Begriffe wie Digitalisierung und Onlinehandel sind derzeit allgegenwärtig. Die Corona-Krise hat einen Großteil dazu beigetragen. Schulen sind zu, Einzelhändler, Gastronomen, Freizeiteinrichtungen sowie viele Dienstleister dürfen aktuell nicht öffnen und fürchten um ihre Existenz. Verlockend klingt da die Möglichkeit, in den Onlinehandel einzusteigen. Die Akzeptanz wächst, selbst bei kleinen Unternehmen. Aber so einfach, wie es klingt, ist es in der Praxis nicht.

Die großen Gewinner

Im ersten Lockdown wurden in vielen Städten und Gemeinden aus der Not heraus Hilfeseiten aus dem Boden gestampft, um den örtlichen Handel zu unterstützen, so auch in der Doppelstadt. Aber mit einer Art Branchenbuch, begleitet von einem Appell, lokale Händler zu unterstützen, ist es kaum getan. Solche Seiten stecken voller guter Absichten, sind aber eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Großteil der Kunden klickt sich offenbar lieber bei Handelsriesen wie Amazon den Warenkorb voll. Das legen Amazons Umsatzrekorde im letzten Quartal 2020 nahe. Von einem Plus von 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die Rede. Von Umsatzrekorden durch solche Hilfeseiten ist nichts bekannt geworden.

Aber warum ist das so? Kunden wollen es einfach haben. Lange Telefon- und Adresslisten zu wälzen und sich dann durchzutelefonieren, entspricht nicht diesem Grundsatz. Wer im Internet erfolgreich sein will, sollte sich entsprechend aufstellen. Dabei gibt es zahlreiche Hürden zu meistern, technische und rechtliche. Im Alleingang sind Händler hier schnell überfordert.

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Handelsplattform aus VS

Diesen Weg zu vereinfachen, hat sich die Firma Yatego aus VS auf die Fahnen geschrieben, und das schon seit der Gründung im Jahr 2003. Damals noch in St. Georgen ansässig wuchs die Firma schnell auf rund 150 Mitarbeiter sowie über 10.000 gelistete Händler.

Yatego schickte sich an, bei den ganz Großen in Deutschland mitzuspielen. Der Siegeszug blieb jedoch aus. Allen voran Amazon sowie andere Konkurrenten übernahmen große Marktanteile. Yatego schrumpfte. 2017 wurde der Firmensitz nach Villingen-Schwenningen verlegt. Aktuell sind 18 Mitarbeiter an drei Standorten beschäftigt, davon drei in München, sieben in Berlin.

Die Anzahl der Shops habe sich bei mehreren Tausend und vier Millionen Produkten eingependelt, Tendenz steigend, so Geschäftsführer Albert Kampf und sein Kollege Christoph Bresinski, der die Bereiche Kampagne und Werbemaßnahmen leitet. Zusammen sind sie Geschäftsführer der Firma Universal Commerce, die als zentraler Dienstleister innerhalb der Firmengruppe um Yatego fungiert, sich um Technik, Marketing, Auffindbarkeit in Suchmaschinen, E-Mail-Kampagnen und Webpräsenzen kümmert und seit 2020 auch Individuallösungen für externe Kundschaft im Programm hat.

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Auch Yatego profitiert

Von Rekordumsätzen, wie bei Amazon ist Yatego weit entfernt. Aber auch hier in VS, in kleinerem Maßstab, war mit Onlinehandel trotz Pandemie ein Wachstum möglich. Davon können die meisten Firmen der Region derzeit nur träumen.

Als Grund für den Anstieg bei Kunden und Zugriffen bei Yatego sehen Kampf und Bresinski klar die Corona-Krise. „Das hat den schon vor Corona einsetzenden Trend noch einmal verstärkt“, sagen sie. Masken-Verkäufe seien in dieser Zeit beispielsweise explodiert. „Und wir haben Kunden im ersten Lockdown kostenlose Shops für das erste Jahr angeboten, um den Einstieg zu erleichtern“, so Bresinski.

Allerdings habe man auch Rückgänge verkraften müssen, etwa bei den Verkäufen von saisonalen Artikeln wie Fastnachtskostümen oder Oktoberfest-Ausstattung. Unter dem Strich blieb aber ein Plus.

Positiv ausgewirkt habe sich zudem der Rückzug des starken Konkurrenzen Rakuten aus dem deutschen Markt im August 2020. „Einige Händler sind daraufhin zu uns gewechselt“, blicken Kampf und Bresinski zurück. Andere würden zu Yatego wechseln, etwa um Kosten zu sparen. Nicht ungewöhnlich sei es, dass Händler auf mehreren Marktplätzen vertreten sind, um breiter aufgestellt und unabhängiger von den großen Marktplätzen zu sein.

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So funktioniert die Plattform

Neben einer Jahresgebühr für die Nutzung der Yatego-Plattform, aktuell sind das knapp 40 Euro monatlich, wird für Händler zudem eine Provision von acht Prozent von ihrem Umsatz fällig. Dafür kümmert sich Yatego um alles andere, wie Technik, Webseite, Zahlungsabwicklung, Abmahnschutz sowie die Auffindbarkeit im Netz.

„Ein gutes Ranking bei den Suchmaschinen ist Kern unserer Plattform“, da ist sich Kampf sicher. Denn selbst der beste Onlineshop bringe nichts, wenn man nicht gefunden wird. „Rund 80 Prozent der Suchanfragen haben einen lokalen Bezug“, verdeutlicht der Yatego-Geschäftsführer die Dringlichkeit einer Optimierung in diesem Bereich, kurz SEO genannt, was die englische Abkürzung für Suchmaschinenoptimierung ist. Wichtig seien auch Firmeneinträge etwa bei Facebook oder Google sowie ein Konzept für sozialen Medien.

All das, kombiniert mit Beratung, bieten Yatego und Universal Commerce ihren Kunden. Die wiederum können sich darauf konzentrieren, Produkte über das Internet zu verkaufen und neue Ideen zu entwickeln. Das Einstellen neuer Artikel funktioniert manuell oder automatisiert aus anderen Warenwirtschaftssystemen.

Yatego kann also einen einfachen und schnellen Weg in den Onlinehandel darstellen, gegen eine Gebühr versteht sich. „Aber Kosten, Aufwand und Zeit für individuelle Lösungen sollte man nicht unterschätzten“, geben Kampf und Bresinski zu bedenken.

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Nischen und neue Ideen

Zukünftig mit Amazon in den Ring zu steigen, das haben die Yatego-Chefs eigentlich nicht im Sinn, auch wenn die Kapazitäten der Plattform durchaus skalierbar wären. Eine Große Zahl an Neukunden aufzunehmen wäre über eine Erweiterung der Serverkapazitäten einfach und schnell umsetzbar. Vielmehr wollen sich die beiden auf das etablierte Produkt Yatego konzentrieren. Parallel dazu entwickeln sie stets neue Ideen und Ansätze. Im Portfolio befindet sich zum Beispiel „Yategolocal.com“. Hier können sich Städte oder Region samt Handel, Gewerbe und Gastronomie präsentieren. Auch ein Shopsystem ließe sich integrieren.

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Ähnlich funktioniert die Seite „Lokalportal.de“. Auch hier können sich Gemeinden und Regionen präsentieren. Jedoch steht der Gemeinschaftsgedanke mit Interaktionsmöglichkeiten der Nutzer stärker im Vordergrund. Ein weiterer Baustein ist die Seite „protectedshops.de“. Abmahnsichere Rechtstexte für den Onlinehandel werden angeboten. 9000 Kunden hat das Portal eigenen Angaben zufolge schon.

Marktpotenzial sehen Kampf und Bresinski aber vor allem in Nischen. Ideen für verschiedene Fachmarkbereiche gibt es schon. So befindet sich das Portal „Around.pet“ bereits im Aufbau. Hier soll sich bald alles um die geliebten Haustiere drehen, mit eigener Smartphone-App und Anbindung an Yatego-Shops. Händler können dort ihre Produkte in einem passenden Umfeld anbieten.

Lokaler Einzelhandel

Kampf und Bresinski sind sich sicher, dass lokale Einzelhändler den Weg ins Digitale wagen sollten. Ein Beleg dafür sehen sie schon jetzt in den vielen Leerständen in Innenstädten. Mit dem Onlinehandel könnten Ladengeschäfte neue Märkte erschließen und Ideen umsetzen.

„Für viele Händler ist es jedoch schwer, diesen Weg zu gehen“, wissen sie aus Erfahrung. Zwar habe sich der Prozess durch Corona beschleunigt und die Akzeptanz sei gewachsen, doch Ansätze wie Branchenseiten oder einfache Internetseiten würden häufig nicht reichen. Einen von mehreren möglichen Wegen in diese digitale Welt des Onlinehandels bietet die VS-Firma an und das seit fast 20 Jahren.

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