Gerda Maier wusste es nicht, aber ihr Leben hing an jenem Abend Ende Februar an einem seidenen Faden. Ein Sturz – und die Schwenningerin hätte eine Hirnblutung erlitten. Dass dies nicht passiert ist, ist auch der Verdienst ihres Ehemanns, der die alte Dame bei ihrem Besuch in der Notaufnahme des Schwarzwald-Baar-Klinikums nicht aus den Augen ließ. Doch eben diese Tatsache brachte ihm jetzt eine Zahlungsaufforderung über 30 Euro für den Parkplatz der Notaufnahme und eine Menge Frust.

Seit der Einführung der Kurzparkzone von 15 Minuten im vergangenen Sommer sorgt der Parkplatz vor der Notaufnahme des Schwarzwald-Baar-Klinikums immer wieder für Ärger.

Einerseits soll die Regelung zwar dafür sorgen, dass Parkflächen zügig wieder frei werden für die nächsten Autos, in denen auch Notfallpatienten transportiert werden. Und dass niemand dort gratis parkt und Stellplätze blockiert, nur um sich die Gebühren fürs Parkhaus zu sparen.

Doch andererseits klagen immer wieder Angehörige, dass sie ihre schwer kranken Kinder, Ehepartner oder Eltern nicht einfach allein lassen konnten, um schnellstmöglich umzuparken.

Das Klinikum reagiert jetzt: Wie Pressesprecherin Sandra Adams bestätigt, wird die erlaubte Parkdauer auf 30 Minuten erhöht.

Der Kern des Problems liegt woanders

Erich Maier glaubt indessen nicht, dass dies den Kern des Problems trifft. Das betagte Ehepaar heißt eigentlich ganz anders, ihr echter Name ist der Redaktion bekannt. Dass jeder ihre Krankengeschichte kennt, möchten die Senioren jedoch nicht.

Dass die Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis erfahren, was für ein Nachspiel der Besuch in der Notaufnahme haben kann, aber schon. Für diese Geschichte sind die beiden Schwenninger, die nicht weit vom Klinikum leben, also Familie Maier.

„Ich habe meine hilflose, verwirrte und gehbehinderte Frau in die Notaufnahme gebracht, wo eine akute Blutvergiftung diagnostiziert wurde“, erzählt Erich Maier. Die Seniorin ist in dem Moment einerseits völlig desorientiert, auf der anderen Seite aufgeregt – „ich war mir nicht sicher, ob sie sitzenbleibt“, erinnert sich der Rentner. Dass ein Sturz lebensgefährlich sein könne, weil sich Blutverdünner im Körper seiner herzkranken Frau aufgestaut haben, erfährt der Mann erst später von einer Oberärztin. Er bleibt jedenfalls bei ihr, die ganze Zeit.

Vor lauter Sorge wie in einem Tunnel

Womit wir schon beim Problem wären: Denn Erich Maiers Auto steht auf dem Parkplatz direkt vor der Notaufnahme. Dass ein Kameraauge um 16.31 Uhr sein Kennzeichen gescannt hat, als er auf den Parkplatz fuhr, hat er nicht bemerkt. Dass an der Einfahrt ein Schild stand, das eben darauf hinwies, ebenso wenig. „Ich war in Sorge und wie im Tunnel.“ Tage später kommt die Zahlungsaufforderung – und Erich Maier fällt aus allen Wolken.

Sandra Adams ist die Pressesprecherin des Schwarzwald-Baar-Klinikums.
Sandra Adams ist die Pressesprecherin des Schwarzwald-Baar-Klinikums. | Bild: Patricia Beyen

„Manchmal ist das schon grenzwertig“, gibt Sandra Adams zu. Die Pressesprecherin ist immer wieder mit solchen Härtefällen konfrontiert, seitdem das Klinikum die Neuregelung eingeführt hat. Dennoch: „Für uns funktioniert das grundsätzlich besser und für die meisten Nutzer auch“, sagt Adams.

Neben der Verlängerung der Parkzeit soll dieser Tage aber auch die Beschilderung geändert und für die Autofahrer besser sichtbar gemacht werden.

Die klare Botschaft: Regelung soll abschrecken

Die Park-Regelung solle dazu dienen, die Parkplätze vor unberechtigten Nutzern zu schützen. „Auch wenn sie nicht alle Autofahrer abhält, können wir sagen, dass sich die Regelung bewährt“, sagt Sandra Adams.

Will heißen: Es gebe nun deutlich weniger Menschen, die sich dort einfach nur das Geld fürs Parkhaus sparen wollen. Sandra Adams sagt es ganz klar. „Die Regelung soll abschrecken. Wir wollen gar nicht, dass da jemand stehen bleibt.“

Erstmals seit Inbetriebnahme des Klinikums sei es jetzt so, dass die Parkplätze vor der Notaufnahme tatsächlich als Kurzzeitparkplätze genutzt werden – also so, wie sie gedacht sind. Nur mithilfe einer Regelung könne das Klinikum überhaupt eine solche „Entladezone für Notfallpatienten“ anbieten. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass anderenfalls die Plätze einfach zugeparkt werden.

Mehr Plätze würden auch nichts bringen

Immer wieder wird gefordert, dass das Klinikum auf der großen freien Fläche vor dem Eingang doch einfach mehr Notfall-Parkplätze ausweisen sollte. Doch auch dies, so Sandra Adams, würde nichts ändern. Ohne Regelung und Strafe würden auch sie als Gratis-Stellplätze zweckentfremdet.

Gerda und Erich Maier, die beiden Schwenninger, können die Beweggründe des Klinikums durchaus nachvollziehen. „Es ist klar, dass man Falschparkern beikommen muss“, sagt Erich Maier. „Aber es muss auch für Härtefälle eine andere Lösung geben.“

Wie läuft das bei anderen Kliniken?

Wie machen dies denn andere Kliniken? Bei den Sana-Kliniken im Landkreis Biberach beispielsweise gibt es ebenfalls Parkplätze vor der Notaufnahme, die medizinischen Notfällen vorbehalten sind. Die erste halbe Stunde ist hier kostenfrei, danach werden für jede weitere halbe Stunde zehn Euro fällig. Notfallpatienten können die Erstattung der Parkgebühren über die Anmeldung der Zentralen Notaufnahme aufgeben, heißt es auf der Homepage der Kliniken.

Auch in Tettnang gibt es einen Kurzparker-Platz direkt vor der Klinik, er kostet 1,20 Euro pro Stunde. Werdende Eltern auf dem Weg in den Kreißsaal dürfen den Storchenparkplatz direkt vor der Klinik nutzen, dafür gibt es einen speziellen Parkausweis im Kreißsaal, so die Informationen im Klinik-Internet.

Ende gut, alles gut? Nicht wirklich

Erich Maier hat in der Zwischenzeit ans Schwarzwald-Baar-Klinikum geschrieben, ebenso mehrfach an die Parkraum Management (PRM) GmbH. „Ich hatte so eine Wut, ich wollte vor Gericht gehen“, sagt er. Nachdem er zuerst mit einem Standardschreiben abgespeist wurde, hat die PRM vor wenigen Tagen doch noch reagiert – und ihre Forderung über 30 Euro storniert. Maier findet dennoch: „Man muss eine Lösung finden, die für alle machbar ist.“