei einem Auslandseinsatz für „Ärzte ohne Grenzen“ im Jahr 2018 im Jemen mit einem ihrer kleinen Patienten. In dem konservativen muslimischen Land arbeitete sie mit Schleier. | Bild: Ärzte ohne Grenzen

In der Zeit der Corona-Pandemie brachte Gudrun Adams ihr Fachwissen ebenfalls ein. Sie engagierte sich als Beraterin der Stadtverwaltung beim Aufbau von Testzentren und den Testungen in Schulen und Kindergärten.

„Ein Herzensmensch“

„Sie war ein Herzensmensch, hat sich immer für andere eingesetzt, wollte Menschen in Not helfen“, so beschreibt Delia Vargas ihre Freundin Gudrun Adams. „Für unsere Kinder war sie die Eratz-Oma“, berichtet Delia Varga.

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Entspannung und Freude suchte und fand die Ärztin beim Musizieren mit ihrer geliebten Bratsche. Bis zuletzt wirkte sie in einem musikalischen Quartett mit. Vor rund eineinhalb Jahren erkrankte sie an einem Krebsleiden. An dieser Krankheit ist sie, wie jetzt bekannt wurde, bereits am 21. Mai verstorben.

Die Trauerfeier für die engagierte Ärztin findet am Montag, 10. Juni, um 10 Uhr auf dem Friedhof in Villingen statt. Anstelle von Blumen wünschte sich die Verstorbene Spenden für den Verein „Ärzte ohne Grenzen“ (IBAN: DE 72¦3702¦0500¦0009¦7097¦00