Ruth Keller hat in ihren 13 Jahren als Schuldnerberaterin schon viel erlebt. Aber so ein Ansturm wie jetzt – das ist selbst für sie neu: „Die Nachfrage ist schon immer groß, aber jetzt hat es die Spitze erreicht“, sagt die 39-Jährige Diplom-Verwaltungswirtin.

Corona, Inflation, explodierende Energiekosten – dieses Weihnachten steht am Ende eines „ganz speziellen Jahres“, wie es Keller nennt.

All die Krisen seien an den Menschen nicht spurlos vorüber gegangen. „Die Angst und die Verunsicherung sind groß“, beobachtet Keller.

Und das in jeder Altersgruppe und unabhängig vom Geschlecht: „Von 18 bis 85 ist alles dabei, die Geschlechter halten sich dabei die Waage.“

Allen, die ihren Weg zu Ruth Keller ins Landratsamt finden, ist eines gemeinsam: „Sie wollen eine Lösung, um ihre Schulden zu regulieren.“

Und das ist Kellers Aufgabe. Von der Schuldnerberatung bis zur Schuldensanierung begleitet Keller. Ihr Ziel dabei? „Existenzsicherung“ – so fasst sie ihre Arbeit in einem Wort zusammen.

So einfach das klingt, so komplex ist das in der Praxis: „Der gesamte Mensch muss dabei betrachtet werden. Denn das eine bedingt oft das andere.“ Sprich: Um in eine brenzlige finanzielle Situation zu gelangen, gibt es verschiedene Auslöser. Das können Dinge sein wie Krankheit, Trennung oder eine Scheidung. Keller weiß: „Es kann jedem passieren, in so eine Situation zu kommen.“

Sich zu verschulden sei heutzutage zu einfach geworden: hier ein Handyvertrag abschließen, dort ein Kredit aufnehmen. Notwendig dafür sind oftmals nur ein paar Klicks.

Was tun, um schuldenfrei über Weihnachten zu kommen? Gerade Weihnachten, das weiß Keller aus Erfahrung, sei eine Zeit, in der sich viele Eltern übernehmen und ihre Kreditkarte belasten würden. Schließlich wolle man dem Kind etwas Gutes tun, ihm „die heile Welt“ bieten. Ein Ansatz, den Keller durchaus verstehen kann. Deshalb sagt sie: „Eine einfache Lösung gibt es hier nicht.“

Einen Tipp hat Keller schließlich doch parat. Einen ganz persönlichen, der sich bei ihr über die Jahre als Schuldnerberaterin eingebrannt hat: „Langfristig sollten wir unseren Konsum hinterfragen. Was brauchen wir wirklich?“

Materielles sei für sie unwichtig geworden, Zeit hingegen „das wertvollste“. Warum also den Kindern zu Weihnachten nicht etwas Zeit schenken? Zeit für ein besonderes Erlebnis? „Das muss nicht immer etwas kosten“, findet Keller. Eine Schnitzeljagd zum Beispiel. Ein schöner Ausflug. Warum nicht? Kindern eine Freude zu machen, das kann ganz einfach sein.

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