Letzte Woche Mittwoch, vertieft in die morgendliche Lektüre des SÜDKURIERS lässt mich ein jubelnder Schrei meiner Ehegattin aufschrecken. Während ich den Weltspiegel lese, ist sie im Hauptteil auf eine kurze Meldung gestoßen. „Ab nächsten Montag dürfen sich 60-jährige impfen lassen“, ruft sie so laut, dass die Tassen im Regal zittern. Noch nie habe ich meine Frau über die Tatsache jubeln hören, dass sie über 60 Jahre alt ist. Im nächsten Moment hat sie ihr Smartphone in den Händen, ruft die Seite „Impfterminservice“ auf und tippt ihr Alter, 62 Jahre, ein.

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„Impfzentrum Schwarzwald-Baar-Kreis keine freien Termine“, murmelt sie. Ihre Mine verdüstert sich. Oh, wie ich mich vor den Launen meiner Frau fürchte. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel. Bitte! Eine Minute später entfährt ihr ein Juchzer. „Ich habe einen Termin in Singen, gleich am Montag, mit Folgetermin“, ruft sie triumphierend und stößt die geballte Faust nach oben. Jetzt erinnert sie mich ein wenig an Che Guevara.

Dass es an diesem Montag, so wird gemeldet, ausschließlich den Impfstoff von AstraZeneca gibt, ist meiner Frau Schnuppe. Und mit Verlaub, ich würde mir Sputnik V, zur Not auch einen Mikrochip von Bill Gates persönlich verpassen lassen. Hauptsache geschützt vor Covid. Doch leider fehlen mir bis zu meinem 60-ten Lebensjahr vier Monate. Oder der richtige Beruf, als Schauspieler und Clown hat man gerade schlechte Karten.

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Im nächsten Moment bekommt meine Frau schon einen Vermittlungscode zugeschickt und muss sich nur noch registrieren. Innerhalb von zwei Minuten sind der Termin am Montag und der Folgetermin im Juli bestätigt. Wir sind perplex, so einfach war das jetzt? So einfach war es.

Montag diese Woche begleite ich mein angetrautes Weib zu ihrem Impftermin nach Singen. Und bin mindestens so aufgeregt wie sie. Das KIZ, Kreisimpfzentrum, befindet sich in der Stadthalle. Vor dem Eingang ist ein Zelt aufgebaut, ein Sicherheitsmann begrüßt uns. „Willkommen Frau Will“, sagt der betont freundlich nach einem Blick in die Registrierung, sofort wird sie weitergeleitet zum nächsten Posten, erster schriftlicher Gesundheitscheck. Für mich ist allerdings Endstation.

„Tut mir leid“, schüttelt der Herr den Kopf, „Wenn sie keine notwendige Begleitperson sind, dürfen sie nicht rein“. Ich winke meiner Frau zaghaft nach, doch die ist schon in der Stadthalle verschwunden. Ungeduldiges Warten folgt für mich, nach einer Dreiviertelstunde kommt sie den Impfpass winkend wieder heraus.

Alles ist perfekt organisiert, erzählt sie, die Mitarbeiter allesamt freundlich. Vor allem freut sie sich. „Ich bin geimpft“, strahlt sie. Mir fällt Udo Jürgens ein, der vor vielen Jahren sang „Mit 66 Jahren da fängt das Leben an“. Heute reichen dazu schon 62. Geimpft.