3,74 Promille Atemalkohol: Dieser Wert wurde bei einer 54 Jahre alten Frau gemessen, der vorgeworfen wird, am Abend des 12. Februars 2023 ihren ein Jahr älteren Ehemann mit sechs Messerstichen getötet zu haben.
Dafür muss sie sich seit Montag vor dem Rottweiler Landgericht verantworten. Möglicherweise ist die Frau wegen des Alkohols im Blut vermindert schuldfähig.
„Getötet, ohne Mörderin zu sein“
Zumindest sieht das die Staatsanwaltschaft so: Sie soll „getötet haben, ohne Mörderin zu sein“, heißt es in der Anklage.
Die Frau soll der Polizei gegenüber angegeben haben, ihr Mann habe sich selbst getötet.
Das Gericht versuchte beim Prozessauftakt herauszufinden, ob die Angeklagte schon länger größere Mengen Alkohol getrunken hatte, wie oft und wie viel. Doch das war nicht einfach.
Erzählungen aus Russland
Denn von ihr war nicht nur ausführlich ein umfangreicher Lebenslauf zu hören, sondern immer wieder Sätze wie: „Ein nüchterner Mensch versucht sich zu beschränken.“ Oder Beschreibungen des sozialen Lebens ihrer Heimat Russland, zu dem es gehöre, nach dem Abendessen alkoholische Getränke zu sich zu nehmen.
Die 54-Jährige hat zwei erwachsene Söhne. Sie selbst habe immer leitende Funktionen innegehabt, in der Metallindustrie und bei einem Moskauer Theater, in dem ihr erster Mann als Techniker und Maschinist gearbeitet hatte.
Mit 43 Jahren habe sie dann zusammen mit der Familie beschlossen, nicht mehr zu arbeiten – man habe genug Ersparnisse gehabt. Sie sei dann viel auf Reisen gewesen, von der Türkei über Spanien, Frankreich und Schweden bis Finnland.
Töchter des Getöteten sind Nebenklägerinnen
In Ägypten habe sie 2012 dann ihren zweiten Mann kennengelernt. Ausführlich beschrieb sie das erste Treffen am Strand, bei dem auch seine damalige Frau und deren beide Töchter – beide sind Nebenklägerinnen – dabei waren.
Ab 2015 führten sie laut ihren Angaben eine Fernbeziehung mit gegenseitigen Besuchen in Moskau und Deutschland. Später wurde geheiratet. Als Ehefrau durfte sie dauerhaft in Deutschland leben.
Blumen und Tomaten auf dem Balkon
Sie sei Hausfrau gewesen, erzählte sie, habe sich um Blumen und Tomaten auf dem Balkon gekümmert und gerne für ihn gekocht.
Den Tod des Mannes bezeichnete sie als „Unglück“. Er habe viele Sorgen gehabt, nicht schlafen können, da habe sie ihm Gesellschaft geleistet – offenbar auch beim Trinken.
Regelmäßiges Trinken
Ja, gab sie schließlich zu, mittags habe man eine Flasche Weißwein getrunken, abends roten. Nein, keinen aus dem Tetrapak, sondern aus der 0,75 Liter-Flasche. Und wenn man sich per Skype mit Freunden in Russland unterhielt, auch mal mehr, ja, auch Wodka. Man habe „getrunken, was auf dem Tisch stand“. Der Bluttest am Morgen nach der Tat ergab bei der 54-Jährigen einen Wert von 1,88 Promille.
Laut Anklage hatte das Paar an dem Abend des 12. Februars in der Küche der Wohnung im Raum Schramberg gestritten. Der Mann habe ihr den hohen Alkoholkonsum vorgehalten.
Ist ein Streit in der Küche eskaliert?
Sie habe dann ein 15 Zentimeter langes Küchenmesser genommen und ihn gefragt, ob er Angst habe, so die Staatsanwaltschaft weiter. Seine Antwort sei gewesen, dass er „diese Scheiße nicht brauche“. Daraufhin habe sie, so die Staatsanwaltschaft, sechsmal zugestochen.
Der Prozess wird am 12. September fortgesetzt, das Urteil wird voraussichtlich am 15. September fallen.