Das Landgericht Rottweil hat jetzt einen 38-Jährigen wegen schwerer Vergewaltung verurteilt. Und damit nicht genug: Die Sicherungsverwahrung sei möglich, unter Vorbehalt, das stellte Richter Karlheinz Münzer in der Urteilsbegründung klar.
Wenn der Mann sich einer Sexualtherapie unterzieht, kann er diese verlängerte, möglicherweise lebenslange Haft noch vermeiden.
Mitgefühl für das junge Opfer fehlt völlig
Für die Therapie gibt es gute Gründe, denn der psychiatrische Sachverständige attestierte dem 38-Jährigen eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Die Empathie, also das Einfühlungsvermögen in anderen Menschen, fehle ihm, dazu komme pathologischer Narzissmus, emotionale Kälte, mangelnde Affektkontrolle und sexueller Sadismus.
Missbrauchte soll Angeklagten geliebt haben
Daher besteht aus Sicht des Landgerichts die Gefahr, dass der Mann weiterhin ähnliche Taten begehe, wie es jetzt in einem Ort im Landkreis Rottweil der Fall war. Es sei denn, der Mann bekomme das mit einer Therapie in Griff.
Eine schwierige Entscheidung für das Gericht, denn das Verhalten der jungen Frau sei ambivalent gewesen. So habe sie damals noch zu ihrem Freund gesagt, dass sie den Angeklagten liebe und deshalb zu ihm ziehe.
Innere Verletzungen machen Krankenhausaufenthalt nötig
Videos und Chats zeigten, dass sie vielem zugestimmt und oft die Möglichkeit hatte, sich zu verweigern, aber dennoch mitmachte.
Doch es kam auch zu schwersten Taten, bei denen zwei zu schweren inneren Verletzungen führten, in einem Fall zu einem längeren Krankenhausaufenthalt. Da wurde ihr Darm durch die Hand des Mannes perforiert – mit schweren Folgen: starke Blutungen, ein künstlicher Darmausgang, Narben, die sie behalten wird.
Ehefrau des Verurteilten störte sich am Lärm des Schlagens der jungen Frau
Richter Münzer schilderte auch die Tat, bei der der Angeklagte die junge Frau zunächst mit einer Peitsche geschlagen hatte, seine Ehefrau aber wegen des Lärms einschritt. Da hätte sie das Schlafzimmer mit der Ehefrau verlassen können, betonte Münzer, habe es aber nicht getan. Stattdessen wurde sie vom Angeklagten mit der Faust geschlagen.
Auch das Leben des Angeklagten kam im Prozess zur Sprache. Nach einem schweren Autounfall hatte der 38-Jährige zu allem an Substanzen gegriffen, was möglich war: Alkohol, Drogen, Medikamente. Eine Entziehungskur half, dann lernte er seine spätere Frau kennen, man heiratete, kaufte ein Haus, das entsprechend umgebaut wurde. Zwillinge kamen zur Welt, er arbeitet in einem Callcenter.
Doch wegen der durch den Unfall eingeschränkten Sexualität habe das Ehepaar beschlossen, eine offene Ehe zu führen, erläuterte Richter Münzer. Swingerclubs, Sado-Maso-Filme, Sex mit anderen Partnern, auch zu dritt.
Dabei sei, wie Münzer betonte, nie Gewalt im Spiel gewesen, das hätten die Aussagen der Zeugen klar gezeigt.
Allerdings gab es starke Machtausübung durch den Angeklagten, besonders in der Zeit, wenn sich die Frauen abwandten. Da habe es Drohungen gegeben, auch gegenüber einer damals 16-Jährigen; Drohungen beispielsweise, einschlägige Fotos den Eltern zu zeigen.
Münzer stellte klar: Sexuelle Praktiken hat das Gericht nicht zu bewerten, das geht den Staat nichts an. Aber die schweren Taten gegenüber der heute 21-Jährigen, die als Nebenklägerin im Prozess auftrat, sehr wohl.
Missbrauchsopfer sagt aus
Die junge Frau sagte auch aus – allerdings musste der Angeklagte dafür den Gerichtssaal verlassen. So habe er ihr, die bereits eine posttraumatische Belastungsstörung hat, erspart, dass ihre Aussagen hinterfragt wurden.
Das erleichtere es ihr, damit umzugehen und das Geschehene zu verarbeiten – und ebenso, dass der 38-Jährige alles gestand und auch bereut. Dies hielt ihm das Gericht ebenso zugute wie die Tatsache, dass er aufgrund der schweren Folgen seines früheren Unfalls enorm haftempfindlich ist.
Erschreckender Sadismus
Auf der anderen Seite steht die emotionale Kälte des Mannes, sein egozentrisches Verhalten, wie der Richter deutlich machte: „Es ist erschreckend, wie sadistisch er vorgegangen ist“. Indem er beispielsweise, weil er gerade schlechte Laune hatte, beschloss, er wolle der jungen Frau jetzt Schmerzen zufügen. Und das dann auch tat: mit der Hand, mit der Peitsche, mit Tattoo-Nadeln.
Sicherungsverwahrung als „Damoklesschwert“
Der 38-Jährige hörte sich die Urteilsverkündung zusammengesunken an und wurde gleich danach wieder ins Gefängnis gebracht. Möglicherweise könne er die eigentliche Haft dann in einer Justizvollzugsanstalt antreten, wo er in Therapie kann. Denn die Sicherungsverwahrung „schwebt wie ein Damoklesschwert über ihm“.
Hält Gefährlichkeit des Mannes an?
Noch könne man nicht feststellen, ob die Gefährlichkeit des Mannes, die aus seinem Hang zum Sadismus resultiere, anhalte, „das ist heute noch nicht sicher“, so das Gericht. Dafür werde es in einigen Jahren eine weitere Verhandlung geben, dann werde das geprüft. „Machen Sie das Beste daraus, treten Sie eine Therapie an“, gab ihm Richter Münzer mit auf dem Weg.