Für die Staatsanwaltschaft steht fest: Mit den sechs Messerstichen kann sich der Mann nicht selbst das Leben genommen haben – damals am 12. Februar 2023.

Zwar war seine jetzt angeklagte Frau im Prozess vor dem Landgericht bei ihrer Aussage geblieben, ihr verstorbener Mann habe sich mit einem Küchenmesser selbst getötet.

Aber dagegen sprächen mehrere Indizien, so die Ankläger. Das abgewaschene Tatmesser lag beispielsweise neben der linken Hand des 55-Jährigen, er ist aber Rechtshänder.

Tiefe Stichwunden selbst zugefügt?

Vor allem aber: Die Stichwunden – eine davon 12,5 Zentimeter tief und durch eine Rippe gehend, eine andere traf direkt den Lungenflügel und das Herz – hätte er sich nur unter schier unmöglichen Bewegungen selbst zufügen können.

Zudem sei er ein lebensfroher Mensch gewesen, so hätten ihn seine Bekannten geschildert. Noch am Tag vor der Tat habe er mit einem Freund das Bad einer Bekannten renoviert. Das wollte man bald danach noch gemeinsam fertigstellen – dann allerdings kamen die tödlichen Messerstiche dazwischen.

Weiteres Indiz sprich gegen Suizid

Auch das Schreiben, das nach Aussage der Angeklagten den Mann kurz vor seinem Tod zur Verzweiflung gebracht habe, habe ihm zu einem Suizid keinen Grund geboten. Es handelte sich dabei, so der Staatsanwalt, um die Zusage des Amtsgerichts, dass er Gerichtskostenbeihilfe bekommen werde.

Da der Getötete zahlreiche Verfahren, sowohl in Deutschland als auch in Russland, geführt habe, unter anderem wegen des Unterhalts für seine beiden Töchter, habe er genug Erfahrung in dem Bereich gehabt, um das Schreiben richtig verstehen zu können.

Staatsanwaltschaft sieht Angeklagte als Täterin

Damit ist für die Staatsanwaltschaft klar: Die Frau habe ihren Mann getötet. Dass bei ihr nach dem Tod ihres Mannes mehr als 3,5 Promille Blutalkohol gemessen wurden, mindere die Schuld nicht.

Denn sie habe zugegeben, nach dem Tod des Gatten eine Flasche Tequila oder Wodka getrunken zu haben. Zudem sei sie, als die Polizei sie zur Vernehmung holte, selbstständig gelaufen und in das Polizeiauto eingestiegen.

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Dazu gibt es eine Aussage der 54-Jährigen gegenüber einem Beamten, der Russisch spricht. Zu diesem soll sie gesagt haben, dass sie den Mord an ihrem Mann gestehen wolle. Dies sei, so der Staatsanwalt, absolut glaubwürdig.

Anwalt der Töchter schließt sich Staatsanwaltschaft an

Die beiden Töchter des Toten werden von Anwalt Niklaus Boos vertreten. Er schloss sich in allen Punkten der Staatsanwaltschaft an. Auch, weil die Angeklagte während des ganzen Prozesses nie ein Geständnis abgelegt hat, wie er betonte.

Hingegen plädierte Alexander Zhukhovitskiy, der Verteidiger der 54-Jährigen, auf Freispruch. Seine Mandantin habe im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt und habe keinen Tötungsvorsatz gehabt. „Auch wenn ein Selbstmord wenig wahrscheinlich ist, so kann er doch nicht ausgeschlossen werden.“

Den Plädoyers voraus ging ein weiterer Bericht der Gerichtsmedizinerin Melanie Honer, die detailliert blaue Flecken und kleine Wunden am Körper der Angeklagten untersucht hatte, allerdings meist auf Fotos, die die Frau selbst gemacht hatte.

Beschwerde über Fußfesseln

Vor den Plädoyers beschwerte sich die Angeklagte über die Fußfesseln, die schmerzten sie, stattdessen wolle sie Handfesseln tragen. Die jedoch hielten sie ja nicht von einer Flucht zu Fuß ab, widersprach Richter Münzer. Schließlich durfte sie sich zwischen zwei kräftige Wachleute setzen, die ihr zuvor die Fesseln abgenommen hatten.

Das Urteil wird voraussichtlich am Donnerstag, 7. Dezember, um 13 Uhr gesprochen.