„Wir haben lange überlegt, aber jetzt hat der Vorstand des HGV sich dazu entschlossen, etwas gegen diese unbefriedigende Situation zu unternehmen“, so HGV-Vorsitzender Claudius Fichter. Nachdem nach der Pressekonferenz am Mittwoch klar war, dass der Lockdown um weitere drei Wochen verlängert wird und es auch darüber hinaus wohl keine Perspektive für die Einzelhandelsgeschäfte abgesehen von Friseurgeschäften gibt, hat sich der Vorstand des HGV dazu entschlossen, beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Klage gegen die geltende Corona-Verordnung einzureichen.

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Zur Begründung führt der HGV an, dass durch die Corona-Verordnung massive Eingriffe in die Grundrechte vorgenommen werden, „ohne die lokale Infektionslage und ohne die Unterschiede zwischen ländlichen Gebieten und Ballungszentren zu berücksichtigen“. Die alleinige Betrachtung der Sieben-Tage-Inzidenz verzerre die Bewertung des Infektionsrisikos, da diese Kennzahl in Ballungszentren zu einer Verharmlosung führe und im Gegenzug dünner besiedelte Gebiete erheblich schlechter darstelle, als dies in der Realität der Fall sei. So gebe es aktuell in St. Georgen bei 13 000 Einwohnern elf infizierte Personen auf einer Fläche von 60 Quadratkilometern. „Die Wahrscheinlichkeit, einem Infizierten in einem Geschäft, Schule oder bei der Arbeit zu begegnen, ist damit erheblich geringer im Vergleich zur Stadt Villingen-Schwenningen mit rund 70 aktiven Fällen auf 160 Quadratkilometern oder beispielsweise Mannheim mit 1213 Infizierten auf 145 Quadratkilometer Fläche.“ Somit wäre das Infektionsrisiko in Villingen-Schwenningen um das Dreifache und in Mannheim sogar um das 56-fache höher als in St. Georgen.

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In der mehrere Seiten umfassenden Klageschrift wird unter anderem angeführt, dass die Schließung des Einzelhandels „nicht stichhaltig begründet sei und zu einer existenziellen Bedrohung für einen Großteil unserer Mitglieder führt“. In der Begründung der Landesregierung werde zwar die Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen ohne Mund-Nasen-Schutzbedeckung dargestellt. „Jedoch gibt es keine Ausführungen zum Ansteckungsrisiko bei den bereits im Einzelhandel implementierten Hygienemaßnahmen“, heißt es im Klagetext weiter. Die Begründungen der Landesregierung werden daher als spekulative Vermutung bezeichnet, die laut Ansicht des HGV „nicht als Begründung für massive Einschränkungen von Grundrechten akzeptabel sind“.

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Im Detail beklagt der HGV in seinem Schreiben an den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim auch, dass es keine konkreten Zahlen dazu gibt, wie viele Infektionen auf Friseurbetriebe oder Einzelhandelsgeschäfte zurückzuführen seien. „Es ist davon auszugehen, dass, wenn dies der Fall wäre, es von den Medien massiv kommuniziert würde.“ Weitere Kritikpunkte sind der Verstoß gegen das Gleichheitsgesetz, wonach Lebensmittelmärkte weiterhin Bekleidung, Elektroartikel, Spielwaren und anderes verkaufen dürfen. Dies würde wiederum eine erhöhte Konzentration der Konsumenten auf wenige geöffnete Geschäfte bedeuten – und damit ein erhöhtes Infektionsrisiko.

Jetzt hoffen die St. Georgener auf weitere Mitstreiter

„Wir erhoffen uns durch die Klageeinreichung, dass die Gestaltungsverantwortung und die Öffnungskonzepte vor Ort wieder realisierbar werden und Ungleichbehandlung endet. Vielleicht schließen sich noch weitere Einzelhandelsverbände unserer Klage an, um noch mehr Wirksamkeit zu erreichen“, so Claudius Fichter.