Wenn es stark regnet, dann wird das nicht nur zur Gefahr bei steigenden Flusspegeln, auch für die Störche in der Region wird es dann gefährlich. Genauer: für die Jungtiere. Das ist jetzt passiert.

Noch vor wenigen Wochen hat der Storchenbeauftragte des Landkreises, Manfred Bartler, alle Horste im Landkreis und bis nach Tuttlingen besucht, um die Zahl der Jungstörche 2024 zu ermitteln. Am Ende stand die beachtliche Zahl von 187 Jungtieren in 107 Horsten fest.

Wer hätte das vor zehn bis 15 Jahren gedacht? Zwar war die Population schon damals auf dem aufsteigenden Ast, doch die Storchenpopulation hat sich erholt. Besonders sichtbar ist dieser Trend für viele Tausend Autofahrer auf der Bundesstraße 27 bei Donaueschingen.

2017 baute ein Storchenpaar auf dem Mast neben der Brücke über die B27 in Richtung Pfohren ein erstes Nest. Seither kamen jedes Jahr weitere hinzu. Manch ein Horst entlang der Stromautobahnen musste wegen Sicherheitsbedenken auch schon entfernt werden.

Erstaunlich: Vor einigen Jahren ließ sich erstmals ein Storchenpaar auf einem Strommast an der Bundesstraße 27 bei Donaueschingen ...
Erstaunlich: Vor einigen Jahren ließ sich erstmals ein Storchenpaar auf einem Strommast an der Bundesstraße 27 bei Donaueschingen nieder. 2024 sind alleine auf diesem aktuellen Foto 15 Horste erkennbar. | Bild: Fröhlich, Jens

Jedes dritte Jungtier gestorben

Nach den massiven Regenfällen der vergangenen Wochen klappert Manfred Bartler erneut die Horste ab. Dieses Mal zählt er tote Jungtiere. Und obwohl er erst rund zwei Drittel aller Nester besucht hat, kommt er schon auf 60 tote Tiere.

„Sterben Jungtiere, dann versuchen die Eltern, sie aus dem Nest zu werfen“, erklärt der Storchenexperte. Diese toten Tiere findet Manfred Bartler dann unter den Nestern und kann sie zählen. Oder er vergleicht die Zahl der Jungtiere von vor ein paar Wochen mit aktuellen Sichtungen. So kam er auf die Zahl 60. Bis jetzt.

Unser Archivbild zeigt Manfred Bartler bei der Beringung von Jungstörchen in Aulfingen.
Unser Archivbild zeigt Manfred Bartler bei der Beringung von Jungstörchen in Aulfingen. | Bild: Paul Haug

Manchmal sind die toten Vögel schon zu schwer für die Eltern und bleiben im Nest liegen. Durch die Verwesung könne es passieren, dass Eltern ihren Horst dann verlassen und an anderer Stelle neu bauen.

Einen solchen Wildwuchs möchte Manfred Bartler möglichst verhindern. Alle Nester zu kontrollieren und von toten Tieren zu befreien, ist aber kaum möglich.

In diesem Horst nahe Donaueschingen sind noch mindestens drei Junge am Leben und genießen zusammen mit ihren Eltern, dass endlich einmal ...
In diesem Horst nahe Donaueschingen sind noch mindestens drei Junge am Leben und genießen zusammen mit ihren Eltern, dass endlich einmal die Sonne scheint. | Bild: Fröhlich, Jens

Drama vor der Kamera

Ein solches Tierdrama konnten Internetnutzer zuletzt quasi live mitverfolgen. Das Geschehen im Nest auf dem Tuttlinger Rathaus wurde mittels Webcam ins Netz übertragen.

Vier Jungstörche erblickten dort das Licht der Welt, zur Freude vieler Tierliebhaber. Erst starb ein Junges und wurde von den Eltern aus dem Nest befördert. Dem verbliebenen Nachwuchs erging es daraufhin leider auch nicht besser.

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Binnen weniger Regentage starben nach und nach auch die anderen. Und das, obwohl bei dem Horst alles perfekt gewesen sei, so Bartler.

Einen Unterschied bei der Sterblichkeit in Bezug auf die Standorte der Horste, ob auf einem Dach oder einem Strommast, konnte er nicht feststellen. „Eltern mit weniger Jungen waren im Vorteil“, nennt den wesentlichen Faktor.

Abflug aus luftiger Höhe: Ein Elterntier macht sich auf die Suche nach Nahrung für den Nachwuchs.
Abflug aus luftiger Höhe: Ein Elterntier macht sich auf die Suche nach Nahrung für den Nachwuchs. | Bild: Fröhlich, Jens

Durch den Dauerregen seien die Jungtiere erfroren. Vor allem die Eltern von drei oder vier Jungtieren hätten es schwer gehabt, ihren Nachwuchs vor dem Wetter und dem Auskühlen zu schützen, vor allem dann, wenn die Jungtiere bereits eine gewisse Größe erreicht hatten.

Viele erlagen der Nässe und den kühlen Temperaturen, manche starben aber auch an Krankheiten.

Wenn Eltern das tote Junge nicht aus dem Nest bekommen, bleibt es liegen. Wenn es austrocknet schaffen, sie es manchmal später noch. Wenn es jedoch feucht bleibt, können die toten Jungen verwesen und Eltern das Nest verlassen und an anderer Stelle neu bauen.

Das will Manfred Bartler möglichst verhindern, damit nicht noch mehr Horste entstehen, möglicherweise an Stellen, an denen es Probleme gibt.

Auf dieses Hausdach an der Breg ist eine Storchenfamilie umgezogen, die sonst auf dem wenige Meter entfernte Dach der Grundschule in ...
Auf dieses Hausdach an der Breg ist eine Storchenfamilie umgezogen, die sonst auf dem wenige Meter entfernte Dach der Grundschule in Allmendshofen heimisch war. Dort wird jedoch das Dach saniert. | Bild: Fröhlich, Jens

60 Prozent aller Jungstörche schafft es nicht

2013 habe es schon einmal ein solches Sterben durch Schlechtwetter gegeben, berichtet der Storchenbeauftragte. „Allerdings nicht ganz so schlimm“, fügt er hinzu.

Hinzu komme, dass ohnehin nur rund 40 Prozent aller Jungstörche überleben würden. Stromschläge, Unfälle oder das Wetter zählen zu den häufigsten Todesursachen. Das sei normal. Durch die überhohe Sterblichkeit in diesem Jahr geht er am Ende von einer noch geringeren Überlebensquote aus. Eine akute Gefahr für die Gesamtpopulation sieht er allerdings nicht.

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Dass Storcheneltern nach dem Verlust ihres Nachwuchses jetzt noch einen weiteren Anlauf wagen, schließt er aus. „Dafür ist es zu spät.“

Ein Storch gleitet nahe Donaueschingen elegant und im Tiefflug über den Fotografen hinweg.
Ein Storch gleitet nahe Donaueschingen elegant und im Tiefflug über den Fotografen hinweg. | Bild: Fröhlich, Jens

Bereits im August würden sich die Tiere sammeln, um gemeinsam in Richtung Süden aufzubrechen. Für viele Störche ist das Ziel Spanien. „Die Jungstörche bleiben dann dort, bis sie geschlechtsreif sind“, weiß der Experte. Erst dann schweben sie zurück auf die Baar, meist in zwei oder drei Jahren.