Der Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird bis zum 7. März verlängert. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten in einer neuerlichen Videokonferenz beschlossen. Während sich große Teile des Einzelhandels sowie die Kulturschaffenden weiterhin gedulden müssen und eher gefrustet sind, dürfen zumindest Kindergärten, Schulen und Friseure Hoffnung schöpfen. Wir haben uns bei Betroffenen umgehört und Stimmen aus Donaueschingen eingefangen:

Die Erzieherin
„Wir warten jetzt erst einmal ab, wie genau die Änderungen aussehen werden“, sagt Waltraud Wehinger, Leiterin des städtischen Kindergartens Pfiffikus. Das entscheide sich meist erst später, wenn die neue Verordnung über Bund und Land bis nach unten zu den Einrichtungen durchdekliniert sei.

Dennoch sieht sie eine Erleichterung für die Eltern, wenn die Kindergärten wieder öffnen. „Es ist eben die Frage, was eine schrittweise Öffnung genau bedeutet und wie exakt das dann geregelt wird.“ Wie Wehinger sagt, werde es wenig Eltern geben, die ihre Kinder dann nicht zur Kindertagesstätte bringen: „Sie werden froh darüber sein, dass ihre Kinder wieder gleichaltrige soziale Kontakte haben.“ Etwas, das für viele im Moment sehr schlimm sei.
Eine große Rolle spiele bei den anstehenden Entscheidungen auch, was für das Personal der Kindertagesstätten konkret gemacht werde. Wehinger wünscht sich, dass bei einer Öffnung auch mehr für die Sicherheit der Erzieher im Corona-Arbeitsalltag getan wird: „Es sollen dann auch Maßnahmen vorgeschlagen werden, wie das genau ablaufen soll. Etwa regelmäßige Schnelltests. Wir hoffen, da wird etwas gemacht.“ Wehinger bezieht sich dabei auf eine aktuelle Studie der AOK, nach der sind Erzieherinnen die Berufsgruppe, die am häufigsten von Covid-19 betroffen ist.
Der Einzelhandel
Mit Unverständnis reagiert Simone Zimmermann auf die jüngsten Lockdown-Beschlüsse. „Warum gibt es eine Perspektive für Friseure, aber nicht für andere Geschäfte“, fragt sich die Leiterin der Donaueschinger Filiale der Buchhandlung Morys. Die Ansteckungsgefahr sei im Buchladen sicher nicht größer als im Supermarkt und mit mehr Mindestfläche pro Kunde noch geringer. „Uns geht es an die Existenz“, sagt sie weiter. Denn Abholservice und Webshop seien nicht mehr als der sprichwörtliche „Tropfen auf den heißen Stein“.

Der Handel falle bei der Prioritätensetzung stets hinten runter, ärgert sich Herrenausstatter Patrick Schmoll. Das gelte für Hilfen und Argumentation ebenso wie die Öffnungsperspektive. Er gönne den Friseuren die frühere Öffnung, doch warum seien diese systemrelevanter als etwa ein Schuhhändler? Inzwischen sei sein Laden acht Wochen zu und damit länger geschlossen als im Frühjahrs-Lockdown. Die Situation für die Einzelhändler sei höchst bedrohlich. Käme dann im Herbst erneut ein Lockdown, wäre das vielerorts das Ende. Deshalb wünscht sich Schmoll von der Politik das Eingeständnis, dass das Virus vermutlich nicht komplett besiegbar sein werde: „Wir werden damit leben müssen.“

„Das sind Maßnahmen ohne Maß und Ziel“, kritisiert Armin Hauer, der in seinem Laden Spielwaren und Modellbauartikel verkauft. Er wünscht sich dringend eine Perspektive, wie es weitergehen kann. Die geplante Wiederöffnung am 8. März sei ein Muster ohne Wert. „Das dauert noch 14 Tage, bis Logistik und Warenfluss funktionieren.“ Doch früher könne er dies nicht in Gang setzen. Und was die Hilfen anbelangt: „Bis heute gibt es keinen Antrag, in dem ich meine Fixkosten ansetzen kann.“ Viele Berufskollegen dürften nach dem Lockdown nicht mehr öffnen, klagt er. Ihm selbst fehle nach dem Corona-Jahr samt vermasseltem Weihnachtsgeschäft ein fünfstelliger Betrag in der Kasse. „Und jetzt fällt vermutlich auch das Ostergeschäft aus“, führt er weiter aus.
Die Friseurin
Julia Jovanovic, Inhaberin des Friseursalons Hair Rock Café, ist „einerseits froh, dass ich wieder arbeiten kann“. Doch warum man noch zwei Wochen bis zum 1. März warten müsse, verstehe sie nicht. Denn ihr zufolge zählt jeder Tag, um geschäftlich überleben zu können: „Wir sind jetzt am Ende.“ Die Finanzen seien das allergrößte Problem. „Wir haben nicht einen Cent vom Staat bekommen, wurden komplett im Stich gelassen“, sagt Jovanovic. Deshalb habe sie einen Kredit aufnehmen müssen. Und das wollte sie laut eigener Aussage immer vermeiden: „Lieber habe ich mehr gearbeitet, damit ich keine Schulden mache“, fasst sie zusammen. Der Kredit jedoch habe nicht gereicht, also musste die Friseurmeisterin aufstocken. „Man geht immer mehr ins Minus.“

Auch wenn sie sicher ist, dass ihre Kunden den Salon nicht im Strich lassen werden, könne man die mehr als zwei Monate lange Schließungszeit nicht nachholen. Die Weihnachtszeit sei bei der 29-Jährigen alles andere als besinnlich gewesen. „Da gab es nur ganz viel Angst und Bangen, Kopfzerbrechen und Existenzangst. An Abschalten ist nicht zu denken“, erzählt sie. Mit der neuen Perspektive enden die negativen Gedanken aber keineswegs, so Jovanovic. Die Angst einer weiteren Schließung schwinge immer mit. Und diese „würde ich nicht mehr überstehen“, sagt sie deutlich.
Klar ist für sie, dass auch ab März keine Rückkehr zum Arbeitsalltag möglich ist. Denn Friseure dürfen je nach Quadratmetergröße nur eine bestimmte Kundenanzahl empfangen. Ihre Mitarbeiter könne Julia Jovanovic mit Blick auf die bedrohliche finanzielle Lage auch im März nicht aus der Kurzarbeit holen. Ihre beiden Auszubildenden seien davon ausgeschlossen, aber ansonsten müsse sie ihr Geschäft als Einzelkämpferin am Laufen halten.
Der Elternbeirat
Grundsätzlich findet Elternbeiratsvorsitzende Ramona Vogelbacher es gut, dass eine Präsenz in den Schulen wieder möglich sein soll. Es stelle sich aber die Frage, wie konkret das aussehen werde: „Es wird noch dauern, bis das klar ist. Das ist abhängig von vielen Faktoren. Die Situation muss dann differenziert betrachtet werden. Die Schulen werden sich auch untereinander beraten müssen.“ So müsse man eine Schule wie in Wolterdingen anders bewerten wie eine sehr große mit weitem Einzugsgebiet. Die örtlichen Gegebenheiten müssten genau betrachtet werden. Dennoch sei Präsenz gut: „Je jünger die Kinder, desto wichtiger ist das.“ Auch den Abschlussklassen fehle das. Etwa die gegenseitige Motivation im Prüfungs-Endspurt und auch das Erleben dieser Situation: „Früher trafen sich Gruppen der Abschlussklassen zum Gruppenlernen. Manch einer konnte dann feststellen, wie weit die anderen Schüler sind und dass man vor der Prüfung noch etwas tun muss.“
