Wenn er nächstes Jahr seinen 30. Geburtstag feiert, hat er im Schwarzwald-Baar-Kreis fast ausgedient: der Gelbe Sack. Aller Voraussicht nach im Laufe des Jahres 2022 soll er flächendeckend durch Gelbe Tonnen ersetzt werden. Der entsprechende Beschluss wurde vom Kreistag und dem Ausschuss für Umwelt und Technik bereits gefasst. „Jetzt muss man das Ganze noch organisieren“, sagt Martin Fetscher, Leiter des Abfallwirtschaftsamtes im Landratsamt.
Zur Schweizer Grenze
Doch egal, ob im Sack oder in der Tonne gesammelt wird: Der Verpackungsmüll – Verbundmaterial, Weißblech, Kunststoffe – muss verarbeitet werden. Dazu gehen die Säcke aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis auf die Reise in Richtung Südwesten. In Rheinfelden nahe der Schweizer Grenze hat die Firma Vogt-Plastic ihren Sitz.

Der Name lässt es schon erahnen: Hier werden Kunststoffe weiterverarbeitet, nachdem das Unternehmen die Leichtstoffverpackungen (LVP), getrennt und sortiert hat. „Metall- und Papierverpackungen geben wir wiederum an entsprechende Verwerter weiter“, sagt Michael Dietel, der bei Vogt-Plastic für den Rohstoffeinkauf zuständig ist. 80 000 Tonnen Gelbe Säcke rattern in der Firma jährlich durch die hochtechnisierten Sortieranlagen. Das Einzugsgebiet erstreckt sich bis nach Baden-Baden und an den Bodensee.
Der Plastikanteil ist in den Gelben Säcken traditionell hoch. Dabei ist Kunststoff nicht gleich Kunststoff: In den Leichtstoffverpackungen finden sich Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polystyrol (meist als Styropor). „Der Korpus einer Shampooflasche besteht meist aus PE, der Deckel aus PP“, erklärt Michael Dietel.

Voneinander getrennt, werden die Kunststoffe gereinigt und zu Granulat verarbeitet. Dieses Recyclat wiederum, wie es im Fachjargon heißt, wird als Alternative zu Rohstoffen wiederum in der Verpackungsherstellung verwendet. Was also einmal ein alter Joghurtbecher war, wird in granulierter Form zu Duschgelflaschen oder Sahnebechern.
Nicht alle Verbraucher trennen ihren Müll ordentlich. „Wir finden in den Gelben Säcken alles mögliche, von Windeln über Teppichleisten oder kleine Elektrogeräte im Plastikgehäuse“, sagt Michael Dietel. Ärgerlich für das Unternehmen, aber auch für die Verbraucher, wird das Recycling doch von jedem einzelnen über die gekauften Verpackungen vorfinanziert.
Sensoren erkennen alles
Von Hand sortiert den Müll übrigens niemand. Die Anlage in Rheinfelden läuft vollautomatisch. Sensoren sind in der Lage, die verschiedenen Materialien zu erkennen, ebenso wie sie auch Fremdstoffe identifizieren. Was von diesen wiederum nicht recycelt werden kann, wird bestenfalls zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet.
„Das geht jedoch nicht mit allem“, sagt Michael Dietel. „Was dann noch übrig bleibt, landet in der Müllverbrennungsanlage.“ Dieser Anteil solle natürlich möglichst klein sein. „Mit Mülltrennung kann jeder einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.“
Während sich die Verwerter über Fremdstoffe im Müll ärgern, sind es bei den Verbrauchern oft die Gelben Säcke an sich, oder vielmehr das verwendete Material. „Die Säcke sollten natürlich nicht so lummelig sein, dass sie schon beim Befüllen reißen, andererseits müssen sie in der Sortieranlage zügig aufgehen“, verdeutlicht der Amtsleiter die Anforderungen an das Material.
Verpackung für den Müll
Dazu stellt sich die Kostenfrage: Wie viel Geld nimmt man in die Hand, um letztlich eine Verpackung für Verpackungsmüll herzustellen? Der Mittelweg zwischen zufriedenen Verbrauchern und ökologischer Sinnhaftigkeit – er ist nicht leicht zu finden.
Zu dünnes Material
Vor einigen Jahren sei das Material – sehr zum Ärger der Verbraucher – so dünn gewesen, dass man nachbessern musste. 2016 sei dann noch einmal nachjustiert worden, sagt Martin Fetscher: „Seitdem sind sie reißfester.“
Wie die Gelbe Tonne den gelben Sack ablösen soll
Die Tage der Gelben Säcke sollen bald gezählt sein: In rund zwei Jahren wird der Landkreis auf Gelbe Tonnen umstellen.
- Wo es Tonnen geben soll: Die Tonnen sollen überall zum Einsatz kommen. Die einzige Ausnahme sollen die enge Villinger Innenstadt und die Außenbereiche bilden. Das sind nicht wenige. „Es gibt im gesamten Landkreis mehr als 1000 Streusiedlungen“, sagt Martin Fetscher, Leiter des Abfallwirtschaftsamtes.
- Der Abholrhythmus: Bis zur Einführung der Gelben Tonnen müssten noch einige Fragen geklärt werden. Etwa, in welchem Rhythmus sie geleert werden oder wie größere Wohneinheiten ausgestattet werden. Da die Tonnen weitaus mehr Platz beanspruchenm können sie nicht wie die Säcke einfach im Keller oder in der Garage verstaut werden. Es gebe auch die Überlegung, Abgabemöglichkeiten an den Recyclingzentren anzubieten, sagt Martin Fetscher. „Das ist aber noch nicht sicher.“
- Der Gelbe Sack: 1991 wurde von der damaligen Bundesregierung die Verpackungsverordnung beschlossen. Im selben Jahr wurde der Gelbe Sack eingeführt, um Verpackungsabfälle aus Kunststoff, Weißblech oder Verbundmaterial zu sammeln. Nach Angaben des Fachverbands Kunststoffrecycling basiert ein Großteil des Kunststoffrecyclings auf der Verwertung von Verpackungen aus dem Gelben Sack, Folien aus dem Transportwesen und zurückgegebenen PET-Flaschen. 2017 seien 2,82 Millionen Tonnen Abfälle verwertet worden, aus denen 1,88 Millionen Tonnen Recyclate entstanden. Als größte Einsatzgebiete für Kunststoffrecyclate nennt der Fachverband die Bereiche Bauprodukte (758 000 Tonnen), Verpackungen (399 000 Tonnen) und die Landwirtschaft (198 000 Tonnen). (ath)