Einen aktuellen Rück- und Ausblick gab die Gewerkschaft IG Metall am Freitag, 7. Februar, in ihrem Gewerkschaftshaus in VS-Schwenningen. Besorgt äußerten sich die Gewerkschaftsvertreter dabei der Entwicklung und den Zukunftsaussichten für die heimische Industrie.
Neue Kurzarbeiterregelung hilft
„Es war gut, dass die Regierung die Möglichkeit der Kurzarbeit auf 24 Monate ausgedehnt hat“, erklärt der Erste Bevollmächtigte des hiesigen IG-Metall-Bezirks, Thomas Bleile. „Das hilft vielen unserer Betriebe in der aktuell angespannten Situation“. So verzeichnet die Region zwar eine leichte Zunahme der Arbeitslosigkeit, aber eben noch keine großen Entlassungswellen.
Derzeit, so berichten die Gewerkschafter, werden von vielen, vor allem größeren Betrieben, immer noch attraktive Abfindungsprogramme für Mitarbeiter angeboten, die den Betrieb freiwillig verlassen.
Abfindungen und Personalmangel: Wie passt das zusammen?
Gewerkschaftssekretär Uwe Acker erschließt sich diese Personalpolitik allerdings nicht wirklich: „Diese Programme laufen zum Teil immer noch im großen Stil, während genau die gleichen Unternehmen über zunehmenden Fachkräftemangel klagen.“
Dabei stellt sich die Lage aus Sicht der IG Metall durchaus etwas differenzierter dar. „In unserer Region finden sich hauptsächlich mittelständische Betriebe, viele davon noch familiengeführt. Die agieren anders und wollen auch nicht ins Ausland abwandern“, erläutert Bleile.
Schrumpfende Aufträge bei Autozulieferern
Da die meisten davon Zulieferer in der Automotive-Branche sind, spürten sie die allgemeine Verunsicherung rund um das Thema „Zukunft der Mobilität“ sofort und konkret am schrumpfenden Auftragseingang. Zum Auftragsrückgang kämen die Belastungen viel zu hoher Energiepreise und eine überbordende Bürokratie.
Das fordert die Gewerkschaft
Um dem entgegenzuwirken, hat die Gewerkschaft unter dem Motto „IndustrieLÄND BW 2035“ ein 11-Punkte-Programm aufgestellt. Die Kernforderungen an die Politik lauten: Modernisierung der Infrastruktur, Beschleunigung von Genehmigungs- und Antragsverfahren, ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis und ein Überdenken der Schuldenbremse.

Größtes Manko aus regionaler Sicht ist aus Sicht der Gewerkschafter aber vor allem die fehlende Planungssicherheit der Unternehmen, in welche Richtung sich die Industriepolitik Deutschlands entwickeln soll.
Hier sei vor allem die nächste Bundesregierung gefordert. „Unsere Betriebe und Arbeitnehmer können und wollen sich anpassen, aber die Richtung muss einfach klar sein.“
Gegen Abstriche an der 35-Stunden-Woche
Auf die Frage, welche Zugeständnisse die Gewerkschaften hierbei machen könnten, blieben die Funktionäre eher zurückhaltend. „Am Ziel der 35-Stunden-Woche halten wir weiterhin fest“, sagt Bleile.
Die IG Metall habe mit den Unternehmen bereits viele flexible Arbeitszeitmodelle in den Tarifverträgen umsetzen können. Hier gebe es noch viel Potenzial für noch weitergehende Gestaltungsspielräume. Dies helfe nicht nur den Arbeitnehmern, so Bleile, sondern auch den Betrieben, die damit noch flexibler auf Veränderungen im Markt reagieren könnten.
Hohe Löhne verteidigt
Beim Thema Entlohnung ist es für die Gewerkschaft keine neue Erkenntnis, dass Deutschland im internationalen Vergleich ein Hochlohnland ist. Hohe Löhne, so rechtfertigt die IG Metall ihre Lohnforderungen, stärkten vor allem die Kaufkraft und seien damit eine Investition in weiteres Wirtschaftswachstum.

Positiv für den Standort Deutschland sehen die Gewerkschafter das Thema Qualifizierung, Flexibilität und Ausbildung der Jugend sowie eine hohe Motivation der Arbeitnehmer. Und die langen Laufzeiten der aktuellen Tarifverträge sorge für mehr Planungssicherheit der Betriebe.
Gewerkschaft passt sich an
Vor allem habe man gelernt, so die Metaller, nicht alle über einen Kamm zu scheren. „Wir sprechen mit den Betrieben und versuchen, mit angepassten Tarifmodellen dort zu helfen, wo ein Betrieb in seiner jeweiligen Branche Probleme hat“, erläutert Bleile.
Zufrieden zeigte sich die IGM Metall mit den erzielten Tarifabschlüssen für die Metall- und Elektroindustrie, die nun eine Laufzeit bis April 2026 haben.
Beim Mitgliederstand verzeichnet man zwar einen leichten Rückgang, der wiederum habe aber vor allem auch mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge zu tun. Viel Arbeit steckt die Gewerkschaft daher auch in den Aufbau von Jugend- und Ausbildungsvertretungen.