Das Landgericht Konstanz hat dem Angeklagten im Dauchinger Mordprozess am Montag wegen vorsätzlichem Totschlags eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dort soll sich Micha G. nach dem Urteil einer langfristigen, psychiatrischen Behandlung unterziehen. Wo diese erfolgen soll, wurde im Gerichtsurteil nicht erklärt. Zuletzt war der 32-Jährige aber im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) auf der Reichenau untergebracht.

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Wie der Vorsitzende Richter Arno Hornstein bei der Verkündung sagte, sei das Urteil für die Strafkammer „keine Frage der Schuld, sondern der Unterbringung“ gewesen. Dem Angeklagten sei der Mord an seiner Mutter eindeutig nachweisbar gewesen, erklärte er. Grundlage dafür seien unter anderem der Obduktionsbericht der Mutter sowie mehrere Zeugenaussagen gewesen. Diese hätten bestätigt, dass sich Mutter und Sohn vor dem Vorfall gemeinsam in dessen Zimmer aufhielten.

Richter spricht von „Brutalität einer Ausnahmesituation“

Bei dem Mord an der 72-jährigen Mutter sprach Hornstein von der „Brutalität einer Ausnahmesituation“. Die Richter gingen davon aus, dass der Angeklagte den Mord im psychotischen Zustand begangen habe. Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte den Angeklagten im Laufe des Prozesses für schuldunfähig erklärt und bei ihm Anzeichen für eine Psychose sowie eine Schizophrenie festgestellt. Laut Zeugenaussagen habe der Angeklagte in den Monaten vor der Tat zudem seine Medikamente abgesetzt, sich zurückgezogen und Sozialkontakte gemieden.

Der Angeklagte hatte während des Prozesses auch ausgesagt, sich nicht an den Mord erinnern zu können. Der psychiatrische Sachverständige sowie die Richter schätzten diese Aussage als glaubwürdig ein. „Wir nehmen ihnen ihre Erinnerungslücken ab“, sagte Hornstein, „obwohl das in vielen Fällen, die wir hier im Gericht haben, meistens eher taktischer Natur ist.“

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Ablauf der Tat bleibt unklar

Den Vorsatz bei der Brandstiftung konnte man Micha G. dagegen nicht nachweisen. Der Grund: Da lediglich das Sofa und nicht das Haus angezündet wurden, handele es sich rechtlich betrachtet um Sachbeschädigung, so die Begründung des Vorsitzenden. Zudem sei der Angeklagte in seinem Wahnzustand offenbar nicht in der Lage gewesen, die Verbindung zwischen der angezündeten Couch und eines Hausbrands als mögliche Folge zu begreifen.

Der Tatort: In diesem Wohnhaus ereignete sich der Mord (Archivfoto aus dem Juni 2021).
Der Tatort: In diesem Wohnhaus ereignete sich der Mord (Archivfoto aus dem Juni 2021). | Bild: René Laglstorfer

Ähnlich war es auch beim Anklagepunkt der vorsätzlichen Körperverletzung gegen die Rettungskräfte. Aufgrund seines Wahnzustands sei er nicht im vollen Bewusstsein gewesen, als er einen Feuerwehrmann und einen Rettungssanitäter vor dem Elternhaus attackierte. „Dass der Angeklagte somit die Lösch- und Rettungsarbeiten behindern wollte, kann nicht nachgewiesen werden“, so Hornstein. Weiterhin konnte aufgrund mangelnder Zeugen auch der genau Ablauf des Mordes nicht vollends rekonstruiert werden.

Strafkammer sieht Fremdgefährdung durch Angeklagten

Die Unterbringung des Angeklagten in einer Psychiatrie begründete Hornstein mit der Fremdgefährdung. „Bei ihm ist damit zu rechnen, dass wieder Stimmen in seinem Kopf auftauchen und Aggressionen bei Menschen auslösen“, sagte Hornstein. „Das kann jeder sein, selbst der beste Freund von ihm.“ Wie der Vorsitzende erklärte, sei es der Strafkammer jedoch nicht leicht gefallen, ein Urteil zu fällen. „Es ist keine leichte Entscheidung, einen jungen Mann wie Sie in eine Psychiatrie unterzubringen.“

Vor Beginn der Gerichtsverhandlung wurden dem Angeklagten die Handfesseln abgenommen.
Vor Beginn der Gerichtsverhandlung wurden dem Angeklagten die Handfesseln abgenommen. | Bild: Hanser, Oliver

Der Angeklagte hätte nur eine Chance auf eine Entlassung, wenn er die Ausmaße seiner Krankheit und die Notwendigkeit einer Therapie einsehe, so der Richter. „Es geht dabei aber auch darum, dass Sie bei ihrem weiteren Genesungsprozess mitarbeiten.“ Der Angeklagte nickte aufmerksam, als sich der Vorsitzende an ihn wendete.

Verteidigung erwägt, Revision einzulegen

Gerhard Zahner, der Verteidiger des Angeklagten, hatte zuvor auf Freispruch für seinen Mandanten und weitere psychotherapeutische Maßnahmen plädiert. Er sah den Angeklagten in seinem Schlussplädoyer als Opfer seiner psychischen Beeinträchtigungen, die in der Vergangenheit nicht ausreichend therapiert worden seien. „Er ist in einem Haushalt aufgewachsen, wo beide Eltern psychische Probleme hatten“, so der Verteidiger.

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Wie er nach dem Urteil gegenüber dem SÜDKURIER erklärte, behalte er sich daher vor, Revision einzulegen. Außerdem wolle man den psychischen Zustand seines Mandanten „nochmals überprüfen lassen“, so der Konstanzer Anwalt. Um Revision einzulegen, haben Angeklagter und Verteidiger eine Woche Zeit. Andernfalls wird das Urteil nach Ablauf dieser Frist rechtskräftig. Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte.