In welche Richtung wird die leere Patronenhülse aus einer Sig-Sauer-Pistole nach dem Schuss ausgeworfen? Dieses wichtige Detail war jetzt Thema beim Rottweiler Landgerichtsprozess wegen versuchten Mordes. Angeklagt ist ein Rentner aus dem Kreis Freudenstadt. Der Mann soll Ende 2023 auf einen Buspassagier gefeuert und diesen nur knapp verfehlt haben.

Um zu zeigen, wie die Pistole funktioniert, zielte ein Kriminalbeamter mit der Tatwaffe am Donnerstag, 13. Juni, im Rottweiler Schwurgerichtssaal kurzerhand auf die Wand hinter dem Angeklagten – und drückte ab.

Natürlich war die verwendete Patrone dabei nicht scharf. Es ging darum, die Waffenmechanik darzustellen.

Wo wurde der Schuss abgefeuert?

Die Antwort: Die Hülse fällt nach rechts. Und damit wurde dann auch die Frage geklärt, wo der mutmaßliche Schütze stand, als er auf den Mann hinten am Bus schoss. Nämlich auf seiner Terrasse, nicht auf seinem gepflegten und geliebten Rasen, wie einige Zeugen gesagt hatten. Ein Detail nur, aber wichtig, um die Stichhaltigkeit von Zeugenaussagen zu klären.

Der Schuss verfehlt sein Ziel nur knapp

Angeklagt ist der 68-Jährige, ein langjähriger Sportschütze, weil er am Tattag, dem 12. Dezember 2023, mit eben einer Sig-Sauer-Pistole auf einen Mann geschossen haben soll.

Dabei verfehlte er den Mann, der gerade versuchte, einen festgefahrenen Bus zusammen mit anderen Leuten aus einer Wiese zu schieben, um lediglich zehn Zentimeter. Denkbar knapp, und das möglicherweise nur deshalb, weil er sich in dem Moment bewegt hatte.

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Ähnliche Jacken und ähnliche Kopfbedeckung

Noch ein Detail wollte das Gericht geklärt wissen. Hatte der Schütze den Passagier eventuell mit dem Busfahrer verwechselt? Diesem soll er zuvor gedroht haben, weil dieser beim Umfahren einer Unfallstelle die Wiesenfläche vor dem Haus des Angeklagten beschädigt haben soll. Möglich ist das.

Die Polizei hatte dafür beide, Fahrer und Fahrgast, gebeten, sich nochmal die Kleidung vom Tattag anzuziehen, und siehe da: Beide trugen blaue Steppjacken, beide eine Schirmmütze.

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Zwar ist der Beinahe-Angeschossene zehn Zentimeter größer als der Busfahrer, dies konnte man auf die Entfernung von über 20 Metern und bei Dämmerung durchaus übersehen. Zudem saß der Busfahrer zu dem Zeitpunkt am Steuer, als der Angeklagte auf ihn losgegangen sein soll.

Angeklagter hatte sich immer wieder beschwert

Deutlich wurde bei den Aussagen mehrerer Zeugen, darunter vor allem Kriminalbeamte, dass der Angeklagte sich immer wieder bei der Gemeindeverwaltung beschwert hatte: über mangelnde Rasenpflege, fehlende Räumdienste, über Lärmbelästigung und zu viel Verkehr vor seinem Garten.

Auch Nachbarn hatten Ähnliches erzählt. Der Mann sei aufbrausend gewesen, wenn Kinder über den Rasen liefen oder wenn jemand gegenüber seiner Einfahrt parkte.

Die Rente reicht nicht für einen Zaun

Warum er dann keinen Zaun um die Wiese gebaut hatte, wollte der Vorsitzende Richter von ihm wissen. Dafür reiche seine Rente von 2300 Euro nicht, er müsse ja auch noch Steuern zahlen, so der Mann, der seit der Tat in Untersuchungshaft sitzt.

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Am 20. Juni soll das Urteil fallen

Eine Kamera, die er an einem Pfosten seiner Terrasse installiert hatte, hätte zwar einen perfekten Blick auf den feststeckenden Bus und die Unfallstelle gehabt, den der Busfahrer umfahren wollte, allerdings stammten die letzten Aufnahmen vom Oktober. Am Tattag im Dezember 2023 zeichnete sie nichts auf.

Der Prozess wird am Montag, 17. Juni, fortgesetzt, dann wird auch das psychiatrische Gutachten vorgestellt. Am Donnerstag, 20. Juni, soll das Urteil fallen.