Seit Wochenbeginn sind sie unbersehbar: die Gäste in den Villinger Restaurants. Seit Montag dürfen Speiselokale in Baden-Württemberg ihre Kunden wieder in den Restaurants bewirten. Die meisten Villinger Gaststätten haben aufgemacht, nur wenige warten noch ab. Die Gäste nutzen die Änderung der Corona-Verordnung, auch, wenn das Platzangebot in den Lokalen wegen der Hygienestandards überschaubarer geworden ist.
Einer, der weiß, wie es in der Branche derzeit aussieht, ist Michael Steiger. Der 51-Jährige besitzt vier Irish Pubs in Tuttlingen, Villingen und Schwenningen, ist seit mehr als 30 Jahren Gastronom und außerdem Vorsitzender des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Schwarzwald-Baar-Kreis.

„Die Lage ist mehr als angespannt. Ich würde sagen, sie ist sogar vorsichtig kritisch.“ Das Problem sei, dass es nicht den Ansatz einer Aussicht darauf gebe, wann sich die Situation wieder merklich entspannen wird. Die Gastronomen wüssten schlicht nicht, bis wann sie auf eine erhebliche Besserung der Situation hoffen können.
„Es ist deswegen dringend notwendig, dass ein zweites Rettungspaket für unsere Branche kommt“, sagt Steiger. Dieses sei derzeit in der Pipeline. Wann und sogar ob es kommt, sei unklar.
Bei Steiger selbst ist der Betrieb auch wieder angelaufen. Während etwa im Biergarten in Tuttlingen mehr Platz zur Verfügung stehe, sehe die Situation zum Beispiel im Villinger Irish Pub anders aus. Hier müsse noch stärker darauf geachtet werden, dass der Mindestabstand von 1, 50 Meter auch zu den Fußgängern, die am Lokal vorbeilaufen, eingehalten werden kann.
Steiger kann aus diesem Grund im Schnitt nur etwa ein Drittel seiner eigentlichen Tische aufstellen. „Wir nehmen so am Tag knapp unter 50 Prozent unseres eigentlichen Geldes ein“, sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende. Das sei aber nur der Fall, wenn gutes Wetter herrscht.
Steiger sagt deshalb: „Mir graut es schon vor schlechtem Wetter.“ Der beliebte Mittagstisch im „Irish“ werde bislang noch verhalten angenommen. Steiger sagt, dass es am Home Office vieler Gäste liegen könne. Wer nicht auswärts arbeitet, esse wohl daheim.

Während viele Restaurants in der Villinger Innenstadt aufgrund der engeren Lage um die 50 Prozent ihrer Plätze für die Einhaltung der Hygienestandards einbüßen, sieht das im Landgasthof Ritter in VS-Herzogenweiler anders aus. „Wir verlieren wegen der Bestimmungen etwa 20 Prozent unseres Platzangebots“, sagt Leila Ulus. Gemeinsam mit ihrem Mann Yasin hat sie den „Ritter“ im vergangenen Jahr von ihrem Vater übernommen.
Ulus weiß, dass es anderen Restaurants, was den Verlust an Plätzen anbelangt, weitaus schlimmer geht. „Wir haben beispielsweise zwei große Nebenräume, die wir zu einem riesigen einzelnen Raum verbinden können. Auch draußen können wir 50 Plätze zur Verfügung stellen. Wir haben in dieser Hinsicht Glück“, sagt die Ritter-Mitinhaberin weiter.
Außer der größeren Fläche, sei es dem „Ritter“ aber ähnlich ergangen, wie anderen Restaurants in VS. „Wir haben versucht uns mit dem Abhol- und Lieferservice über Wasser zu halten“, sagt Ulus. Anfangs hätten die Kunden diesen gut angenommen. In letzter Zeit seien die Bestellungen aber rückläufig gewesen. Dennoch sagt Ulus: „Alles in allem ist es toll, wie uns unsere Gäste unterstützt haben.“ Die Mitarbeiter musste sie dennoch in Kurzarbeit schicken.
Am Dienstag, 19. Mai, öffnet das Landgasthaus Ritter in VS-Herzogenweiler nun also wieder. Die Reservierungen ließen noch etwas zu wünschen übrig. Die Besitzer hoffen auf das Wochenende und den Vatertag. Wer im „Ritter“ essen will, muss den Bestimmungen entsprechend seinen Namen, eine Telefonnummer sowie die jeweilige Adresse hinterlassen.
„Wir hoffen darauf, dass die Gäste nichts dagegen haben“, sagt Ulus. Notiert werden die Daten handschriftlich auf einem Zettel, die die Dehoga zur Verfügung gestellt hat. Pro Kunde gebe es ein Papier. Dieses muss laut Corona-Verordnung vier Wochen aufbewahrt werden. „Danach schreddern wir alles“, verspricht die „Ritter“-Mitinhaberin – und hofft auf einen guten Neustart.