Es gibt viele Punkte, an denen die Natur und menschliche Bautätigkeit zusammenstoßen – und meistens muss dann die Natur ausweichen. So steht es auch im St. Georgener Ortsteil Peterzell bevor, wie der Gemeinderat der Bergstadt in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen hat. Denn in Peterzell soll die Brigach verlegt werden, damit das Unternehmen Alpro Medical seinen Firmensitz erweitern kann, wie es in der Sitzungsvorlage heißt.
Es sei sehr erfreulich, dass es Firmen gebe, die sich erweitern wollen, sagte Bürgermeister Michael Rieger in der Sitzung. Ein Problem für die Pläne sei allerdings der Lauf der Brigach. Denn der Fluss fließt genau durch das Gelände, das für die Erweiterung der Gewerbefläche im Bebauungsplan festgelegt ist.

Die Kosten für die Verlegung des Flusses würden indes an der Stadt hängen bleiben, wie Rieger ebenfalls erklärte: „Es gibt sehr alte Vereinbarungen, wonach die Stadt die Kosten trägt.“
Stadt hat Geld schon berechnet, aber den Fluss bisher nicht verlegt
Stadtbaumeister Alexander Tröndle erklärte in der Sitzung die Hintergründe. Demnach habe die Stadt die Beträge für die Umlegung der Brigach bereits auf den Kaufpreis der Gewerbegrundstücke umgelegt. Der Flusslauf ist aber nach wie vor derselbe. Tröndle: „Wir haben das Geld verdient, aber nichts dafür gemacht.“ Die Nebenwirkung davon sei nun, dass Bauarbeiten am Fluss inzwischen deutlich teurer seien als damals.

Nun soll der Fluss an den Rand des Gebiets verlegt werden, das zum Bebauungsplan „Am Bahnhof Peterzell“ gehört. Umgesetzt werden sollen zwei Bauabschnitte. Einerseits soll ein früher ausgebaggerter Altarm aufgefüllt werden, in der Sitzung seiner Form wegen als Kralle bezeichnet.
Dieser Bereich liegt direkt nordwestlich des Firmengeländes und ist dafür notwendig, dass das Unternehmen seine Gebäude erweitern kann. Die Überflutungsfläche, die dadurch verloren geht, soll am gegenüberliegenden Fuß des Talhangs ausgeglichen werden, heißt es in der Vorlage weiter.
Andererseits soll der Verlauf der Brigach südwestlich von den Gewerbegrundstücken weggerückt werden. Dies ist laut der Sitzungsvorlage nicht für die Unternehmenserweiterung notwendig. Allerdings erodiere das Ufer in Richtung der gewerblichen Anlagen, ein größerer Pufferstreifen solle Fluss und Gewerbe schützen.
Mit der Verlegung des Flusses durch den Biber wurde es nichts
Ursprünglich habe das Landratsamt sogar einmal vorgeschlagen, den Flusslauf auf natürlichem Wege zu verlegen, nämlich durch Biberbauten, erklärte Tröndle in der Sitzung. Die Idee dahinter: Wenn Biber den Fluss aufstauen, sucht er sich von selbst einen neuen Weg. Der Biber sei allerdings inzwischen weg, so Tröndle, mit der natürlichen Umlegung werde es nichts.
Die wasserrechtliche Genehmigung sei inzwischen aber da und der Antrag auf Waldumwandlung genehmigt, sodass man starten könne. Es seien auch viele Grundstückstausche notwendig, so Tröndle weiter.
Vorgesehen sind Bauarbeiten laut der Vorlage von Juni bis Ende September 2025. Das günstigste Angebot gab die Firma Nacken aus Steißlingen ab. Mit knapp 270.000 Euro blieb sie deutlich unter der städtischen Kostenberechnung von mehr als 320.000 Euro. Auch der Ortschaftsrat von Peterzell habe dem Umbau zugestimmt, sagte Ortsvorsteher Klaus Lauble in der Sitzung. Der Gemeinderat erteilte den Auftrag einstimmig.