Mit einer Aktienkursentwicklung von satten 271 Prozent im Jahr 2021 hat sich das IT-Unternehmen GFT Technologies SE in den SDAX der Deutschen Börse katapultiert. Das ist so etwas wie der Aufstieg in die nächsthöhere Liga des deutschen Finanzmarktes. Was heute ein hoch dotiertes und höchst erfolgreiches Börsenunternehmen im IT-Sektor ist, hat seine bescheidenen Anfänge vor genau 35 Jahren in St. Georgen genommen.

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1987 gründete Ulrich Dietz im Technologiezentrum (TZ) die „Gesellschaft für Technologietransfer GmbH“, kurz GFT. Schwerpunkt war die Entwicklung von Softwarelösungen für den Finanzmarkt. Im Interview erinnert sich Ulrich Dietz an die Anfänge in St. Georgen zurück. Und er verrät, was ihn, neben dem Besuch von Freunden und Bekannten, bis heute immer wieder in die Bergstadt zieht.

Herr Dietz, was bedeutet die Aufnahme in den SDAX für GFT? Kann man das mit dem Aufstieg in die nächsthöhere Liga wie beim Fußball vergleichen?

Ja, das ist ein ganz guter Vergleich. Der Aufstieg ist für uns eine Auszeichnung, denn er spiegelt das Vertrauen unserer Aktionäre in die GFT Technologies SE. Er macht uns als Unternehmen noch sichtbarer. Insbesondere internationale Investoren werden jetzt die GFT-Aktie noch mehr in ihr Portfolio nehmen.

Die Anfänge von GFT liegen jetzt 35 Jahre zurück. Können Sie sich noch erinnern, welche Ziele Sie sich damals gesteckt haben? Haben Sie dieses Ziel erreicht oder weit übertroffen?

In der Tat erinnere ich mich sehr gut: Wir hatten uns 1987 das Ziel gesteckt, ein international bedeutendes Unternehmen in der IT-Branche zu werden; mit mehr als 10 000 Mitarbeitern und mehr als einer Milliarde Umsatz. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.

Können Sie sich noch an die Anfänge in St. Georgen erinnern, wie war das damals im Technologiezentrum? 1987 war ja die Firma Dual noch stark gegenwärtig, gerade fünf Jahre nach dem Konkurs. Wie alt waren Sie damals? Mit wie vielen Mitarbeitern haben Sie begonnen?

Bei der Gründung waren wir zu dritt und ich war damals 29 Jahre alt. Es war eine Aufbruchstimmung, wie man das erst wieder Ende der 90er Jahre erlebt hat. Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth hatte die Idee, Technologie und Kultur in sein politisches Programm aufzunehmen und viele Projekte in dem Kontext wurden gestartet. Überall im Ländle entstanden Technologiezentren. Software und High-Tech standen im Mittelpunkt des Interesses. Im TZ sind die Besucher ein und aus gegangen. Es war eine sehr motivierende Stimmung. Insbesondere die Firma GAS, die Roboter entwickelt hat, und GFT waren begehrte Besuchsziele.

Sind von den Anfangszeiten noch Mitarbeiter bis heute dabei?

Ja, einige wenige Mitarbeiter aus den Anfangsjahren sind auch heute noch im Unternehmen.

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Verbindet Sie persönlich heute noch etwas mit St. Georgen? Haben Sie noch Kontakte zu Freunden und Bekannten?

Ich bin regelmäßig vor Ort in unserem Büro und ich komme sehr gerne nach St. Georgen. Der Schwarzwald hat für uns, mit seiner Ruhe, der frischen Luft und der Bodenständigkeit der Menschen, eine große Anziehung. Gerade in den heutigen Zeiten mit Home Office und neuen Kommunikationsmöglichkeiten ist die ländliche Region wieder sehr attraktiv geworden. Zu den Mitarbeitern dort habe ich auch enge Beziehungen. Die Brezeln und der Hefezopf von der Bäckerei Zucker sind hervorragend. Die Qualität insgesamt der Lebensmittel des St. Georgener Einzelhandels ist sehr gut. Hier kaufen wir gerne ein. St. Georgen ist für uns ein Stück Heimat. Wir haben sehr gute Freunde hier und treffen diese regelmäßig.

Wie erklären Sie sich den beispiellosen Erfolg von GFT, vor allem das vergangene Jahr mit höherer Nachfrage nach Digitalisierungslösungen. Hat Ihnen da Corona in die Karten gespielt?

Der Erfolg basiert im Wesentlichen auf der hervorragenden Arbeit von unseren Mitarbeitern. Die vom Vorstand entwickelte Strategie wurde sehr gut umgesetzt. Aktuell profitieren wir aber auch von einem generellen Trend hin zur Digitalisierung. Immer mehr Firmen setzen auf neue IT-Technologien, sogenanntes Cloud Computing, nutzen moderne Technologien wie künstliche Intelligenz, Blockchain oder Datenanalyse. In diesen Feldern haben wir die letzten Jahre viel Kompetenz aufgebaut. Jetzt steigt die Nachfrage danach stark an, das kommt uns zugute. Unsere internationale Präsenz ist ebenfalls sehr hilfreich. Wir können weltweit Mitarbeiter einstellen und sind nicht auf wenige Märkte angewiesen.

Sie haben 2017 die Geschäftsführung von GFT abgegeben und sind heute Vorsitzender im Verwaltungsrat. Was hat man da zu tun?

Neben meiner Arbeit als Vorsitzender des Verwaltungsrates ist unsere Familie nach wie vor größter Aktionär bei GFT. Wir haben insofern ein natürliches Interesse, dass sich die GFT Gruppe weiterhin gut entwickelt und auch die Werte, welche uns wichtig sind, im Unternehmen gelebt werden. In Zusammenarbeit mit den geschäftsführenden Direktoren arbeite ich daran, dass sich das Unternehmen bestmöglich entwickelt und die gemeinsam beschlossene Strategie erfolgreich umgesetzt wird.

Sie könnten doch sicherlich ihr Erreichtes genießen und sich beruflich zurückziehen. Was treibt Sie nach wie vor an?

Ich bin leidenschaftlicher Unternehmer und habe große Freude an dem, was ich tue. Es gibt so viele interessante und wichtige Themen, die man anpacken kann und muss. Denken sie nur an das Thema Umweltschutz; Vermeidung von Kohlendioxid, neue Technologien wie Brennstoffzellen oder Wasserstoffantriebe und vieles mehr. Es ist wichtig, dass wir als Unternehmer, auch mit unserem Wissen um Digitalisierung, uns damit beschäftigen und neue Lösungen finden. Diese Leidenschaft leben und umsetzen zu können ist ein großes Privileg.

Im TZ, wo Sie einst begonnen haben, sind heute viele neue Unternehmen angesiedelt. Das TZ selbst unterstützt junge Unternehmen enorm. Was würden Sie einem Start-up- Unternehmer raten, um sein Unternehmen auf die Erfolgsschiene zu bringen?

Fokus, Fokus, Fokus. Nicht verzetteln und kontinuierlich am Erfolg der eigenen Idee und des Unternehmens zu arbeiten. Und dann habe ich noch ein Zitat von einer klugen Schwarzwälder Bäuerin: „Wenn man denkt, es geht nichts mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“