Der Hochzeitszug des Trachtenvereins zieht beim St. Georgener Heugausfest am Sonntag, 14. September, durch die Straßen. Und das ist mehr als die Darbietung einer alten Tradition. Angeführt wird der Zug nämlich von einem Brautpaar, das sich an diesem Tag auch tatsächlich das Jawort geben wird.
Der SÜDKURIER hat das Brautpaar getroffen, das in Tracht und vor großer Zuschauerkulisse heiraten wird. Die beiden verraten, weshalb der schönste Tag im Leben der Braut für sie auch mit einer gewissen Wehmut verbunden ist.
Diese Gelegenheit ändert alles
Wäre das Heugausfest nicht dazwischen gekommen, so wären Sandra Schreiber und Moritz Volk bereits verheiratet. Verlobt sind die beiden längst. „Am Muttertag im vergangenen Jahr hat Moritz mir den Antrag gemacht“, erzählt Sandra Schreiber.
Und eigentlich wäre die Hochzeit in diesem Frühjahr gewesen. „Aber dann haben wir in der Zeitung den Aufruf gesehen, dass für den Hochzeitszug beim Heugausfest ein Brautpaar gesucht wird.“ Aus dem spontanen Impuls entwickelte sich nach und nach die ernsthafte Idee, dieses Brautpaar sein zu wollen.

Ganz unvorbereitet sind Sandra Schreiber und ihr bald Angetrauter Moritz Volk aber nicht. Schreiber ist seit vielen Jahren Mitglied im Trachtenverein. Sie ist eine der jungen Frauen, die die prächtige Brautkrone tragen dürfen, den Schäppel.
Den Brautschäpel trug schon die Großmutter
Auch an ihrem Hochzeitstag wird Sandra den Brautschäppel tragen. Dieser ist etwas ganz Besonderes. „Mit diesem Schäppel haben bereits meine Mama 1988 und meine Großmutter Lydia Schondelmaier 1957 geheiratet“, verrät die Braut.
Den Schäppel hat die Großmutter damals selbst bereits gebraucht gekauft. „Der Schäppel müsste über 100 Jahre alt sein“, schätzt Sandra Schreiber. Die Schachtel, in der das wertvolle Stück aufbewahrt wird, ist mit Zeitungen ausgelegt, die um die vorige Jahrhundertwende datieren.
Der Brautschäppel war einst ein Wohlstandszeichen. Je größer und opulenter die drei Kilogramm schwere Brautkrone mit Glas, Kugeln, Spiegeln und Rosen besetzt war, desto höher war der Stand der Trägerin.
Bräutigam in schlichter Tracht
Während die Braut an der Hochzeit also auffällig geschmückt ist, so bleibt der Bräutigam fast unauffällig im Hintergrund. „Der Bräutigam trägt auch Tracht. Der einzige Unterschied zu den übrigen Trachtenträgern ist, dass er eine schwarze Hose anstatt der Hirschledernen trägt“, sagt Moritz Volk. Der aus Rohrbach stammende Bräutigam ist seit einem Jahr Mitglied im Trachtenverein.
Und wie läuft der Tag der Hochzeit nun genau ab? „Der Hochzeitszug startet vor der katholischen Kirche. Anschließend zieht der Zug die Hauptstraße in Richtung Bärenplatz vor“, sagt Sandra Schreiber.
Auf der Bühne mitten auf dem Bärenplatzkreisel wird Hochzeitslader Gerhard Jäckle dann einiges über das Brautpaar erzählen. Anschließend gibt es einen Hochzeitswalzer. Danach zieht der Zug ans Heimatmuseum Schwarzes Tor, wo die standesamtliche Trauung stattfinden wird.
Das letzte Mal mit Brauschäppel
Wenngleich sich Sandra Schreiber auf die Hochzeit freut, so begleitet sie auch ein Stück Wehmut. „Es wird das letzte Mal sein, dass ich den Brautschäppel tragen werde“, sagt sie. Der Brauch sagt, dass nur unverheiratete Frauen die Brautkrone tragen dürfen. Als verheiratetet Frau wird Sandra künftig den schwarzen Rosenhut tragen.
Und was passiert dann mit dem Brautschäppel? „Der wird vermutlich für die kommenden Jahrzehnte in seiner Schachtel verweilen. Es sei denn, wir bekommen eine Tochter, die diesen dann eines Tages bei ihrer Hochzeit tragen könnte“, so das Brautpaar.
Übrigens findet die kirchliche Hochzeit von Sandra Schreiber und Moritz Volk eine Woche später statt – und dann ganz in Weiß, wie es sich Sandra ursprünglich vorgestellt hat.