Das Leben in der Pandemie läuft anders. Viele Läden sind geschlossen, viele Betriebe in Kurzarbeit. Mal eben ins Kino gehen, das ist nicht möglich. Soziale Kontakte sind auf ein Minimum reduziert. „Wir Leben in einer Blase“, beschreibt Jenny Merz aus Hüfingen ihre aktuelle Situation. Die junge Mutter lebt mit ihrem Mann Christian und den drei Kindern Raik, Liel und Ria in einem Einfamilienhaus mit Garten. Kontakte zu anderen Menschen gibt es in der Pandemie wenige. Das ist auch so gewollt.

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Vorerst nicht in die Kita

Raik, der im Februar fünf Jahre alt wird, besucht eigentlich die Luise-Scheppler-Kindertagesstätte. Aktuell allerdings nicht. Er, seine zwei Jahre alte Schwester Liel und die kleine Ria werden zu Hause betreut. Und das schon geraume Zeit. Im November 2020 kam Ria zur Welt und der Familie war wichtig, die Kontakte zu reduzieren. Die Furcht, das Corona-Virus könnte seinen Weg in die Familie finden, schlicht zu hoch. Bewusst wird die Entscheidung getroffen, die Angebote der Kita vorerst nicht in Anspruch zu nehmen.

Die Zahlen sind noch zu hoch

„Liel wird im Februar drei Jahre alt. Sie ist in der Kita angemeldet und soll auch einen Platz bekommen. Wir werden das aber erst machen, wenn die Zahlen runtergehen“, erklärt Jenny Merz. Mit den Zahlen sind die Corona-Infektionszahlen gemeint. Bestärkt wird diese Entscheidung auch von der Entdeckung einer neuen Virus-Mutation in Freiburg. Für die Entscheidungen der Politik auf Landesebene hat die Familie wenig Verständnis: „Ich finde es unmöglich. Man kann doch so lange warten und gemeinsam mit allen Ländern eine Lösung verfolgen“, sagt die junge Mutter.

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Alle bleiben zu Hause

Mitte Oktober ist es, als Raik das vorerst letzte Mal die Kita besucht. Er erkrankt an einer Bronchitis, die sich so stark auswirkt, dass er ins Krankenhaus muss. Vater Christian begleitet ihn dabei, bleibt drei Tage mit ihm im Zimmer. Die Mutter ist solange hochschwanger mit der kleinen Tochter allein. Danach bleiben alle gemeinsam zu Hause. „Wir können nicht verantworten, wenn nachher mit Ria irgendwas sein sollte“, erklärt Jenny Merz.

Bei der Geburt von Ria kann Vater Christian zwar dabei sein, kurz danach muss er sich allerdings verabschieden: „Frau Merz, sie kommen jetzt auf Station, Herr Merz, sie können nach Hause gehen“ – die Pandemie dominiert alle Abläufe.

Stress im Alltag

Aber wie lässt sich der Alltag handhaben, wenn alle zu Hause sind. Hier hat Familie Merz Glück. Christian Merz hat Elternzeit genommen. Alle sind zusammen, verbringen jeden Tag miteinander. Das sei zwar sehr schön, aber auch fordernd: „Wir haben eine besondere Situation und das vom Zeitpunkt mit der Elternzeit gut erwischt. Ich empfinde es allerdings stressiger als im Geschäft. Vieles muss gleichzeitig erledigt werden“, erklärt Vater Christian, der eigentlich als Optiker und Hörgeräteakustiker arbeitet. Der Respekt vor Mutter Jenny sei dadurch nur gestiegen: „Ich weiß nicht, wie du alles machst. Den Haushalt, Wäsche, die Kinder. Und da war noch kein Säugling bei uns.“

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Wenn alle immer zu Hause sind, dann gerät jedoch auch die Orientierung ein wenig durcheinander: „Ich bin kürzlich zum Supermarkt, um einzukaufen. Ich habe dann erst vor Ort gemerkt, dass ja Sonntag ist“, erklärt der Vater lachend.

Kinder haben sich gegenseitig

Es sei gut, dass die Kinder sich in der Situation gegenseitig haben. Neben dem Spiel mit Vater und Mutter sei ein Spielkamerad da, der auf Augenhöhe mit dabei sei. Dennoch versucht die Familie viel mit den Kindern zu unternehmen. Was eben machbar ist: Spaziergänge, Schneerutschen im Garten bauen, malen, basteln. Spannend werde es, wenn Vater Christian im Februar wieder zur Arbeit geht. Mit Säugling, zwei Kleinkindern und einem Hund – kein leichtes Unterfangen.

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Es ist eine andere Situation

Auch Eva Balkows Tochter Laura geht gerade nicht in die Kita. Vor dem Lockdown war die Dreieinhalbjährige seit rund zwei Monaten im städtischen Kindergarten Pfiffikus in Donaueschingen. In der Pandemie will ihre Mutter das nicht: „Es ist eine andere Situation.“ Sie selbst kenne in ihrem Umfeld Fälle von Personen, die sich mit dem Corona-Virus infiziert hatten, darunter auch „unschöne Fälle.“ Krankheitsverläufe von Covid-19, die Folgen verursachen, mit denen die Betroffenen auch heute noch zu kämpfen haben. Dazu komme, dass sich das Bild der Wirkung des Virus auf Kinder aktuell wandle, wie etwa der Fall von Mutanten in Freiburg, aber auch in Villingen zeigt. „Wenn die Betreuungssituation anders als über die Kita lösbar ist, dann würde ich es so machen“, sagt Balkow.

„Ich habe Glück“

Sie selbst arbeite aktuell 80 Prozent und ihr Arbeitgeber mache es ihr gut möglich, die Kinderbetreuung mit dem Job unter einen Hut zu bekommen. Dankbar ist sie dabei aber auch über die Hilfe von ihrer Mutter und ihrer besten Freundin. Möglichkeiten, wie sie nicht unbedingt jeder auch hat: „Ich habe Glück.“ Balkow tut die aktuelle Situation vor allem für die Kinder leid: „Es gibt einfach wenig Sozialkontakte.“ Da die Tochter erst kurze Zeit zur Kita ging, fragt sich die Mutter, ob es später, wenn die Einrichtungen wieder öffnen, dann nicht wieder bei Null losgeht: „Es ist halt einfach was anderes, ob sie mit uns oder mit Gleichaltrigen spielt.“ Ob Laura gleich wieder zur Kita geht, wenn die wieder öffnet? „Ich will erst mal abwarten, wie sich alles entwickelt. Auch was die Mutante betrifft.“

Für Balkow gehe es jetzt auch darum, das Beste aus der Situation zu machen: „In gewisser Weise ist es auch ganz schön. Man besinnt sich auf das Wichtige im Leben.“ Für Eltern, die beide berufstätig sind, hat Eva Balkow Respekt: „Ich weiß nicht, wie die das machen.“

Viele Baustellen in der Kinderbetreuung

Frank Meckes aus Hausen vor Wald ist Elternbeiratsvorsitzender. Dort im Gremium sei die Situation in der Pandemie natürlich auch immer wieder Thema. Wofür Meckes sensibilisieren will: „Es darf keinen Schuldvorwurf geben, wenn Eltern ihre Kinder in die Notbetreuung bringen.

  • Schwierige Situation: Das aktuelle Hin und Her bezüglich der Entscheidung, die Kitas zu öffnen, sei auch für die Eltern sehr schwierig: „Eine klare Linie gibt es nicht. Und vor allem: Was sagen wir unseren Kindern?“ Die Auswirkungen auf sie seien enorm.
  • Planungssicherheit: Die Träger der Einrichtungen bekommen die Verordnungen, die sie umsetzen. Dahinter gebe es aber dann wieder Leute, die darauf reagieren müssen: „Auch die Eltern müssen sich dann wieder organisieren, eventuell etwas wieder anders regeln“, so Meckes. Auch in einer kurzfristigen Planung stelle sich die Frage: „Wie gestalte ich mein Planungsfeld?“ Ähnlich wie bei den Schülern hätte Meckes auch gerne eine Elternvertretung auf Landesebene: „Das vermisse ich.“
  • Betreuung Zuhause: Da ergeben sich oftmals viele Konflikte: „Wer arbeitet, hat auch die Pflicht gegenüber seinem Arbeitgeber zu erbringen. Gleichzeitig haben aber auch die Kinder ein Recht auf ihre Familie, wenn sie Zuhause sind.“ Dass Homeoffice und Kinderbetreuung nicht einfach unter einen Hut zu bekommen sind, sei „noch nicht so angekommen.“ Das Prinzip Elternzeit dürfe daher nicht explizit dafür herangezogen werden: „Es ist Glück, wenn das zusammenfällt.“